CHIO-Vermarkter Michael Mronz "Wegen Guido ist es emotional für mich"

Aachen · Der Sportmanager vermarktet den Aachener CHIO. Nach dem Tod seines Mannes Guido Westerwelle ist das Turnier in diesem Jahr besonders emotional für ihn. Den Reitsport sieht er gut aufgestellt.

 Michael Mronz und Guido Westerwelle beim CHIO 2014.

Michael Mronz und Guido Westerwelle beim CHIO 2014.

Foto: dpa, ve jhe cul

Michael Mronz, 49, empfängt zum Gespräch in seinem Büro auf der Rückseite des Reitstadions. Er blickt hinaus auf die Anlage. Den CHIO in Aachen hat er zu der größten Reitsportveranstaltung gemacht. Im März musste Mronz einen schweren Schicksalsschlag verkraften, als sein Ehemann, der ehemalige Außenminister Guido Westerwelle, im Alter von 54 Jahren an den Folgen einer Leukämie-Erkrankung starb.

Herr Mronz, in Ihrem Büro steht ein Foto von Ihnen und Ihrem verstorbenen Ehemann Guido Westerwelle. Ist das ein Bild, dass Ihnen Kraft gibt?

Mronz Guido und ich haben uns hier in Aachen kenngelernt. So gesehen ist der CHIO für mich mehr als ein Job. Es ist eine Herzensangelegenheit. Natürlich bin ich durch die private Situation noch stärker involviert und es wird in diesem Jahr besonders emotional für mich. Der Vater von Guido hat selbst Pferde gezüchtet. Guido hatte dadurch einen engen Bezug zum Reitsport gehabt. Das hat uns, neben vielen anderen Dingen, auch verbunden.

Der CHIO nennt sich nicht ganz unbescheiden Weltfest des Reitsports. Wie würden Sie selbst den Stellenwert des Turniers in der Sportlandschaft einordnen?

Mronz Uns sind solche Vergleiche nicht so wichtig. Wir wollen den Aktiven die besten Bedingungen bieten und dass der Zuschauer mit einem Lächeln nach Hause geht. Das ist das, was uns motiviert.

So viel zum Marketingteil.

Mronz (lacht) Nein, nein. Das sind nicht nur Marketingworte. Das ist die Basis unseres Handelns, wenn wir das nicht beherzigen würden, könnten wir nicht die Menschen so begeistern.

Ok, zurück zur Ausgangsfrage.

Mronz Vor 15 Jahren hatten wir noch ein Preisgeld von 825.000 Euro, heute sind es knapp 2,7 Millionen Euro. Mitte der 1990er-Jahre hatten wir in der Soers 195.000 Besucher, heute sind es 350.000. Damit sind wir die höchstdotierte Sportveranstaltung in Deutschland und auch bei den Zuschauerzahlen ganz vorne. Es geht uns dabei nicht um irgendwelche Rekorde, aber natürlich freuen wir uns am Ende, wenn auch die Zahlen stimmen.

Woran glauben Sie hakt es, dass es am Sportstandort Deutschland so wenige positive Beispiele gibt, die mit Veranstaltungen in der Nische erfolgreich sind?

Mronz Auch in anderen Ländern gibt es keine Vielzahl von Veranstaltungen. Ich glaube, das Besondere macht auch die Einzigartigkeit aus - und Einzigartigkeit ist nicht kopierbar. Es gibt im Tennis ein Wimbledon, Augusta für die Golfer - und es gibt den CHIO Aachen für den Reitsport. Es gibt Sportler, die werden zu Stars und andere, die genauso starke Leistungen bringen, aber nicht die Ausstrahlung haben, um in der Öffentlichkeit dementsprechend vermarktet zu werden.

Also der Star ist die Soers?

Mronz Wir haben in Aachen den Vorteil, dass wir auf einer großen Tradition aufbauen können. Darauf haben wir uns aber nie ausgeruht, sondern versucht, es mit vielen Innovationen zu verbinden. Tradition kann auch schnell verstauben. Für uns ist sie der Ansporn, Geschichte fortzuschreiben. Ein Punkt ist zum Beispiel die Digitalisierung der Veranstaltung. Wenn heute die Fußball-Bundesligisten sagen, ihre Stadien seien Wlan-tauglich, dann haben wir es schon vor fünf Jahren gehabt.

Und was bringt das für den Besucher konkret, außer dass er bei Ihnen umsonst im Internet surfen kann?

Mronz Wir haben ein breites Angebot - digitale Stadien, verschiedene Apps, multimediale Angebote, natürlich die sozialen Medien, wir halten es für wichtig, den Besucher einzubinden. Es gibt zum Beispiel eine App, bei der die Zuschauer selbst eine Dressur benoten können.

Sie selbst gelten als Erste-Hilfe-Retter für Sportveranstaltungen hierzulande. Was machen Sie so anders?

Mronz Ich habe für mich eine Grundregel - ich halte mich aus dem Sport raus. Ich sehe es rein aus der Vermarktungssicht. Was sind die Wünsche des Publikums? Wie kann man die Wünsche inszenieren? Wie kann man neue Ideen entwickeln, die den Zeitgeist treffen? Es ist einfach wichtig, alte Gedankenmuster zu durchbrechen und sich immer wieder neu zu hinterfragen.

Gibt es überhaupt eine Chance, sich gegen Fußball zu behaupten?

Mronz Sehen Sie, der Fußball ist allgegenwärtig. Von Freitag bis Montag gibt es Bundesliga, von Dienstag bis Donnerstag die internationalen Wettbewerbe. Sieben Tage die Woche. Das war früher anders. Dazu kommt, dass die einzelnen Protagonisten zum Teil stärkere Marken sind als der Verein selber. Nehmen wir Jürgen Klopp. Wenn er nach England zum FC Liverpool geht, dann wird über Klopp berichtet. Deshalb wird die Berichterstattung über den FC Bayern München, Fortuna Düsseldorf oder den 1. FC Köln nicht kleiner. Was wegfällt, ist die Berichterstattung über andere Sportarten, weil man sagt, Klopp interessiert doch mehr Leser als eine Nachricht über Tennis oder Reiten.

Aber ist es nicht so, dass Sportarten durchaus eine Chance haben auf Aufmerksamkeit, wenn sie nämlich Athleten haben, die vermarktbar sind?

Mronz Genau. Ein positives Beispiel ist die Leichtathletik. Dort habe ich einen Einzelprotagonisten wie Robert Harting und einen Verband dahinter, der sein Produkt modern aufstellen kann. Vor zehn Jahren wäre ich skeptisch gewesen, ob eine Meisterschaft in der Leichtathletik eine Zukunft hat. Heute sieht man, dass es ein gutes Produkt ist.

Der einstmals so elitäre Tennissport hat sich mit den Erfolgen von Becker und Graf für die Masse geöffnet. Ist es für die Marke CHIO überhaupt erstrebenswert, eine maximal breite Zielgruppe anzusprechen?

Mronz Warum? Wir haben Zuschauer aus allen Schichten bei uns. Wir definieren uns ganz klar als Volksfest, jeder Zuschauer ist uns gleich wichtig. Ob das königliche Hoheiten sind oder jemand, der sich eine Stehplatzkarte kauft. Es geht darum, wie man den Kunden anspricht und dass man ihn Ernst nimmt.

Sind Sie eigentlich selbst Reiter?

Mronz Ich habe vier Mal in meinem Leben auf einem Pferd gesessen. Und dann habe ich gemerkt, ich habe mehr Respekt vor dem Pferd als umgekehrt. Das ist eine schlechte Ausgangslage. Eine gute Freundin von mir ist Nadine Capellmann, die Dressur-Olympiasiegerin. Ich bin öfters bei ihr auf dem Hof in Würselen und wohne auch während des Turniers bei ihr. Und wenn ich abends nach Hause komme und die Pferde aus den Stallboxen gucken, dann gehe ich immer hin und streichele sie, da geht mir das Herz auf. Das Pferd selbst ist schon ein tolles Geschöpf.

Haben Sie für sich mal überlegt, Ihre Zelte in Aachen abzubrechen?

Mronz Ich werde zwar nächstes Jahr 50, ich habe aber nicht das Gefühl, so eine Art Midlife-Crisis zu haben und zu sagen, ich muss mein Leben noch mal komplett umstellen. Ich habe die Chance gehabt, was mir Freude macht, zum Beruf zu machen. Es gibt keinen Grund, daran etwas zu ändern.

GIANNI COSTA FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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