Michael van Gerwen dominiert den Sport Droht dem Darts jetzt die Langeweile?

Düsseldorf · Der Niederländer Michael van Gerwen spielt bei der Darts-WM 2017 alles in Grund und Boden und holt sich folgerichtig den Titel. Seine Dominanz erinnert an die besten Zeiten von Rekordweltmeister Phil Taylor – in Zukunft wird er neue Gegner brauchen, damit es spannend bleibt.

Darts-WM: Michael van Gerwen entthront Titelverteidiger Gary Anderson
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Van Gerwen entthront Titelverteidiger Anderson

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Der Niederländer Michael van Gerwen spielt bei der Darts-WM 2017 alles in Grund und Boden und holt sich folgerichtig den Titel. Seine Dominanz erinnert an die besten Zeiten von Rekordweltmeister Phil Taylor — in Zukunft wird er neue Gegner brauchen, damit es spannend bleibt.

"Wenn es ein Spieler verdient hat, diese WM zu gewinnen, dann ist das Michael van Gerwen. Hut ab vor dem Jungen." Die Respektbekundungen für den neuen Weltmeister kamen vom entthronten Champion Gary Anderson. Und sie klangen aufrichtig. Der beste Spieler des vergangenen Jahres war auch der beste Spieler des größten Titels, den es im Dartssport zu gewinnen gibt. Nach seinem überraschenden Achtelfinal-Aus bei der WM 2016 hatte "MvG" fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Bei den wichtigen Turnieren, die auch im Fernsehen übertragen werden, war der Niederländer schier unschlagbar.

Die Dominanz, die van Gerwen zeigte, erinnert an Darts-Legende Phil Taylor. Doch während Taylor seine Gegner häufig zermürbte, in dem er immer und immer wieder in entscheidenden Momenten zur Stelle war, beherrscht van Gerwen seine Matches meist von Anfang bis Ende. "Der einzige Weg zu gewinnen ist, dass du besser spielst als dein Gegner. Du kannst nichts tun, um ihn zu bremsen, und umgekehrt kann er auch nichts tun, um dich zu stoppen. Solche Sportarten gibt es nicht viele", hatte "MvG" im Sommer in einem Interview mit unserer Redaktion gesagt.

Wer van Gerwens Matches bei der WM im Londoner Ally Pally verfolgte, bekam einen Eindruck von dieser Facette des Sports. Denn der Niederländer war auf seinem Weg zum Titel einfach nicht aufzuhalten. Sein Landsmann Raymond van Barneveld zeigte im Halbfinale eine herausragende Leistung — und konnte trotzdem nur in der Anfangsphase mithalten. Ähnlich ging es dem Schotten Anderson, der im Finale zwar mehr 180er warf, 22 — ein neuer Rekord im Darts — aber trotzdem nur vier Sätze lang auf Augenhöhe mit van Gerwen war. 180 ist die höchste Punktzahl, die man mit drei Pfeilen erzielen kann.

"Ich glaube, dass es ein besonderes Match war. Ich bin wirklich glücklich, denn ich habe sehr hart dafür gearbeitet", sagte van Gerwen, der auch bei den vergangenen beiden Weltmeisterschaften als Favorit ins Turnier gegangen war, dieser Rolle aber nicht gerecht werden konnte. Umso eindrucksvoller hielt er dem Druck in diesem Jahr stand. Die schlechte Nachricht für seine Gegner: Van Gerwen ist erst 27 und damit deutlich jünger als seine größten Konkurrenten. Ein Ende der Dominanz ist nicht in Sicht.

Die großen Zeiten von Taylor sind vorbei, der 56-Jährige beendete nach seinem Viertelfinal-Aus zwar Spekulationen um ein Karriereende, aber den großen Wurf traut ihm kaum noch jemand zu. Anderson (46) und van Barneveld (49) trieben van Gerwen zu Höchstleistungen an, können bei seiner Konstanz aber auf Dauer nicht mithalten. Und auch sie werden nicht jünger. Der zweimalige Weltmeister Adrian Lewis (England) gehört mit seinen 31 Jahren zwar zur selben Generation wie van Gerwen, konnte in den vergangenen Jahren jedoch nur selten an die Form seiner zwei WM-Titel aus den Jahren 2011 und 2012 anknüpfen.

Und so sind neue Namen gefragt. Bei der diesjährigen WM war es der 29-jährige Spanier Cristo Reyes, der van Gerwen in der zweiten Runde bei seiner 2:4-Niederlage gefährlich nah kam. Ein Mann für die Zukunft ist der australische Jugendweltmeister Corey Cadby, der in London zwar in der ersten Runde scheiterte, in einem hochklassigen Match gegen Joe Cullen (England) aber bleibenden Eindruck hinterließ. Der 21-Jährige hat in seiner ersten Profisaison schon Phil Taylor geschlagen. Und PDC-Boss Barry Hearn reibt sich bei dem Gedanken an den australischen Markt die Hände.

Über einen deutschen Star würde sich der Darts-Verband ebenso freuen. Selbst ohne ein Aushängeschild boomt der Sport hierzulande, die Quoten steigen von Jahr zu Jahr. In diesem Jahr war der Ally Pally an einigen Tagen gesanglich fest in deutscher Hand. Kaum auszudenken, was passiert, wenn ein Deutscher richtig durchstartet. "Ich bin davon überzeugt, dass es dann richtig explodiert. Dann verdoppeln wir die Quote. Wenn ein Spieler wie Max Hopp im WM-Halbfinale auf Phil Taylor trifft, gucken vier Millionen zu", sagte Sport1-Kommentator Elmar Paulke vor der WM im Interview mit unserer Redaktion. Bislang ist Hopp den Beweis schuldig geblieben, dass er die großen Hoffnungen erfüllen kann. Mit seinen 20 Jahren hat das Talent aus Idstein natürlich noch Zeit, dass Hopp sich auf lange Sicht als Rivale von van Gerwen etabliert, ist derzeit aber schwer vorstellbar.

Der Weg zum Titel wird auch in den nächsten Jahren nur über van Gerwen führen. "Alle haben gesagt, um einer von den 'Big Boys' zu sein, muss ich den Titel ein zweites Mal gewinnen. Das habe ich jetzt geschafft und es bedeutet mir alles", sagte der Niederländer. In der Tat gibt es nach dieser WM keinen Zweifel mehr daran, dass van Gerwen zu den Großen seines Sports gehört.

(areh)
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