Boris Becker und Pius Heinz Poker-Brüder im Geiste

Berlin · Poker-Weltmeister Pius Heinz und Tennis-Ikone Boris Becker treten beim Turnier der European Poker Tour (EPT) in Berlin an. Mittlerweile verbindet die beiden aber weit mehr, als nur die Leidenschaft zum Kartenspiel.

 Heinz über Poker-Kollegen Becker: "Ich kann viel von ihm lernen."

Heinz über Poker-Kollegen Becker: "Ich kann viel von ihm lernen."

Foto: Zumapress, dpa

Sie blicken sich kurz tief in die Augen, dann müssen beide lachen. "Ja, wir gewöhnen uns aneinander", sagt Boris Becker, der dreimalige Wimbledon-Sieger. Pius Heinz, der erste deutsche Poker-Weltmeister, stimmt stumm zu und nickt kurz. Das derzeit beliebteste Kartenspiel der Welt führte beide im vergangenen Jahr zusammen, mittlerweile sind die beiden Freunde geworden. Nicht nur wegen der gemeinsamen Stunden am Pokertisch.

"Er ist natürlich ein Vorbild für mich", sagt Becker im Doppel-Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID). Fast ehrfürchtig spricht das deutsche Tennis-Idol über den 22-Jährigen, der im vergangenen Jahr beim Main Event der World Series of Poker in Las Vegas den Jackpot von sage und schreibe 6,3 Millionen Euro abgeräumt hatte. "Wir treffen uns ja nicht nur beim Pokern, sondern auch mal privat beim Essen. Ich frage ihn dann immer über Poker aus, ich kann viel von ihm lernen", sagt Becker.

Becker ist für Heinz eine große Hilfe

Pius Heinz, von Natur aus eher introvertiert, sind die Lobgesänge des selbst ernannten Poker-Enthusiasten etwas unangenehm. Schließlich könne auch der ehemalige Student der Wirtschaftspsychologie aus der Nähe von Bonn viel von dem ehemailigen Tennisprofi lernen. "Vielleicht nicht zwingend beim Pokern", sagt er und erntet dafür einen nicht ganz ernst gemeinten bösen Blick von Becker: "Aber in sämtlichen anderen Bereichen ist Boris einer der Menschen, die einem am allerbesten helfen können."

Den Grund liefert der seit Herbst in Wien lebende Pokerprofi gleich hinterher: "Ich denke, unsere Story ist sehr gut vergleichbar. Wir sind oder waren in unseren Bereichen in jungen Jahren sehr erfolgreich, dadurch sehr bekannt und quasi über Nacht mehr oder weniger berühmt." Da sei er über jeden Rat "unheimlich dankbar".

Aber die Gefahr, angesichts von Millionen auf dem Konto und vielen neuen vermeintlichen Freunden die Bodenhaftung zu verlieren, besteht nicht. "Ich hab mir bis jetzt sehr wenig gegönnt", sagt Heinz, der zum Interview in schlichtem Shirt und Jeans erschien, und auch sonst eher wie der nette Junge von nebenan wirkt. "Ich bin kein besonders materieller Mensch und habe auch keine besonderen Anschaffungen gemacht", fügt er hinzu: "Mit Häusern, Jachten oder Autos kann ich leider nicht dienen."

Trotzdem habe sich sein Leben verändert. In Berlin absolvierte Heinz im Vorfeld der European Poker Tour einen mehr als zwölfstündigen Interview-Marathon. Den lässt er - natürlich immer freundlich - über sich ergehen, zuhause fühlt er sich im Rampenlicht vor der Kamera aber nicht. Doch Medienprofi Becker weiß: "Du kannst nicht einer der besten Pokerspieler der Welt sein und hoffen, dass dich keiner kennt. Das gehört zum Geschäft."

"Manchmal läuft es einfach nicht"

Auf der vorletzten EPT-Station in der Berliner Spielbank treten beide in diesen Tagen an, um vielleicht einen Heimsieg einzufahren. Heinz, bekannt für seine äußerst aggressive Spielweise und den weißen Kapuzenpullover, ist trotzdem ganz entspannt: "Mindestziel ist, den ersten Tag zu überleben, aber ich bin schon bei genug Turnieren schnell rausgeflogen. Manchmal läuft es einfach nicht, da ist es nach ein paar Stunden schon vorbei."

Das will auch Becker möglichst verhindern. Dass es dabei längst nicht nur um Glück geht, verdeutlicht der 44-Jährige, der in seiner Tennis-Karriere sechs Grand-Slam-Titel gewonnen hat. "Es gibt viele Parallelen zum Tennis, gerade im mentalen Bereich", sagt der Leimener, der jetzt in London lebt: "Für beide Sportarten braucht man Ausdauer, Geduld und hohe Konzentration über mehrere Tage. Wenn ich mal drei, vier Tage pokere, bin ich wirklich gerädert."

Heinz kann dem nur zustimmen: "Es geht auf die mentale Kapazität und Fitness. Auch, wenn man keinen Marathon rennt oder 90 Minuten über den Fußballplatz läuft, ist Pokern körperlich doch anstrengend." Die Liebe zum Spiel lässt Heinz dabei hungrig bleiben: "Ich werde mein ganzes Leben spielen." Trotz Millionen auf dem Konto.

(sid)
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