Rollerderby ist reiner Frauensport Rempeln auf Rollschuhen in kurzen Röcken

Bremen/Düsseldorf (RPO). Der uramerikanische Sport Rollerderby ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Das Besondere: Er wird nur von Frauen gespielt und ist in besonderem Maße körperbetont. Im Klartext: Hier wird auf Rollschuhen gerempelt bis der Arzt kommt – und das in aufreizendem Outfit. Heute spielen die Bremer "Meatgrinders" gegen die Essener "Devil Dolls" in Münster.

Rempeln auf Rollschuhen und in kurzen Röcken
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Bremen/Düsseldorf (RPO). Der uramerikanische Sport Rollerderby ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Das Besondere: Er wird nur von Frauen gespielt und ist in besonderem Maße körperbetont. Im Klartext: Hier wird auf Rollschuhen gerempelt bis der Arzt kommt — und das in aufreizendem Outfit. Heute spielen die Bremer "Meatgrinders" gegen die Essener "Devil Dolls" in Münster.

Mit voller Wucht wirft sich "Berta Butcher" gegen "Several Stitches", die das Gleichgewicht verliert und laut krachend zu Boden geht. Doch die eben Angegriffene mit den schwarzen Haaren und den Tattoos am Arm zieht nur schnell die Strümpfe mit dem Leopardenmuster zurecht, rappelt sich hoch und verfolgt auf ihren Rollschuhen sofort den sich schubsenden Frauenpulk.

Was ein bisschen aussieht wie Rugby auf Rollschuhen, nennt sich Rollerderby. Die Trendsportart kommt aus den USA und steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen. In Bremen startet nun erstmals eine Mannschaft in Norddeutschland in die Wettkämpfe.

Nadja Bürger und Ina Christof gründeten bereits vor anderthalb Jahren die "Meatgrinders" (Fleischwölfe) in Bremen. Damals stießen die beiden Freundinnen zufällig auf einen Artikel über das erste deutsche Rollerderby-Team in Stuttgart, die bereits erfolgreich gegen andere Mannschaften, insbesondere aber aus dem Ausland, spielen. Kurz darauf besorgten sich die beiden Mädchen Rollschuhe.

Dabei mussten sie jedoch feststellen, dass das, was sie sich zuvor mehrmals als Video angeschaut hatten, doch nicht so einfach war wie gedacht. "Wir sind ja zuletzt als Kinder mit diesen Dingern gefahren. Am Anfang haben wir immer auf Parkplätzen geübt und uns immer von Laterne zu Laterne gehangelt", sagt Christof. Um in die Wettkämpfe zu starten, war es also noch ein langer Weg.

Mit der Zeit kamen jedoch immer mehr Mädchen dazu. Mittlerweile besteht das Team aus 16 Spielerinnen, die sich regelmäßig zum Training in einer Sporthalle an der Universität Bremen treffen. Ihr Markenzeichen ist ein Fleischwolf in Form eines Totenschädels. Damit wollen sich die "Meatgrinders" stark von dem mädchenhaften Image anderer Mannschaften abheben.

Knappe Garderobe ist Pflicht

Das Zuschauerinteresse an ihrem ruppigen Sport peppen die Mädels der "Meatgrinders" - wie im Rollerderby üblich - auch mit ihrer knappen Garderobe auf: Kurze und enge Hosen, kurze Röcke und Netzstrümpfe sind Pflicht. Dennoch wollten die "Meatgrinders" weg von dem Bild der Mädchen, die sich nur verprügeln. "Für mich steht der Sport im Vordergrund. Um Rollerderby spielen zu können, musst du Kraft und Ausdauer haben", sagt Bürger.

Rollerderby ist kein Sport wie viele andere. Nicht wenige leben dabei gar eine zweite Persönlichkeit aus. Denn sobald die Mädels auf ihren Rollschuhen stehen, hören sie nur noch auf ihre Kampfnamen. Diese stammen meist aus dem Englischen und sollen dem Gegner bereits Angst einflößen. Aus Ina Christof, der 29-jährigen Erzieherin, wird dabei zu ihrem bösen alter Ego "Several Stitches", zu deutsch etwa: "mit mehreren Stichen genähte Wunde". Die 30-jährige Nadja Bürger, ebenfalls Erzieherin, fegt hingegen als "Jelly Jawbreakz" durch die Halle: Sie droht also gleich mal mit "Kieferbruch".

Die Regeln beim Rollerderby sind einfach: Zunächst starten je Team vier Spielerinnen und bilden ein Rudel, das sogenannte "Pack". Hinter ihnen startet jeweils eine "Jammerin", die sich durch das Pack kämpfen muss, um so Punkte zu holen. Die gegnerische Mannschaft versucht das mit vollem Körpereinsatz zu verhindern. Dabei fahren die jungen Frauen immer auf einem Bahnrund. Beißen, Kratzen oder Beinstellen ist verboten. Trotzdem kommt es oft genug zu spektakulären Stürzen.

"Am Anfang haben sich immer alle entschuldigt, wenn sie jemanden angerempelt haben. Mittlerweile macht das niemand mehr" sagt "Zeta Zlaughter" alias Anne Zimmermann. Bevor die Psychologiestudentin zu den "Meatgrinders" kam, sei sie ein "Megaschisser" und "Absicherungsfreak" gewesen, sagt sie. Doch nachdem sie gelernt hatte, sich fallen zu lassen, ohne sich dabei ernsthaft zu verletzen, habe sich das gelegt. Nun fährt sie sogar am liebsten im Pack, wo sie den Direktkontakt mit dem Gegner hat. "Rock 'n' Roll und druff. Das ist für mich Rollerderby. Du kannst ordentlich die Sau raus lassen", schwärmt sie.

Show im Vordergrund

Doch bei allem Kampf - beim Rollerderby vor allem die Show im Vordergrund. Alles erinnert ein wenig an die gespielten Angriffe beim Wrestling. Bis auf ein paar Gehirnerschütterungen und viele blaue Flecken gab es deshalb bei den "Meatgrinders" bisher auch noch keine ernsthaften Unfälle.

Allerdings könnte sich das am Samstag (14. November) ändern. Der erste Bout - so werden die Wettkämpfe beim Rollerderby genannt - steht vor der Tür. Dann werden die Bremer "Meatgrinders" in Münster gegen die "Devil Dolls" (Teufelspuppen) aus Essen antreten. Die meisten Teammitglieder sehen dem derzeit mit gemischten Gefühlen entgegen. Selbst die Teamältesten "Several Stitches" und "Jelly Jawbreakz" haben ein bisschen Bammel: "Wir werden so dermaßen eins drauf kriegen. Aber das ist ja auch mal eine gute Erfahrung für uns."

Aber auch die Essener Devil Dolls sind noch blutjung auf den Rollen, anders als die "Stuttgart Valley Roller Girlz", Deutschlands erstem Derby-Team, oder die anderen etablierten Mannschaften aus England und Deutschland, die teilweise schon seit Jahren ihren Sport betreiben.

Auch sie können ihren ersten Bout gegen die Meatgrinders kaum noch erwarten, und sind wahnsinnig gespannt auf ihr Derby-Debut. Die Vorfreude und Aufregung auf das Event ist den Dolls ins Gesicht geschrieben.

(DDP/RPO)
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