Tischtennis-Star nach Bandentritt ohne Preisgeld Roßkopf findet harte Strafe für Zhang "lächerlich"

Düsseldorf · Die harte Strafe für Tischtennisstar Zhang Jike nach dem Ausraster beim Weltcup in Düsseldorf spaltet die Szene. Während der Sieger sich reumütig zeigt und Chinas Coach den Schritt für angemessen hält, ist sein deutscher Kollege anderer Meinung.

Zhang Jike zertritt Banden in Düsseldorf
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Foto: dpa, hka hak

Sein erster großer Einzel-Titel nach dem WM-Gold im vergangenen Jahr ist für Chinas extrovertierten Tischtennisstar Zhang Jike zu einem bitteren Triumph geworden. Weil der Olympiasieger am Sonntag beim Weltcup in Düsseldorf im Anschluss an seinen Finalsieg gegen Landsmann Ma Long zwei Banden zertreten hatte, erkannte ihm die Turnier-Jury wegen unsportlichen Verhaltens das komplette Preisgeld in Höhe von 45.000 Dollar (rund 35.500 Euro) ab. Diese drakonische Strafe hält Bundestrainer Jörg Roßkopf für völlig überzogen.

"Ich finde es relativ lächerlich, ihm die 45.000 Dollar zu streichen", sagte der 45-Jährige am Tag danach dem Internetportal der Tischtennis-Bundesliga. "Wir sind hier nicht beim Tennis oder in der Formel 1, wo man immense Strafsummen verhängen kann. 1000 Dollar Strafe hätten es da sicherlich auch getan", argumentierte Roßkopf. Tischtennis bewegt sich in anderen Dimensionen: Der Siegerscheck beim Weltcup ist mit der höchste. Nur beim World-Tour-Finale gibt es mit 100.000 Dollar mehr zu gewinnen.

Der Chinese habe vor dem Turnier "unter einem unmenschlichen Druck" gestanden, erklärte der frühere Weltklassespieler Roßkopf. "Er ist Olympiasieger und Weltmeister und wurde von seinem Cheftrainer im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016 öffentlich angezählt. Da muss man so eine Reaktion auch mal verstehen", so der Bundestrainer. Zhang hatte sich im chinesischen Staatsfernsehen und auch bei der internationalen Pressekonferenz entschuldigt. "Ich bin in den letzten zwölf Monaten oft kritisiert worden und habe seit längerer Zeit kein größeres Einzel-Turnier mehr gespielt", sagte er an die Adresse seines Cheftrainers.

"Ich habe immer noch das Gefühl, dass er nicht mit ganzem Herzen bei der Sache ist", hatte Liu Guoliang jüngst mit Blick auf Rio 2016 kritisiert. "Aber er weiß, dass er sich keinen Fehler mehr erlauben darf, denn seine Konkurrenten für einen Olympia-Start haben inzwischen genauso gute Chancen." Für Zhangs Verhalten in Düsseldorf zeigte der Coach kein Verständnis. "Ich war sehr geschockt von dem, was Zhang Jike nach dem Match gemacht hat", sagte Liu vor Journalisten. "Es ist ein Weckruf für ihn. Er repräsentiert eine Sportart. Was in Deutschland geschehen ist, hätte nicht passieren dürfen."

Auch Zhangs persönlicher Coach entschuldigte sich für seinen Schützling. "Nachdem er zurück ist, werde ich mehr Zeit darin investieren, ihm Benehmen beizubringen", schrieb Xiao Zhan laut Medienberichten auf Weibo, dem chinesischen Pendant zu Facebook. "Auf der anderen Seite hoffe ich, dass alle verstehen können, dass es nicht einfach ist, ein Athlet zu sein."

Der Fall Zhang dokumentiert nicht nur den einzigartigen Druck, dem die Stars in China ausgesetzt sind, wo Tischtennis eine Bedeutung hat wie Fußball in Europa. Er wirft auch ein Schlaglicht auf eine Sportart und ihr bieder-langweiliges Image. Der Mann, der nach seinem ersten WM-Titel 2011 vor laufenden Kameras sein Trikot zerriss, verkörpert ein anderes Gesicht von "Ping-Pong" und hat nicht zuletzt deshalb weltweit wohl die meisten Bewunderer.

(dpa)
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