Rugby-WM Kampf ums Ei

Düsseldorf · Stell dir vor, es ist WM und niemand schaut hin. Hierzulande nicht Neues – zumindest beim Rugby. Wenn ab kommenden Freitag muskelbepackte Männer mit Mundschutz und Schlammspritzern auf dem Trikot in Englands Stadien einem Gummi-Ei hinterherhecheln, ist das Interesse in Deutschland überschaubar. Ähnlich wie beim American Football, dem anderen körperbetonten Sportspiel. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Rugby-Nationalmannschaft noch nie für eine WM qualifiziert hat. Es ist eben bitterkalt im Schatten des Fußballs.

Neuseeland feiert Rugby-WM-Titel 2011
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Neuseeland feiert Rugby-WM-Titel 2011

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"Für alle Sportarten, die nichts mit Fußball zu tun haben, ist es sehr schwer, sich im Markt zu positionieren. Der DFB erdrückt quasi alles", sagt Matthias Hase vom Deutschen Rugby-Verband (DRV). Die verpasste Qualifikation war für ihn schwer zu verdauen: "Wir hätten zwar womöglich eine hohe Niederlage nach der nächsten kassiert, aber wir wären im Fernsehen gewesen. Das darf man nicht unterschätzen."

Durch das 20:31 gegen Russland verpasste die Auswahl von Nationaltrainer Kobus Potgieter im Mai 2014 das langersehnte Ticket für das Großturnier. "Das ist bitter", kommentierte Kapitän Sean Armstrong vom Heidelberger RK das Aus im K.o.-Spiel in Hamburg. Dabei sah es bis fünf Minuten vor dem Abpfiff (20:17) nach einer Überraschung aus. Doch dann drehten die Russen mit zwei Versuchen die Partie.

So müssen sich die deutschen Rugbyspieler die WM - mal wieder - vorm Fernseher anschauen. Den Auftakt der Endrunde mit 20 Teams bestreiten am Freitag (21 Uhr) in London Gastgeber England und Fidschi. Fidschi? Ja, Fidschi. Das Land, dessen Fußballteam auf Platz 181 der Weltrangliste steht. Rugby ist im pazifischen Inselstaat Nationalsport Nummer Eins. Partien werden dort nicht nur bestritten, sie werden zelebriert. So führen die Akteure vor jedem Spiel einen als Cibi bezeichneten Kriegstanz auf, um den Gegner einzuschüchtern und sich Mut zu machen.

Erstmals wurde er 1939 während der Tour in Neuseeland gezeigt, um dem berühmten "Haka"-Tanz der Neuseeländer - dem aktuellen Weltmeister - etwas Gleichwertiges entgegenzusetzen. Neuseeland gilt als Rugby-Paradies. Statistisch gesehen greift dort jeder 30. zum eiförmigen Ball. Auch in diesem Jahr führt der Titel nur über die "All Blacks", wie das Team von Trainer Steve Hansen genannt wird, weil es ganz in Schwarz gekleidet ist.

Vom Stellenwert, den die Sportart in Neuseeland einnimmt, können deutsche Rugby-Vereine nur träumen. Der (DRV) hat rund 14 000 Mitglieder - also rund 15 Mal weniger als der Deutsche Badminton-Verband. Dabei ist Rugby hierzulande - ähnlich wie in England und Frankreich - Traditionssport, der auch im Fußball als Wegbereiter einiger Klubs fungierte. So wurde der 1. FC Nürnberg im Mai 1900 von 18 Gymnasiasten als Rugby-Verein gegründet. Auch in der Gründungsgeschichte des VfB Stuttgart ist das fliegende Ei nicht wegzudenken. Jedoch ist fast nichts von der Tradition übriggeblieben.

Eurosport ist das egal. Die Sendergruppe hat die Übertragungsrechte für Deutschland erworben und will mindestens 20 der 48 WM-Spiele übertragen.

(RP)
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