Einstige Medaillengarant außer Form Schwimm-EM wohl ohne Koch

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Olympia 2016: Marco Koch enttäuscht mit Platz sieben
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Koch setzt Desaster der Schwimmer fort

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Foto: dpa, kno

Der einstige Medaillengarant Marco Koch wird bei der Schwimm-EM aller Voraussicht nach nicht starten. Er ist schlichtweg nicht gut genug. Der Bundestrainer fordert einen harten Schnitt.

Er krönte sich 2015 zum Weltmeister, ist noch immer Weltrekordler auf der Kurzbahn und der aktuell bekannteste Name im deutschen Schwimmsport - doch im Moment ist Marco Koch auch das größte Sorgenkind. Der langjährige Vorschwimmer wird die sportliche Qualifikation zur EM im schottischen Glasgow (3. bis 9. August) verpassen, seine letzte Chance am Wochenende bei den süddeutschen Meisterschaften in Dresden lässt der 28-Jährige aus.

"Marco nimmt zu der Zeit Sponsorentermine wahr. Mit seinem aktuellen Zustand hätte es in Dresden auch nicht gereicht, die Norm zu knacken", sagte Kochs Heimtrainer Alexander Kreisel dem SID. Er deutete an, dass sein Schützling über einen Rücktritt noch vor Olympia 2020 nachdenke: "Es ist doch klar, dass diese Gedanken in so einer Phase aufkommen. Er in ein Loch gefallen."

Koch, der bei der EM vor zwei Jahren noch Silber und im Jahr zuvor sogar den WM-Titel gewonnen hatte, war bei den German Open am vergangenen Wochenende in Berlin auf seiner Paradestrecke 200 m Brust in 2:10,05 Minuten erneut deutlich über der harten Normzeit (2:08,20) geblieben.

Bis Sonntag haben die Athleten des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) die Möglichkeit, die Qualifikationszeiten, die sich an Platz acht bei Olympia 2016 orientieren, zu schwimmen. Eine Ausnahmeregelung für Koch wie bei der WM 2017 in Budapest ist unwahrscheinlich. "Stand heute fehlt mir der Glaube, dass es bei Marco nach vier Jahren stetigen Bergabs so plötzlich wieder besser werden sollte", sagte Bundestrainer Henning Lambertz dem SID.

Lambertz will nun das Gespräch mit seinem einstigen Medaillengaranten suchen und ihn von einem teilweisen Wechsel zu einem neuen Trainer und Stützpunkt überzeugen. "Bislang war er noch nicht an dem Punkt, sich darauf einzulassen", sagte der Bundestrainer: "Aber wenn er es jetzt nicht macht, dann könnte ich es nicht mehr verstehen."

Der heimatverbundene Koch soll Darmstadt für vier oder fünf Tage in der Woche verlassen, um an einem besser ausgestatteten Stützpunkt mit einer anderen Trainingsgruppe neue Reizpunkte zu setzen. "Bei Marco reicht es nicht mehr, an ein oder zwei Stellschrauben zu drehen", erklärt Lambertz: "Die harte Wahrheit ist: Seit seinem deutschen Rekord 2014 ist er immer langsamer geworden." Die deutlich jüngeren Konkurrenten aus Japan, Großbritannien oder den USA haben Koch längst abgeschüttelt.

Kochs größtes Problem ist derzeit nicht das Gewicht, das ihm in den vergangenen Jahren immer wieder zu schaffen machte, sondern die Geschwindigkeit. "Er muss auf den ersten hundert Metern schneller werden", sagt Lambertz, "viel schneller."

Dafür hat der Olympia-Siebte sich auf Lambertz' neues Kraftkonzept eingelassen. Seine Kraftwerte sind zwar gestiegen, er hat nach eigenen Angaben auch die beste Laktatverträglichkeit seines Lebens - doch die Zeiten im Wasser sind für seine Klasse indiskutabel. Nur zweimal überhaupt schwamm er in diesem Jahr unter 2:10,00 Minuten, sein deutscher Rekord (2:07,47) ist momentan unerreichbar.

Und nun? Objektiv betrachtet muss Koch einen harten Schnitt vollführen - oder abtreten, um sich auf der Zielgerade seiner Karriere nicht weiter zu demontieren. Auf seiner Homepage hat Koch einen Countdown bis zu Olympia in Tokio eingerichtet. Stand jetzt ist es jedoch höchst zweifelhaft, dass er dort auch tatsächlich starten wird.

(sid)
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