WM in Budapest "Bodybuilder" Marco Koch lernt das Schwimmen neu

Heidelberg/Köln · Mehr Kraft, weniger Gefühl: Titelverteidiger Marco Koch sucht nach der Trainingsumstellung vor der WM seine Form. Sein Fokus ist aber auf Tokio 2020 gerichtet.

Marco Koch – Darmstädter, Brust-Spezialist, Weltmeister
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Das ist Marco Koch

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Foto: afp, mlm/rt/rc

Der Weltmeister ist sich selbst ein Rätsel. Marco Koch steigt bei der Schwimm-WM in Budapest als Titelverteidiger auf den Startblock, doch über Medaillen will er nicht reden. "Es ist schwierig einzuschätzen", sagt der 27-Jährige im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID): "Ich lasse mich wirklich überraschen." Der deutsche Vorschwimmer weiß nur: Er ist körperlich stärker als je zuvor. Aber ist er auch schneller?

Nach der Olympia-Enttäuschung hat Koch sein Training umgestellt. Mehr Kilogramm an Land stemmen, nicht mehr Kilometer im Wasser schwimmen hieß die Devise nach dem siebten Platz in Rio de Janeiro. "Ich habe Riesenschritte im Kraftraum gemacht - beim Bankdrücken von 110 auf 130 Kilo, bei Kniebeugen von 95 auf 130", berichtet er. Doch mit der zusätzlichen Kraft ging das Gefühl fürs Wasser verloren.

Bei den deutschen Meisterschaften Mitte Juni verpasste er auf seiner Paradestrecke 200 m Brust die Norm für die Weltmeisterschaften in Ungarn (14. bis 30. Juli) und rutschte nur aufgrund einer Sonderregelung ins Team. Seiner Bestzeit (2:07,47 Minuten) schwimmt er in dieser Saison bislang weit hinterher. Das Problem: Mit dem von Bundestrainer Henning Lambertz verordneten Maximalkraft-Konzept ist der so präzise eingestellte Schwimmkörper aus dem Takt geraten.

"Bei einem Kraulschwimmer ist nicht so schwierig, es im Wasser umzusetzen wie bei einem Brustschwimmer", erklärt Koch, der sich in Heidelberg mit der Nationalmannschaft auf die WM vorbereitet: "Da muss von der Technik her alles passen. Sobald eine Kleinigkeit nicht mehr genau stimmt, wird es richtig langsam."

Koch mit wenig Wettkampfpraxis

Der "Bodybuilder" muss das Schwimmen quasi wieder neu lernen. "Wenn ich eine Kniebeuge mache und da viel stärker werde, kann mein Muskel die Übung irgendwann richtig gut. Das habe ich ihm ja beigebracht", erläutert er: "Aber er kann nicht sofort den Brustbeinschlag perfekt. Das muss er über die Wassereinheiten lernen."

Wie weit er in diesem Lernprozess ist, weiß er nicht genau. Denn anders als in den vergangenen Jahren hat Koch vor der WM nur sehr wenige Wettkämpfe bestritten. In Rom (2:09,63) und Chartres (2:10,36) schwamm er deutlich hinterher. In der Jahresweltbestenliste liegt er mit seiner DM-Zeit (2:08,69) nur auf Rang zehn.

"Mit der Umstellung auf mehr Krafttraining dauert es ein bisschen länger, als wir gedacht haben", gibt Koch zu: "Das ist aber auch okay, wir haben noch drei Jahre bis Tokio. Jetzt muss man es ausprobieren." Olympia 2020 ist ihm wichtiger als die WM-Titelverteidigung in Budapest. "Wenn es jetzt noch nicht so klappt, ist es kein Problem."

Doch vielleicht überrascht er sich selbst. "Ich bin auf dem richtigen Weg, das merke ich." Langsam kehrt das Gefühl fürs Wasser zurück, das Gleiten, seine größte Stärke, gelingt wieder besser. "Ich kann wieder locker, entspannt und trotzdem schnell schwimmen. Ich rutsche wieder schön durch's Wasser."

(sid)
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