America's Cup Wie im Kampfjet übers Wasser

Düsseldorf · Der viermalige Segel-Olympiasieger Ben Ainslie will nach mehr als 150 Jahren den America's Cup zurück nach Großbritannien holen. Auf der Messe "boot" stellte er das Projekt vor.

 Ben Ainslie führt beim America's Cup das Team Land Rover BAR

Ben Ainslie führt beim America's Cup das Team Land Rover BAR

Foto: dpa, Monica M. Davey

Der englische Sport hat einen großen Makel. Einen noch größeren als den, dass das Mutterland des Fußballs seit 50 Jahren nicht mehr Weltmeister geworden ist. Es geht um einen längeren Zeitraum. Es geht um 155 Jahre.

Seit 1861 tragen die Segler den America's Cup aus. Er gilt als traditionsreichste Regatta überhaupt. Noch nie haben die Briten den Wettbewerb, den sie gegründet haben und dessen erste Auflage aus einem Rennen rund um ihre Isle of Wight stattfand, für sich entschieden. Dass der Wettbewerb America's Cup heißt, geht übrigens auf den ersten Sieger, den Schoner "America" des New York Yacht Clubs, zurück. Tee-Baron Sir Thomas Lipton, der sich zwischen 1899 und 1930 fünfmal in diesem Wettbewerb versuchte, bezeichnete "diese alte Kanne" mal als "das am schwierigsten zu erringende Stück Metall auf der Welt".

17-mal stehen die Briten mit Rang zwei in der Ergebnisliste. Das soll sich ändern, wenn es im kommenden Jahr vor den Bermudas um die "bodenlose Kanne" ("auld mug"), wie der Pokal genannt wird, geht. Unter dem Hashtag "#bring the cup home" läuft das britische Projekt in den sozialen Netzwerken.

Für den ersten Sieg des Vereinigten Königreichs soll der beste Segler sorgen, den das Land hervorgebracht hat. Ben Ainslie (38) führt das Team Land Rover BAR. Die guten Wünsche von Kate, der Herzogin von Cambridge, hat er persönlich bei der Vorstellung des Projekts mit auf den Weg bekommen. Und Premierminister David Cameron persönlich half dem Projekt auf die Sprünge. Den Automobilkonzern Land Rover hat sich Ainslie an Bord geholt, um den 90 Millionen Euro umfassenden Projektetat zu sichern und um das Know-how der Ingenieure nutzen zu können. In Mike Whitmarsh konnte Ainslie fürs Management eine herausragende Kraft aus der Formel 1 gewonnen.

Das von Software-Milliardär Larry Ellison betriebene US-Team Oracle vom Golden Gate Yacht Club geht als Titelverteidiger ins Finale, der Gegner wird in den kommenden Monaten gesucht. Ende Februar im Oman, New York, Chicago, Portsmouth und Toulon in Frankreich sind die Stationen für Land Rover Bar und fünf weitere Mannschaften, die das Finale anstreben.

Jetzt machte Ainslie einen Besuch auf der Messe "boot" in Düsseldorf. Er ist ein freundlicher Kerl, höflich, smart, "very british" das Erscheinungsbild. Schwer vorstellbar, dass er auf dem Wasser zum erbarmungslosen Kämpfer werden kann. Bei einer Weltmeisterschaft ist er mal auf ein Fotografen-Boot losgegangen, weil er sich gestört gefühlt hatte.

Ritterschlag nach Olympia 2012

1996 in Atlanta holte Ainslie seine erste olympische Medaille, es war Silber. Von Sydney 2000 bis London 2012 folgte alle vier Jahre olympisches Gold. Der Sieg vor dreieinhalb Jahren im heimatlichen Revier von Weymouth war für ihn die vorläufige Krönung seiner Karriere und Anlass, sich aus dem olympischen Sport zu verabschieden. Bei der Schlussfeier der Spiele 2012 durfte er die Flagge tragen. Ein paar Monate später bekam er den Ritterschlag und darf sich jetzt Sir Ben nennen. Er gehört seit vielen Jahren zu den Weltstars des Sports, wie Tennisspieler Roger Federer zum Beispiel oder der Golfer Tiger Woods.

Einen Sieg mit einem britischen Team beim America's Cup würde Ainslie höher einschätzen als all seine Olympia-Medaillen. Als Mitglied der US-Mannschaft Oracle ist ihm das 2013 schon einmal gelungen. Als Taktiker war er an Bord, als die Amerikaner einen scheinbar aussichtslosen Rückstand im Finale gegen Neuseeland wettmachten. Nun führt er seine eigene Crew von erstklassigen Spezialisten als Team Principal und Skipper an.

Ainslie wünscht sich im Sinne des Wettbewerbs mehr Konkurrenz. Zum Beispiel aus Deutschland. 2007 war zum einzigen Mal ein deutsches Team am Start. Doch es ist schwierig, den Etat zusammenzubekommen. Ainslie meint: "Wir müssen die Kosten begrenzen. Auf rund 30 bis 40 Millionen Euro. Dann gäbe es auch mehr Teilnehmer."

Der America's Cup gilt als Formel 1 auf dem Wasser. Ainslie bezeichnete die Katamarane, die vor einigen Jahren die Ein-Rumpf-Boote abgelöst haben, mitunter als Kampfjets. Denn sie schwimmen während der Regatta nicht immer, sie fliegen über der Oberfläche. Sie "foilen" sagen die Segler. Und das mit fast 90 km/h. "Extremsegeln birgt Risiken", sagt Ainslie. Zum Glück passierte nicht viel, als sein Boot im Dezember im klassischen Revier vor der Isle of Wight kenterte. In einer Pressemitteilung beschrieb die Mannschaft das Missgeschick als "harten Tag im Büro".

(bei)
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