Nur ein Titel fehlt noch Beerbaums "wahrscheinlich" letzter Versuch

Caen · Den erfolgreichste Springreiter der Welt treibt auch mit 50 Jahren noch der Ehrgeiz. Ludger Beerbaum wollte längst aufhören, doch in Caen sattelt er zum sechsten Mal bei einer WM.

Springreiten: Ludger Beerbaums "wahrscheinlich" letzter Versuch
Foto: dpa, dan jhe

Nur dieser eine Titel fehlt. Alles andere hat Ludger Beerbaum gewonnen. Seit mehr als einem Viertel-Jahrhundert ist der inzwischen 50-Jährige der erfolgreichsten Springreiter der Welt. Er hat Einzel- und Team-Gold bei Europameisterschaften gewonnen und bei Olympischen Spielen. Er war Weltcup-Sieger und zweimal Team-Weltmeister. Nur Einzel-Weltmeister war Beerbaum noch nie.

"Ein Antrieb ist das sicher noch", sagte Beerbaum in Caen im Interview der Nachrichtenagentur dpa: "Wenn ich das verneinen würde, dann würde ich nur etwas runterspielen." Deshalb ist er am Wochenende in die Normandie gereist und sattelt im Fußballstadion von SM Caen seine Stute Chiara. Obwohl er doch längst schon aufhören wollte.

Spätestens mit 50 Jahren sollte Schluss sein. Das hatte Beerbaum mehrfach erklärt. Aber der Ehrgeiz treibt ihn immer weiter. Nun sollen die am Dienstag beginnenden Springen seine letzte WM sein. Oder doch nicht? "Wahrscheinlich", schränkte Beerbaum ein: "Das hängt auch ein Stück weit vom Ausgang ab." Er lässt sich noch ein Hintertürchen offen.

Die WM ist auch für den Routinier eine Veranstaltung, die ihn nach all den Jahren im Sattel immer noch unruhig macht. "Es ist nicht so, dass ich vorher schlecht schlafe", erklärte Beerbaum: "Aber spätestens, wenn es am Dienstag richtig losgeht, dann ist da auch eine gewisse Nervosität." Mit dem Zeitspringen beginnt der dreiteilige Team-Wettbewerb, der zugleich für die Einzelwertung gilt, die am Sonntag im Finale mit Pferdewechsel endet.

Beerbaum zeigt sich in den ersten Tagen in Caen entspannt und nachdenklich. Er kann aber auch ganz anders sein, sehr emotional. Die gleichen Fragen zu einem anderen Zeitpunkt gestellt, können auch ganz andere Reaktionen bei ihm hervorrufen. Beerbaum ist manchmal aufbrausend und unwirsch. Das ist seine andere Seite, vor allem in jenen Momenten, da ihn sein Ehrgeiz besonders treibt.

"Ludger brennt vor Ehrgeiz", sagte sein langjähriger Weggefährte Otto Becker, der mit Beerbaum oft im Team ritt und längst als Bundestrainer arbeitet. Die einstigen Streithähne haben sich inzwischen arrangiert.

Becker schätzt den anhaltenden Willen zum Erfolg, die Zielstrebigkeit und die Genauigkeit, mit der Beerbaum seinen Sport betreibt. In Caen erlebt der Coach seinen Vorreiter "sehr ruhig und konzentriert. Er ist gut vorbereitet, das gibt ihm Gelassenheit."

Becker weiß aber genau wie Beerbaum, dass es beim Springreiten - ganz anders als etwa in der Dressur - mindestens ein Dutzend Kandidaten für das Finale der besten Vier gibt: "Es ist sehr eng an der Spitze."

Und der Modus mit Pferdewechsel ist sehr speziell und kann sehr schmerzhaft sein. Vor zwanzig Jahren bei der WM in Den Haag hatte Beerbaum es mit Ratina Z bis in die letzte Runde geschafft und erlebte als Vierter eine seiner sportlich schwersten Stunden. "Das ist wie Elfmeterschießen beim Fußball", findet Beerbaum - und würde am Ende der Woche liebend gerne mitschießen.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort