Schachboxen Stoldt ist erster deutscher Weltmeister

Berlin (RPO). Seine Schläge im Boxring sind hart, doch die Figuren auf dem Schachbrett bewegt Frank Stoldt mit viel Gefühl. Der frischgekürte Weltmeister in der recht skurrilen Sportart Schachboxen feierte mit seinem Sieg im WM-Fight gegen den US-Amerikaner David "Double D" Depto seinen größten sportlichen Erfolg und fühlte sich für kurze Zeit wie ein Star.

Köpfchen und Schlagkraft gefordert
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Foto: ddp

"Es waren zwar nur zwei Autogrammwünsche, aber es hat sich toll angefühlt", sagt der Berliner. Seine Fangemeinde könnte bald noch viel größer werden, denn der 1,87 Meter große Modellathlet träumt von einem Kampf in Übersee. "Ich kann mir vorstellen, in den USA zu kämpfen. Die Verbindungen sind schon geknüpft", erklärt Stoldt. In Amerika sei Schachboxen viel populärer als hierzulande. So sei ein Rückkampf gegen Depto bereits im Gespräch.

Den spektakulären Weltmeisterschaftskampf im Halbschwergewicht hatten am Samstag 1200 Zuschauer in Berlin verfolgt. Der 37-jährige Stoldt konnte dabei die harten Schläge von Depto mit einer starken Deckung parieren. In der siebten Runde schickte er seinen Gegner zwar nicht auf die Bretter, setzte ihn dafür aber mit einem intelligenten Zug am Brett schachmatt. Beim Schachboxen wechseln sich die Disziplinen Schach und Boxen jeweils unterbrochen durch eine 60-sekündige Pause ab.

"Mein Gegner war sehr stark. Im Ring waren wir gleichwertig, aber am Brett habe ich mir den Sieg geholt", sagt Stoldt, der laut Elo-Rating, der Leistungseinteilung im Schach, mit 2000 Punkten zu den stärksten Schachspielern seiner Sportart gehört.

2005 wechselte der Berliner vom Kick- zum Schachboxen. "Es ist die Kombination aus Körper und Geist, die das Ganze interessant macht", sagt er und schreibt sich die Entwicklung der häufig noch belächelten Sportart auf die Fahnen: "Mein Leben hat sich nach dem Titel nicht verändert, aber ich sehe mich mehr denn je als Vorreiter."

Schachboxen fristet in Deutschland noch ein Schattendasein. Berlin ist mit dem 50 Mitglieder starken "Chessboxing Club" so etwas wie ein Epizentrum. Nach dem Weltmeisterschaftskampf haben sich die Anfragen mehr als verdoppelt. Stoldt ist sicher: "Die besten Schachboxer wissen noch gar nichts von dieser Sportart."

Die Idee des Trendsports geht auf den Comiczeichner Enki Bilal zurück, der in seinem 1992 erschienenen Comic Froid-Equateur ("Äquatorkälte") einen derartigen Wettkampf in den Mittelpunkt stellte. Allerdings setzte der niederländische Aktionskünstler Iepe Rubingh die Idee erst elf Jahre später in die Wirklichkeit um.

Mittlerweile wird Schachboxen sogar im Kosovo praktiziert. Berufspolizist Stoldt, der für die UNO Polizeieinheiten ausbildet, hat sich dort unter dem Spitznamen "Anti-Terror" auf seinen WM-Kampf vorbereitet. "Ich habe dabei auf der Straße mit vielen Menschen Freundschaft geschlossen", erklärt der Weltmeister.

Noch bis März müssen Stoldts Ehefrau Charlene und Tochter Chiara auf ihn verzichten, dann steht auch schon der nächste sportliche Auftritt an: "Ich muss 2008 meinen Titel verteidigen. Vielleicht schon in den USA."

(sid)
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