Nach Sex-Affären Tiger Woods inszeniert sein Comeback

Washington (RPO). Dass Tiger Woods den Golfrasen von Augusta mag, wissen inzwischen auch Landsleute, die das Spiel mit den weißen Bällen bis dato kalt ließ. Dass heimliche Späher ihm beim Training zusahen und nun verraten, dass er schon wieder so gut ist, dass er gewinnen kann, nervt seine Kollegen mehr als nieselnder Dauerregen.

Woods entschuldigt sich vor Millionen-Publikum
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Kein Tag vergeht, an dem Woods, wegen seiner Sexaffären ins Zwielicht geraten, nicht die Schlagzeilen der amerikanischen Sportseiten bestimmt. Das Comeback des gestrauchelten Stars, am 8. April in Georgia, wird eine riesige Show.

Kenner der Szene prophezeien Rekordeinschaltquoten. "Es liegt am Klatschfaktor", glaubt Shari Ann Brill, eine New Yorker Medienanalystin. "An Tiger Woods scheiden sich die Geister. Er ist so interessant geworden, dass Menschen, denen Golf bisher herzlich egal war, zum ersten Mal zuschauen werden."

Sean McManus, beim Fernsehkanal CBS für die Sportsparte zuständig, rechnet mit einem Medienspektakel, bei dem genauso viele Neugierige vor den Bildschirmen hocken wie bei der umjubelten Amtseinführung Barack Obamas. Die Manager des Ausstatters Nike dürften im Stillen frohlocken, dass sie dem entzauberten Idol die Treue hielten, während sich andere eilends von ihm abwandten.

Sponsoren springen ab

Sponsoren wie der Rasierklingenhersteller Gillette, der Getränkekonzern Pepsi oder die Telefongesellschaft AT&T hatten ihre Werbeverträge mit Woods gekündigt, als seine Eskapaden bekannt wurden. Fast sieht es so aus, als stünden sie bald als Verlierer da.

Zwar erzählen Callgirls, deren Dienste der höchstdotierte Profi fürstlich entlohnte, noch immer schlüpfrige Details über die sexuellen Vorlieben ihres Klienten, über flotte Dreier und derbe Schläge. Doch allmählich verliert Amerika das Interesse. Es feiert die Wiederauferstehung des irrenden, reumütigen Helden.

Ari Fleischer, erster Pressesprecher des Präsidenten George W. Bush, heute Chef einer Kommunikationsagentur, inszeniert Woods' Wandlung als eine Art Canossagang in Etappen. Dem Mea culpa im Februar, in einer Atmosphäre, die an ein Begräbnis erinnerte, folgten jetzt ebenso akribisch geplante TV-Interviews.

Nichts Spontanes, dafür einstudierte Demut und Geständnisse, die klangen, als hätte der Hauptdarsteller sie auswendig gelernt. Er habe "ein Leben voller Lügen geführt", räumte Woods ein. "Sich selbst in einem Licht ansehen zu müssen, in dem man das nie wollte, war ziemlich brutal."

Ziemlich miese Sachen

Ziemlich miese Sachen habe er sich geleistet, mit Elin Nordegren eine Ehefrau betrogen, die er von Herzen liebe. Aber jetzt, nach 45 Tagen therapeutischer Behandlung in einer Klinik, "kehre ich zu meinen alten Wurzeln zurück". Amerikaner lieben solche Geschichten.

Dass Woods ausgerechnet in Augusta wieder zum Schläger greift, begründen seine Spin-Doktoren mit schönen Erinnerungen. In Augusta gewann er 1997 sein erstes Masters-Turnier. Dort fühle er sich so wohl wie auf der eigenen Couch. Tatsächlich liegt es wohl eher daran, dass kaum ein Golfclub strengere Regeln kennt als der von Augusta.

Schon fürs Laufen droht Fans der Rauswurf, Zwischenrufe sind nicht zu fürchten, sie würden sofort bestraft. Frauen sind nicht zugelassen, was aber heftigen Widerspruch heraufbeschwört. "Wenn Herr Woods nach seinen Ausschweifungen auf einen Neuanfang hofft, finde ich es seltsam, dass er sich dafür einen reinen Männerclub aussucht", sagt Susan Scanlan, Vorsitzende eines Bundes feministischer Organisationen. Christine Brennan, die renommierteste Sportkommentatorin der USA, sagt es noch deutlicher. "Bestenfalls ist es ironisch, schlimmstenfalls ein Schlag ins Gesicht von uns Frauen."

(RP)
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