Tischtennis Boll zum zehnten Mal deutscher Meister: Rekord

Rekord statt Torte: Der frühere Weltranglistenerste Timo Boll (Düsseldorf) hat sich an seinem 34. Geburtstag bei der Tischtennis-DM in Chemnitz mit seinem zehnten Einzeltitel wieder einmal selbst beschenkt und zum alleinigen Rekordsieger in der 84-jährigen DM-Geschichte gekürt.

 Timo Boll darf sich jetzt deutscher Rekordmeister nennen.

Timo Boll darf sich jetzt deutscher Rekordmeister nennen.

Foto: dpa, hka hak

Der ehemalige WM-Dritte machte die historische Bestmarke im Finale durch ein 4:2 gegen Ruwen Filus (Fulda) perfekt. Ein halbes Leben nach seinem ersten DM-Erfolg 1998 in Saarbrücken überflügelte Boll damit im vierten Anlauf seit 2010 die Idole Conny Freundorfer (München) und Eberhard Schöler (Düsseldorf).

"Das ist natürlich ein besonderer Tag. Ich mache mir eigentlich nicht viel aus Statistik, aber ein Rekord hat natürlich immer etwas Spezielles - erst recht am eigenen Geburtstag", sagte der Nachfolger des verletzt fehlenden Olympiadritten und Europameisters Dimitrij Ovtcharov (Hameln/Orenburg), "mich macht besonders stolz, dass dadurch Konstanz über viele Jahre deutlich wird."

Tatsächlich dokumentiert Bolls Rekord eine bemerkenswerte Kontinuität: Bei seinem Premierensieg feierte der Linkshänder seinen 17. Geburtstag und deutete damals als jüngster Nachkriegs-Meister bereits sein Potenzial zum Aufstieg in die Weltelite an. "Durch den DM-Termin Anfang März kann es ja vorkommen, dass ich in Zukunft vielleicht noch einmal meinen Geburtstag mit einem Titel feiern kann", hatte der Teenager in Saarbrücken noch bescheiden gesagt - 17 Jahre später avancierte der Familienvater nach seiner Bestmarke von insgesamt 16 EM-Titeln nunmehr auch zum DM-Rekordchampion.

"Ich überlasse den Rekord Timo gerne alleine. Er hat es verdient. Er ist als Spieler einzigartig und außerdem ein exzellenter Sportsmann", sagte der bisherige Rekordmitinhaber Schöler.

In Chemnitz war Boll, der in einem Interview vor DM-Beginn mit der Kölnischen Rundschau und dem Bonner Generalanzeiger Olympia 2016 und die Heim-WM 2017 voraussichtlich in Düsseldorf als letzte große Ziele seiner imponierenden Laufbahn genannt hatte, standesgemäß eine Klasse für sich. Auf dem Weg zur Bestmarke gab der Weltcup-Dritte erst im Endspiel gegen den ehemaligen EM-Fünften Filus zwei Sätze ab.

Die DM, bei der die Doppel-Europameisterinnen Petrissa Solja (Berlin) und Sabine Winter (Kolbermoor) ins Damen-Finale einzogen, litt jedoch unter der Abwesenheit zahlreicher Topspieler. Bei den Herren musste neben dem Weltranglistensechsten Ovtcharov auch der EM-Dritte und zweimalige Titelgewinner Bastian Steger (Bremen)
verletzt passen.

Im Damen-Wettbewerb fehlten aus gesundheitlichen Gründen die EM-Dritte und Titelverteidigerin Shan Xiaona (Berlin), die Weltranglistenachte Han Ying (Tarnobrzeg) sowie die frühere EM-Zweite Irene Ivancan (Istanbul). Die Absagenflut sorgte am Rande des Turniers für lebhafte Debatten über den Stellenwert der Titelkämpfe.

Über die Bedeutung des Tischtennis-Sports im Allgemeinen macht auch Boll sich Gedanken. Seiner Meinung nach fehlen professionelle Vereinstrukturen, Identifikation mit Spielern und regelmäßige Medienbegleitung für einen Aufschwung.

"Wir müssen es schaffen, dass jeder Verein professionelle Strukturen aufbaut", sagte Boll in dem Zeitungsinterview mit Blick auf den optimal organisierten Betrieb bei seinem Klub Borussia Düsseldorf: "Wir wollen, dass die Popularität des Tischtenmnis in Deutschland nicht nur an Düsseldorf oder mir festgemacht wird. Es soll sich auch mal jemand mit einem anderen Verein identifizieren.
Bei uns fehlt eine Fankultur."

(sid)
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