EM in Heerenveen: Claudia Pechstein wird ZweiteAnni Friesinger verteidigt EM-Krone
Heerenveen (rpo). Anni Friesinger hat mit einem dritten Platz beim 5000-Meter-Lauf in Heerenveen ihr drittes EM-Gold in Folge perfekt gemacht. Dauerrivalin Claudia Pechstein wurde Zweite und sorgte damit ebenfalls für die Fortsetzung einer tollen Serie.Im Ziel war sie wieder einmal "everybodys darling". Erschöpft, aber übergücklich griff sich Anni Friesinger einen Blumenstrauß aus dem Publikum und lief nach ihrem vierten Titelgewinn bei Allround-Europameisterschaften eine umjubelte Ehrenrunde. Logisch, dass die Olympiasiegerin aus Inzell an ihrem 27. Geburtstag die Ovationen der 13.000 Fans im Eisschnelllauf-Mekka Heerenveen besonders genoss. "Das war ein schwer erkämpftes Geburtstagsgeschenk. Es tut supergut vor so vielen Zuschauern, ich genieße jeden Moment. Ich habe jetzt auch noch die Kraft zum Feiern, denn ich habe mir den Erfolg hart erarbeitet", sagte Friesinger, die sich bei der Siegerehrung Tränen der Rührung aus den Augenwinkeln wischte. Ihre Rivalin Claudia Pechstein, zum vierten Mal in Folge mit EM-Silber dekoriert, gratulierte artig. Die Doppel-Olympiasiegerin aus Berlin ließ Tränen der Erleichterung fließen, nachdem sie im abschließenden 5000-m-Rennen noch die Niederländerin Renate Groenewold vom zweiten Rang verdrängt und somit für den fünften deutschen EM-Doppeltriumph in Folge gesorgt hatte. "Ich total happy, dass es gereicht hat. Das war für mich ein schwerer Kampf", sagte Pechstein. "Mission impossible" Mit dem EM-Gold von Heerenveen ist Anni Friesinger Vollgas in eine "Mission impossible" gestartet. Bis Mitte März kann die Powerfrau aus Bayern gewinnen, was vor ihr noch keine gewann: Medaillen bei allen Europa- und Weltmeisterschaften in einer Saison. Schon am Montag fliegt sie von Amsterdam aus nach Japan, um am kommenden Wochenende in Nagano erstmals bei Weltmeisterschaften im Sprint-Vierkampf zu starten. Im abschließenden 5000-m-Rennen war selbst Weltrekordlerin Pechstein in 7:03,15 Minuten chancenlos im Vergleich mit der überragenden Niederländerin Gretha Smit (6:58,34), die den Flachland-Weltrekord von Gunda Niemann-Stirnemann nur knapp verpasste. Friesinger wurde in 7:06,44 Minuten Dritte. Gerührt hatte die Inzellerin vor dem Start die "Happy Birthday"-Gesänge von den Rängen zur Kenntnis genommen: "Ich inhaliere die Stimmung, spüre das Vibrieren - da kann ich ganz viel Kraft rausziehen." Der Schlüssel zum TriumphDie Vorentscheidung im Titelkampf war am Samstag gefallen. "Das Silber über 3000 m war Gold wert. Das war für mich wie ein Freilaufen und der Schlüssel zum Triumph", meinte Friesinger, die in 4:08,28 Minuten das Lauf-Duell mit Claudia Pechstein (4:09,37) für sich entschied. Nur Gretha Smit (4:07,96) war schneller. Genauso wie über 1500 m eine andere Niederländerin: Renate Groenewold (1:57,81) lag vor Weltrekordlerin Friesinger (1:58,24), die Pechstein (1:58,37) nur hauchdünn auf Rang drei verwies. Zum Auftakt am Freitagabend war Friesinger mit dem Streckensieg über 500 m (39,28 Sekunden) an die Spitze des Klassements gesprintet. Gretha Smit als FavoritinClaudia Pechstein wertete ihr insgesamt fünftes EM-Silber als gutes Omen: "Das lässt für die weitere Saison einiges erhoffen." Mehr als das neuerliche Duell mit Friesinger bei der Mehrkampf-WM Anfang Februar in Hamar interessieren die Doppel-Olympiasiegerin die Einzelstrecken-Weltmeisterschaften in Seoul Mitte März. Allerdings meinte Pechstein auch: "Gretha Smit ist nach ihrer Leistung bei dieser EM jetzt die Favoritin über 5000 m." Überdies wird die 37 Jahre alte Gunda Niemann-Stirnemann nach ihrer Babypause zu den Hauptkonkurrentinnen auf den langen Strecken zählen. Friesinger mühte sich zuvorderst, die Erwartungen für Nagano zu dämpfen: "Vor allem geht es mir darum, mit einer guten 1000-m-Zeit die Qualifikation für die erste Startgruppe bei der Einzelstrecken-WM zu schaffen." Natürlich liebäugelt die Inzellerin aber mit einer Medaille, nachdem Kanadas 500-m-Olympiasiegerin Catriona LeMay-Doan zurückgetreten ist und die fünfmalige Weltmeisterin Monique Garbrecht-Enfeldt aus Berlin mit Knieproblemen kämpft. Friesingers Trainer Markus Eicher meint: "Läuft alles normal, werden die Niederländerin Marianne Timmer, Jennifer Rodriguez aus den USA und Anni auf dem Treppchen stehen." Jan Friesinger mit bester Saison-PlatzierungBei den Herren erzielte Jan Friesinger als Neunter seine bislang beste Platzierung bei einer Allround-EM. Zum Abschluss belegte Anni Friesingers jüngerer Bruder über 10.000 m mit der persönlichen Bestzeit von 14:11,72 Minuten den 14. Platz. Der 23-Jährige hatte zum Auftakt über 500 m als Dritter erstmals eine Streckenmedaille gewonnen. Der Berliner Tobias Schneider wurde nach dem 12. Rang über die Langstrecke in 14:03,20 Minuten an 15. Position der Gesamtwertung notiert. Die beiden Platzierungen unter den Top 16 sicherten der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) zwei Männer-Startplätze bei den Weltmeisterschaften am 7./8. Februar im norwegischen Hamar. Der EM-Titel ging zum 3. Mal hintereinander und zum 12. Mal in den vergangenen 13 Jahren an einen Niederländer. Der Vorjahresdritte Mark Tuitert gewann mit dem Punkteweltrekord von 151,691 Zählern deutlichem Vorsprung vor seinen Landsleuten Carl Verheijen und Jochem Uytdehaage, der die alte Bestmarke von 152,482 Punkten hielt.STATISTIK:Eisschnelllauf, Allround-Europameisterschaften in Heerenveen/Niederlande: Männer (500, 1500, 5000, 10.000 m): 500 m: 1. Mika Poutala (Finnland) 36,09 Sekunden, 2. Mark Tuitert (Niederlande) 36,18, 3. Jan Friesinger (Inzell) 36,35, 4. Jewgeni Lalenkow (Russland) 36,45, 5. Petter Andersen (Norwegen) 36, 46, 6. Jochem Uytdehaage (Niederlande) 36,70, ... 18. Tobias Schneider (Berlin) 38,23 1500 m: 1. Tuitert 1:47,41 Minuten, 2. Lalenkow 1:48,01, 3. Carl Verheijen (Niederlande) 1:48,80, 4. Uytdehaage 1:48,90, 5. Enrico Fabris (Italien) 1:49,64, 6. Iwan Skobrew (Russland) 1:49, 84, ... 9. Friesinger 1:50,34, ... 19. Schneider 1:53,85 5000 m: 1. Verheijen 6:26,43 Minuten, 2. Tuitert 6:27,63, 3. Gianni Romme (Niederlande) 6:29,88, 4. Uytdehaage 6:31,93, 5. Fabris 6:34,87, 6. Skobrew 6:35,55, ... 13. Schneider 6:45,05, ... 17. Friesinger 6:48,76 10.000 m: 1. Verheijen 13:22,91 Minuten, 2. Romme 13:26,34, 3. Lasse Saetre (Norwegen) 13:28,29, 4. Uytdehaage 13:30,51, 5. Tuitert 13:38,91, 6. Skobrew 13:42,31, ... 12. Schneider 14:03, 20, ... 14. Friesinger 14:11,72 Endstand nach 4 Disziplinen: 1. Tuitert 151,691 Punkte (Weltrekord), 2. Verheijen 152,194, 3. Uytdehaage 152,718, 4. Romme 153,871, 5. Skobrew 154,013, 6. Lalenkow 154,688, ... 9. Friesinger 156,592, ... 15. Schneider 158,845 Frauen (500, 1500, 3000, 5000 m): 500 m: 1. Anni Friesinger (Inzell) 39,28 Sekunden, 2. Wieteke Cramer (Niederlande) 39,53, 3. Claudia Pechstein (Berlin) 40,08, 4. Barbara de Loor (Niederlande) 40,21, 5. Nicola Mayr (Italien) 40, 29, 6. Renate Groenewold (Niederlande) 40,34, ... 9. Daniela Anschütz (Erfurt) 40,67, ... 13. Lucille Opitz (Berlin) 41,01 (sid) 1500 m: 1. Groenewold 1:57,81 Minuten, 2. Friesinger 1:58,24, 3. Pechstein 1:58,37, 4. Cramer 2:00,20, 5. de Loor 2:00,46, 6. Olga Tarasowa (Russland) 2:01,76, ... 8. Opitz 2:02,44, ... 11. Anschütz 2:03,39 3000 m: 1. Gretha Smit (Niederlande) 4:07,96 Minuten, 2. Friesinger 4:08,28, 3. Groenewold 4:08,45, 4. Pechstein 4:09,37, 5. Cramer 4:14,18, 6. de Loor 4:15,30, 7. Opitz 4:15,61, ... 12. Anschütz 4:21,73 5000 m: 1. Smit 6:58,34 Minuten, 2. Pechstein 7:03,15, 3. Friesinger 7:06,44, 4. Groenewold 7:08,45, 5. de Loor 7:14,77, 6. Cramer 7:15,41, ... 8. Opitz 7:18,70, 9. Anschütz 7:20,63 Endstand nach vier Disziplinen: 1. Friesinger 162,717 Punkte, 2. Pechstein 163,412, 3. Groenewold 163,863, 4. Cramer 165,500, 5. de Loor 166,390, 6. Smit 166,590, 7. Opitz 168,294, ... 11. Anschütz 169,484