Paderborn Borussia reift zur Spitzenmannschaft

Paderborn · Das 2:1 in Paderborn ist Gladbachs zehntes Pflichtspiel ohne Niederlage. Auch wenn die Verantwortlichen Rang zwei nur als Momentaufnahme werten, weist Borussia inzwischen unbestreitbar Merkmale eines Top-Teams auf.

In Mönchengladbach gibt es einen unumstößlichen Maßstab, wann eine Borussen-Mannschaft etwas sehr Gutes geleistet haben muss: Immer dann nämlich, wenn Vergleichbares zuletzt der glorreichen Fohlenelf aus den 70er-Jahren gelungen war. Aktuell darf sich Borussia in diesen Tagen mal wieder mit einem solchen Vergleich schmücken. Beim 2:1 in Paderborn (Tore durch Patrick Herrmann und Raffael) blieben die Gladbacher auch im zehnten Pflichtspiel der Saison ungeschlagen, und das war Borussia zuletzt vor 39 Jahren unter dem Trainer Udo Lattek gelungen. Am Ende dieser Spielzeit 1975/76 war Gladbach Deutscher Meister.

Den Titel würde zwar im September 2014 kein Beteiligter am Niederrhein ernsthaft als Ziel nennen, aber nach dem Sprung auf Tabellenplatz zwei spiegelte sich in Granit Xhakas Worten zumindest gewachsenes Selbstbewusstsein wieder. Der Anspruch, zu den vorderen Teams dieses Landes gehören zu wollen. "Es ist sicher noch zu früh, auf die Tabelle zu schauen, aber wenn man sieht, dass wir seit zehn Spielen ungeschlagen sind, können wir nach oben schauen", sagte der Schweizer Nationalspieler.

Das neue Selbstvertrauen ist in Mönchengladbach förmlich greifbar. Borussias Machern geht es nun darum, diese begründete Euphorie nicht in Vermessenheit ausarten zu lassen. "Wir wollen einfach Punkte sammeln. Jetzt haben wir zwölf, das ist eine schöne Momentaufnahme. In der Bundesliga bist du mal vor, mal hinter der Welle. Momentan bewegen wir uns vor der Welle", sagte Sportdirektor Max Eberl. Zu diesem Bemühen um realistische Einordnung des formidablen Saisonstarts gehört indes unbestreitbar auch die Erkenntnis, dass die Borussen inzwischen mehrere Merkmale aufweisen, die unter dem Strich ein Spitzenteam ausmachen.

Borussia gewinnt die engen Spiele. 1:0 gegen den HSV, 2:1 in Paderborn - die jüngsten beiden Erfolge gehen nicht als Kantersiege durch, obwohl in beiden Fällen die Torchancen locker für ein 3:0 oder 4:0 gereicht hätten. Doch wo Gladbach in der Vergangenheit solch eine Partie noch aus der Hand gegeben hätte, bringt sie heute die drei Punkte nach Hause. "Das ist bestimmt eine Entwicklung. Der nächste Schritt bestünde dann darin, solche Spiele frühzeitig zu entscheiden, denn solche Siege zeugen zwar von Qualität und von guter Organisation, aber du brauchst eben auch immer ein Quäntchen Glück", sagte Eberl.

Borussia macht hinten dicht. Knappe Siege über die Zeit retten kann ein Team, das nicht viele Gegentore zulässt. Drei sind es in sechs Ligaspielen (Bestwert in der Vereinshistorie), sieben in zehn Pflichtspielen. Die Verteidiger Martin Stranzl und Tony Jantschke sowie die Doppelsechs aus Xhaka und Christoph Kramer bilden das Herzstück einer intelligent verteidigenden Defensive. "Das sind wichtige Korsettstangen, die aktuell einen guten Job machen", sagte Eberl.

Borussia rotiert ohne Qualitätsverlust. In Paderborn tauschte Trainer Lucien Favre vier Spieler aus der Startelf des HSV-Spiels aus - so auch die Topscorer André Hahn und Max Kruse. Allein: Gladbachs Leistung tat dies keinen Abbruch. "Ein Spieler geht raus, ein anderer kommt rein, und man erkennt keine Schwächung", sagte Xhaka. Favre vollführt die Rotation bislang erfolgreich, der Tanz auf drei Hochzeiten gelingt dadurch. "Wir haben halt mittlerweile Spieler, die sich nahtlos einbringen können. Das gibt der Kader momentan her, das hält den Kader auch motiviert", sagte Eberl.

Und so wirkt Borussia in dieser Saison deutlich gereifter. In der Summe noch weiter als in der Super-Saison 2011/12 mit einem Marco Reus. Die etatmäßigen Spitzenklubs haben ein so verbessertes Gladbach deswegen längst als neue Konkurrenz eingeordnet. Ganz so wie damals die Fohlenelf in den 70er-Jahren.

(RP)
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