Manuel Charr kämpft um Schwergewichtstitel "Ich werde Weltmeister, zu hundert Prozent"

Oberhausen/Köln · Manuel Charr will als erster Deutscher seit Max Schmeling Schwergewichts-Weltmeister werden. Ein ambitioniertes Ziel, denn die großen Titel blieben beim von Schicksalsschlägen geprägten Boxprofi bisher aus.

 Manuel Charr (r.) und Alexander Ustinow auf der Pressekonferenz vor dem Kampf am Samstag.

Manuel Charr (r.) und Alexander Ustinow auf der Pressekonferenz vor dem Kampf am Samstag.

Foto: dpa, rwe

Als Manuel Charr die Trainingsfläche betrat, wirkte sein Gang noch etwas staksig. Kein halbes Jahr nach einer Hüftoperation lechzt der Kölner Boxprofi am Samstagabend (21.30 Uhr/Sky) im WM-Kampf gegen den Russen Alexander Ustinow nach dem vakanten WBA-Gürtel im Schwergewicht. Doch auch wenn sich Charr in seinem von Schicksalsschlägen geprägten Leben immer wieder zurückkämpfte, stand er bislang am Ende meist mit leeren Händen da.

"Ich werde Weltmeister, zu hundert Prozent", sagte Charr dem SID. Ziemlich selbstbewusst, denn der letzte Deutsche, der sich mit diesem Titel krönte, war ein gewisser Max Schmeling 1930. Und jetzt soll ausgerechnet Manuel Charr dem angeschlagenen deutschen Boxen wieder zu mehr Glanz verhelfen? Dass der 33-Jährige bei dem WM-Kampf in der König-Pilsener-Arena in Oberhausen antreten darf, wird durchaus kritisch beäugt.

Charr gewann 28 seiner 34 Profikämpfe, die meisten davon bestritt er allerdings gegen zweitklassige Gegner, ohne nennenswerte Titel geholt zu haben. Dagegen kassierte der selbsternannte "Koloss von Köln" seine vier Karriereniederlagen unter anderem gegen Weltklasseboxer wie Witali Klitschko. 2012 unterlag er dem ehemaligen WBC-Champion in Moskau chancenlos nach technischem K.o.

Doch weil er 2016 den Schweizer Cruisergewichtler Sefer Seferi besiegte, wurde Charr in die Weltrangliste des Boxverbandes WBA aufgenommen und profitierte von den Sperren der höher gelisteten Dopingsünder Luis Ortiz (1) und Shannon Briggs (4), deren jeweiligen WM-Kämpfe platzten. Durch den Ausschluss von US-Oldie Briggs rückte Charr von Platz sechs auf vier und der Kampf gegen Ustinow wurde möglich.

"Die Kritiker sollen sich vorher schlau machen, bevor sie urteilen," sagt Charr und sieht sich mit Recht zum Titelkampf berufen: "Es geht nach der Rangliste und ich bin nun mal in der Pole-Position." Sein Kontrahent besetzt Platz zwei des Rankings und geht gegen den Deutsch-Libanesen als Favorit ins Rennen. Mit 40 Jahren verbucht er in seiner Profilaufbahn 34 gewonnene Kämpfe, 25 durch vorzeitiges K.o.

Seine Vorbereitung laufe gut, er werde siegen und den Titel mit nach Hause nehmen, sagte der im Gegensatz zu Charr eher schweigsame "Alexander der Große". Den Namen trägt der massige Hüne nicht ohne Grund: Mit 2,02 Meter ist er zehn Zentimeter größer als sein Herausforderer und bringt mit 136 Kilogramm rund 30 Kilo mehr auf die Waage.

Doch Charr beeindruckt das wenig. "Er ist ein Bär, aber ich bin ein Jäger", konterte der Boxer, der sich auch außerhalb des Rings von Rückschlägen nicht einschüchtern ließ. Neben der zurückliegenden OP, bei der ihm aufgrund einer starken Dysplasie zwei neue Hüftgelenke eingesetzt wurden, kämpfte der "Diamond Boy" 2015 um sein Leben.

In einem Imbiss in Essen war er niedergeschossen und dabei lebensbedrohlich verletzt worden. Sein starker Wille und Kampfgeist brachten ihn schon im Sommer 2016 zurück in den Ring. Nun sei es "Zeit für ein Happy End", sagte Charr: "Ich habe gearbeitet wie ein Besessener."

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort