Klitschko-Brüder dominieren den Markt Der schwere Kampf des Boxsports

Düsseldorf · Die Klitschkos dominieren den Markt, aber viele Projekte sind auf der Strecke geblieben. Das Frauenboxen zum Beispiel ist fast völlig von der Bildfläche verschwunden, weil sich kein großer Sender findet, der die Kämpfe überträgt.

Vor ein paar Jahren hatten ein paar findige Kreative eine total lustige Idee. Um die zwei ambitionierten Boxer Wladimir und Vitali Klitschko auf dem deutschen Markt besser vermarkten zu können, bastelte man an Künstlernamen für die Ukrainer. Herausgekommen sind Walter und Willi Klitschmann. Die Gebrüder Klitschko lehnten den vermeintlichen Marketing-Coup des damaligen Arbeitgebers "Universum" dankend ab und verwiesen darauf, ihre Wurzeln nicht verleugnen zu wollen. Geschadet hat ihnen diese Entscheidung nicht. Die Klitschkos dominieren mit Haussender "RTL" den Markt in erdrückender Weise, der Box-Stall aus Hamburg hat 2012 Insolvenz angemeldet.

Das "Rette-sich-wer-kann"-Prinzip haben nicht nur die Klitschkos als perfektionierte "Wir-AG" vorzüglich umgesetzt. Auch Alleinunterhalter wie Felix Sturm, der setzte auf einen Künstlernamen (bürgerlich Adnan Catic), sind untergekommen. Sturm boxt bei "Sat.1", inszeniert wird er wie ein Großer, sein Produkt ist allerdings bescheiden.

Viele andere sind auf der Strecke geblieben, weil sie sich nicht rechtzeitig als Marke positioniert haben. Frauenboxen ist fast ganz von der Bildfläche verschwunden. Die Mönchengladbacherin Ina Menzer gab unter anderem entnervt auf, weil sich kein Sender fand, der weiter auf großer Bühne die Kämpfe übertragen wollte. Das alles kann man je nach Sicht der Dinge bedauern oder gutheißen — die Konsequenz daraus ist klar: die Vielfalt geht verloren.

Die Unternehmung "Sauerland" aus Berlin ist in der glücklichen Lage, noch einen TV-Vertrag mit der ARD zu besitzen. Der läuft 2014 aus. Hinter den Kulissen wird eifrig um eine Fortsetzung des gut dotierten Deals gerungen. Die öffentlich-rechtliche Anstalt ist durchaus bereit, weiter in die Sportart zu investieren, durch interne Sparzwänge ist sie aber gehalten, weniger auszugeben. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky hat dem Fachmagazin "Boxsport" bestätigt, mitten in Verhandlungen zu stecken.

Ein möglicher Ausstieg der ARD würde für die Szene ein weiterer Tiefschlag sein. "Ohne einen gut dotierten Fernsehvertrag können wir den Aufbau, wie wir ihn seit vielen Jahren leisten, nicht mehr durchführen", erklärt Kalle Sauerland, Sohn von Firmengründer Wilfried Sauerland. Er meint damit die kostspielige Heranführung von Talenten ans große Geschäft.

Typen, die einen harten Schlag haben und technisch gut ausgebildet sind — das ist die eine Sache. Typen, die dem deutschen Publikum auch als Helden zu vermitteln sind, eine viel schwierigere. Es braucht Zeit und einen ziemlich langen Atem. Bei Arthur Abraham (Supermittel) ist das vergleichsweise gut gelungen. Der gebürtige Armenier hat längst seinen Zenit überschritten, wird dennoch tapfer durch die Ringveranstaltungen mangels Alternativen geschleppt und vom Publikum als früherer "Box-Schlumpf" für seine Tapferkeit verehrt. Man wartet nun munter auf einen weiteren großen Kampf. Er ist nicht in Sicht.

Marco Huck (Cruisergewicht) und Jürgen Brähmer (Halbschwer) — auch sie sind etablierte Boxer, auch sie leben aber vor allem von der Ankündigung, als talentierte Kräfte Besonderes schaffen zu können. Aber was konkret? Huck hat lautstark den Aufstieg ins Schwergewicht gefordert. Man hat ihn nach einem kurzen Ausflug (Punktniederlage gegen Alexander Powetkin) gebremst und so vor schwereren Verletzungen in einer Klasse mit den Klitschkos bewahrt.

Promoter Sauerland unterstreicht den Stellenwert seines Produkts, wenn er feststellt: "Ich bin fest davon überzeugt, dass es mit der ARD weitergeht, weil Boxen in Deutschland der drittwichtigste TV-Sport nach Fußball und Formel 1 ist und wir in den kommenden Monaten und Jahren tolle Kämpfe bieten können." Das ist seine Sicht der Dinge. Kritiker werfen der Branche vor, viel Masse und wenig Klasse zu produzieren. Der Boxsport hinter den Klitschkos hat keinen leichten Stand.

(RP)
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