Buh-Rufe für Sieger Mayweather Der "Jahrhundert-Kampf" enttäuscht die Fans

Las Vegas · Viel Langeweile, kein Fight bis zum Letzten, Pfiffe gegen den Sieger: Der "Boxkampf des Jahrhunderts" zwischen Gewinner Floyd Mayweather und Manny Pacquiao ließ jede Menge Wünsche offen.

Floyd Mayweather junior schlägt Manny Pacquiao: die Bilder des Kampfs
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Mayweather besiegt Pacquiao: die Bilder des Kampfs

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Foto: ap, DP CC TS

Mayweather stand mit verschränkten Armen auf den Ringseilen und schüttelte verärgert den Kopf. Die Buh-Rufe und Pfiffe der Fans erwischten den Protz-Boxer wie weitere Wirkungstreffer. Doch in der Tat hatte Mayweather bei seinem einstimmigen Punktsieg gegen Pacquiao in Las Vegas kaum Glanz versprüht — vom viel zitierten "Kampf des Jahrhunderts" konnte schon gar keine Rede sein.

Während Experten und Fans in aller Welt den Fight bitter enttäuscht kommentierten, rechtfertige sich Mayweather für seine unspektakuläre Darbietung. Ein anderer Kampf sei gegen einen Gegner dieses Kalibers nicht möglich gewesen: "Ich musste alles geben, um zu gewinnen. Ich weiß jetzt, warum Manny Pacquiao so berüchtigt ist", sagte der 38-Jährige nach seinem einstimmigen Punktsieg (116:112, 116:112, 118:110). Der Dauer-Champion blieb im 48. Profi-Kampf unbesiegt und hält nun im Weltergewicht die Titel der Verbände WBA, WBO und WBC. Doch Mayweather spuckte anschließend auch schon wieder große Töne: "Ich wurde als Gewinner geboren und werde als Gewinner sterben. Ich bin jedem Boxer zehn Schritte voraus."

Pacquiao gehemmt, Mayweather clever

Kein Zweifel: Die kleinen Männer aus dem Weltergewicht boten in der Nacht zu Sonntag in der MGM Grand Garden Arena von Las Vegas absolutes Top-Niveau. Doch das erwartete Riesenspektakel im Seilgeviert blieb aus. Dazu stürmte Pacquiao zu selten nach vorne, vielleicht auch geschwächt durch seine Schulter-Verletzung, und dafür war Mayweather wieder einmal ein viel zu cleverer Defensivboxer, der sich nicht vorführen lässt.

Auch wenn der Protz-Boxer die Massen nicht begeisterte, Mayweather ist ein würdiger Pound-for-Pound-King. Seine Schnelligkeit, seine Schlageffizienz, seine Beweglichkeit sind beeindruckend. Er bleibt der Meister aller Klassen — ein Titel, der früher einmal dem Schwergewicht vorbehalten war. Doch seit in der Königsklasse keine gleichstarken Gegner mehr in den Ring steigen, lohnt sich umso mehr der Blick in Mayweathers Gewichtsklasse - auch wenn es dort am Wochenende nur den Kampf des Jahrzehnts zu erleben gab.

Doch auch Pacquiao konnte wenig zu einem von Millionen Fans weltweit herbeigesehnten Spektakel beisteuern. Nach der dritten Runde schwächte ihn nach eigenen Angaben eine Verletzung in der rechten Schulter. Schon vor drei Wochen klagte der "Pac-Man" über Schmerzen, in den letzten Tagen vor dem Kampf ging es aber wieder besser. Am Ende des Fights hatte der Filipino mit dem großen Herzen dann ein wenig die Orientierung verloren. "Ich dachte, dass ich diesen Kampf gewonnen hätte", sagte der 36-Jährige, obwohl er nach Punkten klar hinten lag.

Sting: "Das war heute kein Jahrhundert-Kampf"

Die 16.500 Besucher, darunter zahllose Promis, verließen weitgehend ernüchtert die MGM Grand Garden Arena. Die Hollywood-Stars Clint Eastwood und Robert de Niro gehörten genauso dazu wie die früheren NBA-Giganten Michael Jordan und Magic Johnson oder Tennis-Ikone Steffi Graf. Pop-Star Sting sagte nach der 12. Runde dem SID: "Ich mag ja die Boxer. Aber das war heute kein Jahrhundert-Kampf."

Kult-Trainer Uli Wegner schimpfte sogar wie ein Rohrspatz. "Das war eine miserable Vorstellung, die Mayweather gezeigt hat. Der Kampf ließ viele Dinge offen, ich bin richtig enttäuscht", sagte der Berliner bei Sky. Sein Schützling Arthur Abraham reagierte ebenfalls enttäuscht: "Ich muss ehrlich sagen, dass ich einen besseren Kampf erwartet habe. Ich hoffe, dass sie noch einmal gegeneinander boxen." Ex-Champion und Sky-Experte Graciano Rocchigiani sprach sogar von einem "langweiligen Scheißkampf."

Zu einem Re-Match wird es nicht mehr kommen, das hatte Mayweather im Vorfeld bereits ausgeschlossen. Der über alle Gewichtsklassen hinweg beste Pound-for-Pound-Boxer will im September noch einen Kampf machen und dann ungeschlagen von der Bühne abtreten. Damit hätte er den Langzeit-Weltrekord von Rocky Marciano geknackt, der nach 49 Kämpfen ohne Niederlage als Weltmeister Schluss gemacht hatte.

Insgesamt hat Mayweather fünf WM-Titel. Die drei aus dem Weltergewicht und zwei aus dem Super-Weltergewicht. Diese will er allesamt zu Beginn der kommenden Woche niederlegen. "Ich möchte anderen Kämpfern eine Chance geben", sagte der Champion gönnerhaft. Wahrscheinlicher ist, dass sich "Money" nur von der Pflicht befreien will, in drei Monaten schon einen seiner vielen Titel verteidigen zu müssen.

Mayweather beherrscht den Kampf

Auch wenn Mayweather mit seinem Stil die Massen in der Spieler-Metropole nicht begeistern konnte, zeigte er druchaus eindrucksvolle Defensiv- und Konterqualitäten. Von Pacquiaos Schlägen (429) fanden nur 19 Prozent (81) ins Ziel. Der US-Amerikaner kam immerhin auf eine Trefferquote von 25 Prozent. 148 seiner 435 Schläge trafen ins Schwarze.

Anerkennung erfuhr er dafür wenig: "Mayweather hat gar nichts riskiert, dadurch kam dieser langweilige Kampf zu Stande", meinte Rocchigiani, und Ex-Champion Mike Tyson ätzte via Twitter: "Darauf haben wir fünf Jahre gewartet... #unbeeindruckt".

Pacquiao kassierte im 64. Kampf seine sechste Niederlage und steht vor dem Ende seiner Karriere. Immerhin kassierte der Volksheld von den Philippinen, wo Hunderttausende Fans die Niederlage zur Mittagszeit mit Bestürzung aufnahmen, 100 Millionen US-Dollar. Die Hälfte davon will er für gute Zwecke in seiner Heimat einsetzen. Mayweather indes dürfte mit seiner Rekord-Börse von 150 Millionen seine Luxus-Auto-Flotte weiter aufstocken.

Zumindest finanziell durften sich beide Seiten wie Sieger fühlen. Insgesamt soll der Kampf den Rekord-Umsatz von 400 Millionen Dollar einspielen. Die Einnahmen durch das Pay-TV sollen 300 Millionen Dollar betragen, 74 Millionen Dollar wurden durch den Ticketverkauf in die Kassen gespült. Was das Geld betraf, hatte Las Vegas tatsächlich einen Jahrhundert-Kampf erlebt.

(sid)
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