Boxen Ohne Gürtel: Schwierige Zeiten für Sturm

Statt Doppelweltmeister ist Felix Sturm nur noch Ex-Champion. Der Profiboxer hat im Titelvereinigungskampf gegen den Australier Geale verloren. Jetzt beginnen schwierige Zeiten für Sturm.

Boxen: Felix Sturm - David Geale
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Felix Sturm kämpfte mit den Tränen. "Zwei Weltmeistergürtel wären so schön gewesen", gestand er mit bebender Stimme, während das linke Auge unter dem stark geschwollenen Lid zuckte. Der Profiboxer aus Köln hatte den Titelvereinigungskampf gegen den Australier Daniel Geale verloren und damit nicht nur dessen IBF-Gürtel im Mittelgewicht verpasst, sondern auch seinen eigenen Titel als Superchampion der WBA eingebüßt. Seit fünf Jahren besaß Sturm ununterbrochen WM-Titel. Jetzt ist er nur noch Ex-Weltmeister.

Das Urteil Samstagnacht in der Arena Oberhausen fiel gesplittet aus. Der Kampfrichter aus den USA wertete 116:112 für Sturm, die Unparteiischen aus Großbritannien und Südafrika 116:112 für Geale. Knapp sieht irgendwie anders aus. "Ich weiß nicht, ob das ein Fehlurteil war", meinte der 33-jährige Sturm.

Das Gefecht hätte nach Ansicht vieler Beobachter unentschieden ausgehen müssen. Warum die Kampfrichter so widersprüchlich werteten, liegt im Betriebssystem des Profiboxens begründet. Die Punktrichter sind nicht so unparteiisch, wie sie eigentlich sein sollten. Geales US-Promoter Gary Shaw hat wesentlich mehr Einfluss in den Verbänden als Sturm-Promotion. "Das Urteil geht gar nicht", wetterte Sturms Trainer Fritz Sdunek, wobei er weniger die Niederlage für seinen Schützling als vielmehr die Punktediskrepanz kritisierte.

Dass er seinen Titel ernsthaft verlieren würde, hatte Sturm nicht eingeplant. "Er hat sich von allen Weltmeistern im Mittelgewicht den schwächsten ausgesucht", meinte Jean-Marcel Nartz, Vorstandsmitglied des Europa-Verbandes EBU. Doch selbst der schwächste war zu stark für Sturm. Die anderen Champions wie Gennadi Golowkin (Kasachstan/WBA), Dimitri Pirog (Russland/WBO), Sergio Martinez (Argentinien) und Julio Chavez (Mexiko/beide WBC) werden ohnehin höher als der Deutsche eingeschätzt.

Sturm litt an Selbstüberschätzung, als er den Kampf fast zeitgleich mit dem von Vitali Klitschko terminierte. Dadurch musste er wochenlang auf seinen Trainer Sdunek verzichten. Der 65-Jährige ist vertraglich zuerst an Schwergewichts-Weltmeister Klitschko gebunden und bereitet den Ukrainer auf dessen WM-Kampf am kommenden Samstag vor.

So konnte sich Sdunek erst kurz vor dem Fight um Sturm kümmern. Was er dann von seinem Schützling gegen Geale sah, konnte ihn kaum erfreuen. Der Coach beklagte fehlende Frische bei Sturm. Geale war aktiver, variabler in seinen Schlägen. "Felix hätte sich mehr bewegen müssen. Er ist aber wieder stehengeblieben", monierte Sdunek.

Wie es weitergeht mit Sturm, ist offen. "Diese Niederlage ist nicht so schlimm wie die letzte gegen Javier Castillejo", sagte Sturm und suchte Trost im Privatem. "Mein Sohn ist gesund. Ich habe meine Frau, und mein Vater ist da." 2006 hatte er seinen WBA-WM-Titel an den Spanier verloren. Kurz danach starb auch seine Mutter. "Damals war ich in einem Loch." Jetzt versprach er nach der Pleite gegen Geale: "Ich komme wieder."

Das hofft auch Sat.1. Schließlich ist Sturm Hauptkämpfer des Senders und soll mindestens dreimal im Jahr über die Mattscheiben flimmern. "Unsere Partnerschaft ist ungebrochen. Wir werden sehen, wie wir die nächsten Kämpfe angehen", meinte Markan Karajica, Vorsitzender der ProSieben-Sat.1-Geschäftsführung.

Dennoch wird es kompliziert: Als Champion kann man auch No-Name-Rivalen einkaufen - es bleiben immer WM-Kämpfe, die einen hohen Werbewert haben. Bei Nicht-Titelkämpfen nimmt das Interesse sowohl bei Zuschauern als auch Werbepartnern ab. Da ist auch der Wechsel der Ex-Weltmeisterin Susi Kentikian von Ulf Steinforth ins Sturm-Lager kein Durchbruch.

An dem von ihm selbst ins Gespräch gebrachten Kampf gegen WBO-Supermittelgewichts-Weltmeister Arthur Abraham will Sturm aber nicht ran. "Abraham will eine Plattform durch mich. Abraham muss dankbar sein, dass ich es mich gibt. So kommt er in die Presse. Man muss doch nur seine letzten Niederlagen sehen", verkündete er und stellte die altbekannte Arroganz zur Schau. Vielleicht ist ja Sturm noch einmal dankbar, dass es Abraham gibt.

(dpa)
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