London Darts-Legende lässt es ruhiger angehen

London · "Ich will mich im Herbst meiner Karriere entspannen", sagte Phil Taylor bei der WM in London.

Ein bisschen Unterschied muss schon sein zwischen einem Phil Taylor und der nächsten Generation. Als ihn die jüngeren Spieler kürzlich gefragt hatten, ob er das soziale Netzwerk Snapchat nutze, schaute der beste Darts-Spieler aller Zeiten verdutzt. "Dann fragte ich: "Sprechen wir jetzt mit Krokodilen? Ich habe keine Ahnung, worum es geht" sagte Taylor. Hype in den sozialen Medien? Das ist nichts für die 56 Jahre alte Legende aus Stoke-on-Trent. "Ich gehe nie auf Twitter oder Facebook. Das macht mein Assistent für mich", erklärte er dem "Guardian". Über 300.000 Fans folgen ihm dennoch bei dem Kurznachrichtendienst. Sein Assistent wird es ihm berichtet haben.

Kaum eine Sportart ist so sehr mit einer Persönlichkeit verknüpft wie Darts mit Taylor. 16 Weltmeister-Titel hat er gewonnen, 14 bei der PDC (Professional Darts Corporation) und zwei bei der BDO (British Darts Organisation). Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist der Superstar nur als "The Power" bekannt, sein Einmarsch in den Londoner Alexandra Palace wird zum Song "I've got the power" von Snap so inszeniert wie bei keinem anderen Konkurrenten in der Weltspitze. "Wenn ich etwas anfange, dann will ich der Beste sein", beschrieb der Engländer einmal seinen Anspruch.

Lange Jahre war er mit den Metallpfeilen nicht nur der Beste, sondern quasi unschlagbar. Zwischen 1994 und 2010 stand Taylor nur einmal nicht im WM-Finale, er gewann 13 von 17 möglichen Titeln. Von seinen Preisgeldern kauft Taylor Häuser und bietet bezahlbaren Wohnraum an, der Darts-Held ist nicht nur Vater, sondern auch Opa, doch ganz aufhören mit seiner Leidenschaft kann er noch nicht.

So dominant wie in der Vergangenheit ist Taylor längst nicht mehr, Rivalen wie der Niederländer Michael van Gerwen haben ihm sportlich den Rang abgelaufen. Bei der WM in London könnte es zu einem brisanten Aufeinandertreffen der beiden Stars im Halbfinale kommen. "Meine Vorbereitung auf die WM war perfekt. Für mich geht es darum, gesund und bereit in die wichtigen Runden zu gehen - das ist es, was für mich zählt", erklärte Taylor. Vorher wartet heute Abend aber sein Zweitrundenmatch gegen Landsmann Kevin Painter. Diesen hat er bei der WM schon fünfmal bezwungen, darunter auch im Endspiel 2004.

Ein heißer Anwärter auf die Trophäe ist er auch mit 56 Jahren noch, das weiß Taylor. Doch ein Vierteljahrhundert in der Szene haben "The Power" geprägt, in der Zukunft plant er, weniger Darts-Turniere zu spielen. "Ich will das jetzt alles genießen und es langsamer angehen", sagte er am Rande der Weltmeisterschaft in der englischen Hauptstadt. Konkret bedeute das, dass er nur noch "die Events, für die ich mich qualifiziert habe und bei denen ich eingeladen werde" spielen wolle. "Ich will mich im Herbst meiner Karriere entspannen und mein Leben genießen", begründete Taylor die Entscheidung. Er sehnt sich nach einem normalen Leben mit Freizeit und Enkeln statt der Profitour mit Reisen und Dartpfeilen. "Ich freue mich darauf, dafür bin ich bereit: Ein Leben, in dem ich nicht mehr jede Woche auf den Autobahnen unterwegs bin und ständig in irgendwelchen Hotels übernachten muss, sondern regelmäßig daheim bin", sagte Taylor.

Ein abruptes Ende kommt für ihn aber nicht infrage, stattdessen "will ich langsam etwas herunterfahren". Bei der WM will er es trotzdem noch mal wissen.

(dpa)
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