Stuttgart Der "Bretschneider" ist noch nicht anerkannt

Stuttgart · In den nächsten Tagen entscheidet der Kunstturn-Weltverband, ob der vom Chemnitzer entwickelte Übungsteil am Reck aufgenommen wird.

Stuttgart: Der "Bretschneider" ist noch nicht anerkannt
Foto: afp, GB/JH

Am Freitag noch genoss Andreas Bretschneider den Moment. 5000 Kids feierten ihn wie einen Popstar, nachdem er sich beim DTB-Pokal der Kunstturner in Stuttgart in die Geschichtsbücher geturnt hatte. Gestern aber musste Wolfgang William, Sportdirektor des Deutschen Turner-Bundes, einräumen, dass der Weltverband (FIG) erst in den kommenden Tagen entscheidet, ob es den Übungsteil "Bretschneider" geben wird. "Zwar ist Stuttgart, wie im Reglement vorgeschrieben, ein Weltcup-Wettbewerb. Ob die darin integrierte Team-Challenge, bei der Andreas geturnt hat, als gleichwertig eingestuft wird und damit für die Anerkennung herangezogen werden kann, ist noch nicht geklärt, sagte William, der Mitglied des FIG-Exekutivkomitees ist.

Am Freitag hatte der Sportsoldat Bretschneider den von ihm entwickelten Salto über die Reckstange (Kovacs) mit anschließender Doppelschraube geschafft. Er schien damit die Aufnahme in die Turnerbibel "Code de Pointage" geschafft zu haben - und das als bislang einziger in der schwierigsten Kategorie (H-Teil). "Das war ein hartes Stück Arbeit", betonte der Chemnitzer. Bei ganzen acht der ersten 800 Versuche hatte er die Hände brauchbar an die Reckstange gebracht. Und als die Weltpremiere bei der WM im Oktober in Nanning (China) zum Greifen nah erschien, versagten dem Sachsen die Nerven.

"Daran habe ich schon geknabbert. Ich musste mit meiner Mentaltrainerin erstmal den ganzen Käse aus dem Kopf kriegen", sagte Bretschneider. Zuletzt lag die Erfolgsquote im Training wieder bei 80 Prozent, und auf nationaler Ebene gelang der "Bretschneider" bereits vor einer Woche beim Bundesliga-Finale in Karlsruhe.

Seit 1970 ist der Chemnitzer der 13. deutsche Turner, nach dem ein Element benannt ist. Vorgänger am Reck waren unter anderem Bernd Jäger, Eberhard Gienger und Daniel Winkler, die jeweils einen neuen Salto am Königsgerät kreierten. Zuletzt wurde 2010 dem Hallenser Matthias Fahrig diese Ehre zuteil, als er eine neue Sprungreihe am Boden im Wettkampf präsentierte.

Teamkollegen Bretschneiders wie Ex-Weltmeister Fabian Hambüchen oder der Olympiazweite Marcel Nguyen hingegen haben sich als Erfinder noch keinen Namen machen können. "Das war auch nie mein primäres Ziel", sagte Nguyen, der wegen eines Kreuzbandrisses in Stuttgart nur als Co-Kommentator im Einsatz war. Auch Hambüchen sah die Situation gelassen: "Ich hatte genug andere Erfolge."

Bretschneider schaffte sein Element auch im Finale der Team-Challenge, in der die Gastgeber den dritten Platz erreichten. Im Einzel wiederholte Oleg Wernjajew (Ukraine) seinen Vorjahreserfolg. Hambüchen, der am Pferd patzte, wurde Vierter. Kim Bui (Stuttgart) durfte nur dank einer Wildcard starten. Dann turnte die Studentin der Technischen Biologie fats fehlerfrei und überraschte mit Platz drei. Den Sieg holte sich die rumänische Vizeweltmeisterin Larisa Iordache. Mit dem Team landete Bui auf Platz eins.

(sid)
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