Nürnberg Deutsche Meisterschaft als Zwischenstation

Nürnberg · In Nürnberg holt David Storl zum fünften Mal in Serie den deutschen Meistertitel. Auch Christina Schwanitz jubelt. Die Titel sind jedoch nur Etappenerfolge auf dem Weg zur Weltmeisterschaft in Peking.

Für David Storl und Christina Schwanitz waren die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften keine Herausforderung. Zweifel, dass sie die Titel im Kugelstoßen holen würden, gab es nie. National sind beide ungefährdet. Da muss man sich andere Ziele setzen als den Sieg. Nürnberg war nur eine Zwischenstation, ein Training unter Wettkampfbedingungen, eine Überprüfung der Form. Das Ziel in diesem Jahr ist Peking. Dort finden vom 22. bis 30. August die Weltmeisterschaften statt.

Storl und Schwanitz sind heiße Medaillenkandidaten. Die 29-jährige Europameisterin führt mit ihrer Bestleistung von 20,77 Meter die Weltrangliste an. Storl, der zweimalige Welt- und Europameister, knackte Anfang Juli mit 22,20 Meter erstmals die 22-m-Marke, hat aber in den von Joe Kovacs (22,56) angeführten US-Amerikanern starke Konkurrenten.

"Ich wollte drei Meter weiter stoßen als die Zweite", sagte Schwanitz. Klingt vielleicht überheblich, ist es aber angesichts der fehlenden Qualität ihrer Gegnerinnen nicht. Exakt 20 Meter legte die Dresdnerin im ersten Versuch vor. Es blieb ihr weitester. Lena Urbanik sicherte sich Platz zwei mit 17,28 Meter - "nur" 2,72 Meter weniger als die Europameisterin, die in Peking ihr WM-Silber von Moskau 2013 vergolden will. Stärkste Rivalin dürfte Gong Lijiao sein. Die Chinesin ist mit 20,34 Meter die Nummer zwei in diesem Jahr. Sie trainiert in Neubrandenburg, ist dort sogar Mitglied im Verein. Betreutt wird Gong Lijiao von Dieter Kollark, der einst Astrid Kumbernuss zur Branchenführerin machte.

Dass ausgerechnet im eigenen Land die größte Gefahr aufgebaut und gefördert wird, findet Schwanitz nicht gut. "Da läuft etwas schief, aber ich habe ja nichts zu sagen", sagt die Sächsin. In der Schule hatte sie schon weiter als die Jungen gestoßen. Mit 15 bestritt sie ihren ersten Wettkampf, siegte und blieb dabei.

Storl war schon am Tag vor seinem Wettkampf aktiv. Während sich andere Athleten auf einem Nebenplatz auf ihren Wettkampf vorbereiteten und sich aufwärmten, absolvierte er fast unbeobachtet sein Trainingsprogramm. Einer schaute allerdings ganz genau zu. Sven Lang, der auch Christina Schwanitz trainiert, stand in Shorts auf dem Rasen, gab ab und an seinen Kommentar ab, korrigierte Abläufe.

Immer wieder wuchtete Storl die 7,257 Kilo schwere Kugel, nachdem er sie einige Male spielerisch in die Höhe gestoßen und wieder aufgefangen hatte, aus dem Ring. Zuvor aber wurden Hals und die rechte Hand mit Magnesium Carbonat eingerieben, um ein Abrutschen des Sportgeräts zu vermeiden. Immer wieder ging der Champion auch über den Rasen, sammelte seine Kugel ein, um wenig später denselben Ablauf zu wiederholen. Manchmal schritt er die Entfernung auch ab, doch Fragen nach der Weite beantwortete er nur knapp mit "keine Ahnung".

Gestern musste der Polizeibeamte, der heute seinen 25. Geburtstag feiert, die Kugel nicht selbst einsammeln. Auch das Messen der Weiten übernahmen andere. Ungeteilte Freude hatte er am Wettkampf aber nicht. Zwar waren fünf seiner sechs Versuche 21 Meter und weiter, doch das ist für einen David Storl schon Alltag. Fast gelangweilt zog er sich nach jedem Durchgang sein weißes Hemd wieder an. "Wenn du nicht richtig in den Wettkampf reinkommst, kannst du machen, was du willst. Da verliert man ein bisschen die Lust", sagte er nach seinem fünften Titelgewinn bei der deutschen Freiluft-Meisterschaft.

Wie auch Christina Schwanitz arbeitet er am perfekten Stoß - wohl wissend, dass dieser eine Illusion ist. Es gibt immer eine Schwäche, die behoben werden kann. Was möglich ist, wenn alles passt, hatte Thomas Schmitt gezeigt. Im März schreckte er sich und die Fachwelt auf. Bei 21,35 Meter schlug die Kugel in den Boden ein, die eigene Bestleistung war um zwei Meter übertroffen. Eine Leistung, die der Kölner danach nicht annähernd wieder erreichte. "Man muss die Weite ja immer wieder schaffen. Das ist dann die Kunst", sagte Storl. Die 22 soll noch oft vorne stehen. Am besten in Peking, wo er am Eröffnungstag der WM seinen dritten Titel in Folge gewinnen möchte.

(RP)
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