André Schürrle "Die Bundesliga tut mir gut"

Der Fußball-Weltmeister tritt heute mit dem VfL Wolfsburg bei seinem früheren Klub Bayer Leverkusen an.

Herr Schürrle, in welchem Kostüm trifft man Sie dieser Tage an?

André Schürrle In keinem. So jeck bin ich nicht. Ich habe zwar im Rheinland gelebt und einige Veranstaltungen besucht, aber Karneval ist nichts, was ich jedes Jahr brauche oder in England vermisst hätte.

Sie haben gesagt, dass Ihnen die Bundesliga gefehlt hat. Wie ist es, wieder ein Teil davon zu sein?

Schürrle Ich kann nur immer wieder betonen, wie froh ich bin, zurück in Deutschland zu sein. Die Bundesliga tut mir gut. Das ist auch ein Stück Nach-Hause-Kommen. Ich hatte auch Angebote aus dem Ausland, aber ich wollte unbedingt zum VfL Wolfsburg. Ich glaube, dass ich ganz gut hierhin passe.

In Ihrem ersten Spiel standen sie direkt 90 Minuten auf dem Feld. Was waren Ihre ersten Eindrücke?

Schürrle Ein erstes Spiel für einen Verein ist immer etwas Besonderes. Wenn man wie ich kurz zuvor erst in Deutschland angekommen ist und dann gleich von Beginn an aufläuft, ist das eine noch speziellere Situation. Ich war schon ein bisschen aufgeregt. Die Mannschaft und auch die Fans haben mich aber super empfangen, jetzt versuche ich so schnell wie möglich, Normalität einkehren zu lassen.

Wenn Sie einen Strich unter Ihre Zeit in England ziehen. Wie fällt Ihr Fazit über die Zeit beim FC Chelsea aus?

Schürrle Für mich war es alles in allem eine unglaublich schöne Zeit. Ich habe viel gelernt. Das erste Jahr in England und auch der Beginn der zweiten Saison liefen sehr gut für mich. Ich hatte aber auch wirklich schwere Zeiten. Solche Erfahrungen bringen einen allerdings nur weiter.

Sie saßen zuletzt nur auf der Bank, kamen insgesamt zu fünf Startelfeinsätzen in der Saison und standen zeitweise nicht einmal im Kader.

Schürrle Trotz allem habe ich mich unglaublich wohl in dieser Mannschaft und in diesem Verein gefühlt. Ich will keinen Tag missen, aber ich bin natürlich glücklich, wieder hier in der Bundesliga zu sein und zu spielen. Am Ende war es mein persönlicher Wunsch, zu wechseln. Ich wusste aber: Wenn ich nicht gehe, würde mir der Trainer weiterhin sein Vertrauen schenken.

Aber es muss doch hart für einen jungen Spieler sein - und Sie sind erst 24 Jahre - wenn Trainer José Mourinho in Bezug auf Ihre Person sagt: "Ich erwarte von den Spielern, die nach einer Pause zurückkehren, dass sie Probleme machen. Aber sie haben keine gemacht."

Schürrle Wenn man aus einer Top-Mannschaft wie der des FC Chelsea einmal raus ist, und die Mannschaft trotzdem gewinnt, dann ist es für einen Trainer einfach, den Kader aufzustellen. Weil er weiß, das Team gewinnt auch ohne die anderen. Es ist für einen Spieler in einer Topmannschaft wie Chelsea mit so einem Konkurrenzkampf nochmal schwieriger, sich zurück zu kämpfen.

Die Weltmeisterschaft ist daran nicht unschuldig. Zahlreiche Ihrer Nationalmannschafts-Kollegen sind nach dem Titelgewinn wie Sie durch ein Tief gegangen, einige sind noch immer mittendrin.

Schürrle Die Strapazen, die wir hatten, und was wir geleistet haben mit diesem wahnsinnigen Erfolg, steckt man nicht so einfach weg. Man braucht nach einer solchen intensiven Erfahrung Zeit, sich zu erholen. Körperlich wie mental. Wir hatten eine sehr lange Vorbereitung, dann kam das Turnier selbst, und nach nur zweieinhalb Wochen Urlaub ging es schon wieder im Verein los. Dass einige Nationalspieler angesichts der Belastung zu Saisonbeginn Probleme hatten, ist normal, und wie ich finde, menschlich.

Sehen Sie sich als VfL Wolfsburg auf Platz zwei als Jäger des FC Bayern München?

Schürrle Wir sind erster Verfolger. Aber die Bayern sind bereits deutlich vorne. Wir müssen auf uns schauen und unsere Punkte holen, dann sehen wir, wohin es führen kann. Ob die Meisterschaft nochmal spannend wird, können nur die Bayern bestimmen. Die sind so stark - und werden sich den Titel kaum mehr nehmen lassen. Den FC Bayern München überhaupt mal abzulösen, wird schwer, weil sie einfach zu gut sind.

Sie wechselten für rund acht Millionen von Mainz zu Bayer 04 Leverkusen. Von dort für 23 Millionen zu Chelsea und kolportierten 32 Millionen Euro zu Wolfsburg. Spüren Sie mit zunehmender Ablösesumme mehr Druck?

Schürrle Ich mache mir selbst schon genug Druck, weil ich an mich sehr hohe Ansprüche stelle und viel von mir erwarte. Da spielen irgendwelche Ablösesummen oder die Erwartungshaltungen anderer Leute keine Rolle.

Aber was denken Sie, wenn Sie hören, dass solche exorbitanten Summen für Sie gezahlt werden?

Schürrle Um ehrlich zu sein, mache ich mir darüber nicht so viele Gedanken. Ich war jedes Mal froh, dass die Wechsel geklappt haben, weil es für mich als Fußballer den nächsten Schritt bedeutete. Ich versuche, mir nur Gedanken über mein Spiel zu machen. Was ich beeinflussen kann, sind die 90 Minuten auf dem Platz. Damit hab ich genug zu tun.

STEFANIE SANDMEIER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort