Gerard Goodrow "Die Mega-Reichen machen den Kunstmarkt kaputt"

Der in den USA geborene Kunstsammler gibt die ultimativen Tipps für Sammler: David Ostrowski, Max Frintrop oder Peppi Bottrop.

Hat der Kunstmarkt durch die Skandale sein Vertrauen verspielt?

Goodrow Zum Glück hat die Kunstwelt ein kurzes Gedächtnis, so dass die großen Skandale wie Achenbach, Beltracchi, die Casino-Warhols oder das Eon-Pollock-Gemälde bald wieder vergessen werden. Der Kunstmarkt ist sehr belastbar.

Außerdem ist er überhitzt. Steigt die Temperatur 2015 weiter an?

Goodrow Ich befürchte, ja. Das Problem, das wir heutzutage haben - im Gegensatz zum letzten großen Boom der späten 1980er Jahre -, ist, dass es Milliardäre gibt. Vorher kannte man nur Millionäre. Letztendlich machen die Mega-Reichen den Markt kaputt, denn sie haben viel zu viel Geld und sind bereit, buchstäblich Unsummen für Kunst auszugeben. Der Mittelmarkt leidet jetzt schon sehr darunter.

Wenn Menschen ohne Liebe zur Kunst nur Geld investieren wollen, auf welche Karte können sie setzen?

Goodrow Das hängt vom Etat ab. Die Blue Chips sind nach wie vor nicht nur sicher, sondern haben Steigerungspotenzial. Ich rede von Künstlern wie Gerhard Richter, Jeff Koons oder Peter Doig - das Limit ist längst nicht erreicht. Mir wäre es viel lieber, wenn Menschen ohne Bezug zur Kunst die Finger von ihr lassen. Sie tun dem Kunstmarkt nichts Gutes. Der Aktienmarkt ist besser geeignet für spekulative Typen.

Kann man Kunstberatern noch vertrauen nach dem Fall Achenbach?

Goodrow Auf jeden Fall - vielleicht sogar umso mehr, denn man muss jetzt als Kunstvermittler aktiv demonstrieren, dass man vertrauenswürdig ist. Und die Kunden sind vorsichtiger geworden.

Können Sie einen Boom wie den von Jeff-Koons-Werken erklären?

Goodrow Schönheit + stimmiges Konzept + Museumsausstellungen = Markterfolg! So einfach ist es heute manchmal.

Bleibt Gerhard Richter König?

Goodrow Ja, und zu Recht! Für mich ist er eine der großen Ausnahmen, denn er ist genauso wichtig für die Kunstgeschichte wie für den Markt. Das ist einer, der seinen Erfolg hart erkämpft und ehrlich verdient hat.

Welche Trends machen Sie aus?

Goodrow Noch ist die geometrische Abstraktion in, sie hat vor Jahren den Vertretern der Neuen Leipziger Schule die Schau gestohlen. Ich habe das Gefühl, dass wir wieder reif für einen Wechsel sind. Es würde mich nicht überraschen, wenn eine Art Neo-Magischer Realismus zum Vorschein käme, figurativ, narrativ, bunt, perfekt (wenn nicht zu sagen penibelst) gemalt, skurril . . .

Was halten Sie vom Kunstkompass?

Goodrow Solche Rankings dienen eher als Bestätigung dessen, was wir schon wissen. Für den nicht informierten Käufer sind solche Listen höchstens interessant, aber nicht unbedingt aufschlussreich.

Was stellt das Netz mit dem Kunstmarkt an?

Goodrow Meiner Meinung nach ist das Netz höchstens als Informationsplattform interessant.

Ihr ultimativer Tipp für alle, die Kunst kaufen wollen?

Goodrow Kauf das, was dir gefällt. Wenn du das kaufst, was alle anderen kaufen, ist es zu spät. Wer die Kunst liebt, kauft Bilder von David Ostrowski, Max Frintrop oder Peppi Bottrop. Sie sind hervorragende Künstler, die uns lange begleiten werden. Da bin ich mir sicher!

ANNETTE BOSETTI FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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