Passlüge und Hymnen-Eklat Diese Skandale erschütterten 2017 den Sport

Sexueller Missbrauch im Kunstturnen, eine Pass-Lüge im Profiboxen und ein Hymnen-Eklat im Frauentennis: Der Sport wurde im Jahr 2017 von außergewöhnlichen Ereignissen und Skandalen überschattet.

Boxen: Manuel Charr schlägt Alexander Ustinow
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Manuel Charr schlägt Alexander Ustinow

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Foto: dpa, gki

Fast zu erwarten waren die vielen aufsehenerregenden Ärgernisse in den großen Sportverbänden IOC und Fifa, die oft eine Fortsetzung aus früheren Jahren sind.

Die Fakten im Missbrauchsskandal um junge US-Kunstturnerinnen sind erschütternd. Larry Nassar, früherer Teamarzt des US-Turnverbandes (USAG), soll mehr als 100 junge Mädchen, darunter viele Turnerinnen der US-Olympiaauswahl, sexuell missbraucht haben. Wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material wurde der 54-Jährige Anfang Dezember bereits zu 60 Jahren Haft verurteilt, weitere Prozesse wegen sexueller Übergriffe folgen.

"Er hat gezeigt, dass er niemals mehr Kontakt zu Kindern haben sollte", sagte US-Richterin Janet Neff nach ihrem Urteilsspruch. Die Kinder, die der Mediziner missbrauchte, sollen teilweise jünger als 13 Jahre alt gewesen sein. Zu den prominenten Opfern Nassars gehören die dreimalige Turn-Olympiasiegerin Gabby Douglas (21) und deren Teamkollegin Aly Raisman (23).

Für reichlich Wirbel sorgte auch der Hymnenskandal beim Auftritt der deutschen Fed-Cup-Mannschaft gegen die USA Mitte Februar auf Hawaii. Bei der Eröffnungszeremonie auf dem Centre Court im Royal Lahaina Resort hatte der Solist, ein amerikanischer Lehrer, die verpönte, allerdings nicht verbotene erste Strophe des Deutschlandliedes ("Deutschland, Deutschland über alles") gesungen.

"Wir haben das Jahr 2017 - dass so etwas in Amerika passiert, darf einfach nicht sein. Es ist peinlich und spricht für die Ignoranz", meinte Andrea Petkovic. Auch die damalige Teamchefin Barbara Rittner war entsetzt über die "respektlose Nummer. Das ist echt ein Skandal und unentschuldbar. Ich hätte heulen können, denn es ist im Fed Cup immer ein heiliger Moment, ein Gänsehaut-Moment, die Hymne zu hören", sagte die 43-Jährige.

Ende November sorgte dann Profiboxer Manuel Charr in der deutschen Öffentlichkeit für Aufsehen. Der "Koloss aus Köln" behauptete nach seinem durchaus famosen WM-Erfolg in Oberhausen über den Russen Alexander Ustinow (40), erster deutscher Schwergewichts-Champ seit Max Schmeling in den 1930er Jahren zu sein. Hinterher stellte sich heraus, dass der gebürtige Libanese Charr gar keinen deutschen Pass besitzt.

Zunächst versicherte der 33-Jährige, der im Alter von fünf Jahren nach Deutschland gekommen war, dass sein Pass noch auf dem Kölner Amt liege und er ihn nur noch nicht abgeholt habe. Später korrigierte er sich und machte seine Anwälte dafür verantwortlich, weil diese ihn über die Vorgänge falsch informiert hätten. Nun will er sich persönlich um das Ausweispapier kümmern, um bei seiner ersten Titelverteidigung im März gegen Fres Oquendo (Puerto Rico) tatsächlich als deutscher Boxer in den Ring steigen zu können.

Auch die Fortsetzung des im Frühsommer 2015 begonnenen Korruptionsskandals beim Fußball-Weltverband Fifa schlug wieder hohe Wellen. In New York müssen sich die früheren Fußballfunktionäre Jose Maria Marin (Brasilien/85), Juan Angel Napout (Paraguay/59) und Manuel Burga (Peru/60) unter anderem wegen Betruges, Verschwörung und Geldwäsche verantworten.

Die US-Staatsanwaltschaft will in dem Prozess ein gigantisches Korruptionsnetzwerk im Weltverband nachweisen. Nach dem Abschluss der Beweisaufnahme begannen Mitte Dezember die Schlussplädoyers. Die Angeklagten pochten auf Verfahrenseinstellung aus Mangel an Beweisen, doch Richterin Pamela Chen wies einen solchen Antrag bereits zurück.

Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) produzierte - wie fast jedes Jahr - wieder Eklats. Anfang Oktober war Carlos Arthur Nuzman, Chef des Olympia-Organisationskomitees von Rio de Janeiro, wegen Korruptionsverdachts von der brasilianischen Bundespolizei verhaftet worden. Dem Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees wird neben Geldwäsche und Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, Stimmen für die Vergabe der Sommerspiele 2016 in der brasilianischen Metropole gekauft zu haben.

Kurz darauf suspendierte das IOC den 75-Jährigen vorläufig in seiner Funktion als IOC-Ehrenmitglied sowie als Mitglied der Koordinierungskommission für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio. Ebenfalls vom IOC suspendiert wurde der frühere Sprintstar Frankie Fredericks. Der 50-Jährige soll auch in den Skandal um die Vergabe der Sommerspiele an Rio involviert gewesen sein.

(areh/sid)
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