Düsseldorf Dopingfälle erhöhen Druck auf IOC und WADA

Düsseldorf · Fassunglosigkeit, Vertuschungsvorwürfe und die klare Forderung nach Wiederaufnahme der Untersuchungen: IOC und Wada geraten wegen der nicht weiter verfolgten Dopingfälle bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking stark unter Druck. Vor allem rief Kopfschütteln hervor, dass erst die Enthüllungen der ARD-Dopingredaktion zu einem erschütternden Eingeständnis der Institutionen führten: Das Fallenlassen von Verfahren bei Clenbuterol-Verdachtsfällen ist seit Jahren gängige Praxis.

Internationales Olympisches Komitee (IOC) und Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hatten erst im Anschluss der ARD-Recherche eingeräumt, dass bei Nachtests im vergangenen Jahr bei "mehreren Athleten aus mehreren Ländern und mehreren Sportarten sehr niedrige Clenbuterol-Werte" nachgewiesen worden seien. Nach Angaben von Wada-Generaldirektor Oliver Niggli seien auch jamaikanische Sprinter betroffen gewesen.

Die Wada teilte mit, dass "Hunderte" ähnliche Fälle in der gleichen Weise behandelt worden seien wie die der Olympischen Spiele 2008. Das IOC hielt sich bedeckt - und bekam schärfste Kritik ab.

"Warum hat man die Problematik nicht öffentlich gemacht? Weil sich einfach nichts ändert im IOC: Wenn man kann oder man sich unsicher ist, gibt es im IOC den Reflex, Sachen zu vertuschen", sagte der Doping-Experte Fritz Sörgel. Unsicherheit entstehe, wenn man Themen "nicht konsequent genug verfolgt", ergänzte Sörgel. Er räumte ein, dass die Sachlage rund um das Dopingmittel Clenbuterol kompliziert sei. Umso konsequenter und transparenter müsse die Aufklärung vorangetrieben werden. "Sonst ist klar, was passiert: Die Betrüger verstecken sich hinter halbgaren Regeln, und der weltweite Anti-Doping-Kampf nimmt immensen Schaden."

Sörgel, Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Heroldsberg bei Nürnberg, schließt nicht aus, dass hinter der Informationspolitik von Wada und IOC in Wahrheit das Ziel steckt, in diesem Fall die Sprint-Superstars um Jamaikas Usain Bolt und damit das eigene Wirtschaftssystem zu schützen: "Im Nachhinein zu sagen, viele Nationen und viele Sportler seien betroffen, ist ein untauglicher Versuch von IOC und Wada, die Sachlage zu verwässern und zu marginalisieren."

(sid)
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