Zoll hat alle Hände voll zu tun Dopingschmuggel für den Breitensport

Düsseldorf/Köln · Angebot und Nachfrage für illegale Präparate im Amateurbereich wachsen kontinuierlich. Der Zoll strengt hier inzwischen mehr Verfahren an als im Bereich Zigaretten. Anti-Doping-Kämpfer wollen deshalb Schüler sensibilisieren.

 Ein buntes Angebot von Dopingpräparaten fanden Zollfahnder im März 2015 bei einem 24-Jährigen in Düsseldorf.

Ein buntes Angebot von Dopingpräparaten fanden Zollfahnder im März 2015 bei einem 24-Jährigen in Düsseldorf.

Foto: Zoll

Es war an diesem Abend nicht die Couch, auf der zwei Männer im Sauerland nach dem Besuch im Fitnessstudio landeten. Es war die Polizeiwache. Die hatte die 30- und 31-jährigen Deutschen schon länger im Visier. Der Verdacht: Handel mit verbotenen Dopingsubstanzen. Und die Ermittler des Zollfahndungsamts Essen wurden fündig. Sie förderten 5000 Tabletten, 3000 Ampullen, fünf Kilo Rohstoffe, acht Liter fertige Dopingmittel sowie ein vollständiges Untergrundlabor zutage.

Natürlich sind Fahndungserfolge wie dieser nicht alltäglich, aber sie verdeutlichen die kontinuierlich steigende Nachfrage und daraus resultierend ein verstärktes Angebot von illegalen Dopingpräparaten - alles grenzüberschreitend und für Hobbysportler. 2016 leitete der Zoll mehr Ermittlungsverfahren im Bereich Doping (1281) ein als im Bereich Tabakwaren (1067). Spitzenreiter sind hier Betäubungsmittel (6012 Verfahren). Die Zahlen für 2017 werden noch veröffentlicht.

"Bereits seit 2010 ist die Anzahl der Verfahren fast durchgängig gestiegen, meist wegen des Schmuggels von Dopingmitteln oder den Rohstoffen. Die Präparate werden als fertige Ampullen, Lösungen oder Tabletten eingeführt und vertrieben, aber wir ziehen auch kiloweise Wirkstoffe, vornehmlich aus China, aus dem Verkehr", sagt Werner Turek, stellvertretender Leiter des Zollkriminalamts in Köln. "Die meisten dieser Fälle bewegen sich im Bereich des Breitensports." 2010 standen 494 Ermittlungsverfahren im Bereich Doping zu Buche, seitdem sind es im Schnitt der Jahre gesehen 1258.

Doping ist Volkssport geworden in Deutschland. Der gesellschaftliche Drang nach Schönheitsidealen tut sein Übriges. Dabei gilt: Die Verfügbarkeit der Mittel, vor allem Wachstumshormone und anabole Steroide, hat durch das Internet stark zugenommen. Besonders in Asien und Osteuropa werden teils unter zweifelhaften hygienischen Bedingungen Präparate hergestellt, deren Zusammensetzung von keiner Behörde je geprüft wurde - die aber eben im Netz bestellbar sind. "Die gesundheitlichen Folgen sind kaum abzuschätzen. Dass dieses Problem weiter wächst, resultiert auch aus den enormen Gewinnspannen, die mit dem Verkauf dieser Substanzen erzielt werden können", sagt Dominic Müser, Ressortleiter Prävention der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada). Die Gewinnmarge kann schon mal bei 600 Prozent liegen.

Als häufiger Erstkontakt mit leistungssteigernden Substanzen gelten Fitnessstudios. Mischa Kläber, Ressortleiter Präventionspolitik und Gesundheitsmanagement beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), schätzte im Fachmagazin "Doping", "dass 20 Prozent der Besucher von Fitnessstudios nachhelfen". Verlässliche Zahlen gibt es nicht. Es komme aber "einem Großbrand gleich", zu dem sich Doping und Medikamentenmissbrauch im Freizeitsport entwickelt hätten. Die Nada entwickelte 2017 ein Konzept, um Fitnessstudios zu ermuntern, das Thema bei sich zu platzieren. "Die gesellschaftliche Auseinandersetzung fehlt im Breitensport. Ich erwarte, dass wir in diesem Jahr weitere Gespräche mit Studios führen, um weiter für das Thema zu sensibilisieren", sagt Müser. Der Bundesverband Gesundheitsstudios Deutschland erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, "der Doping-Missbrauch einiger wettkampforientierter Bodybuilder und die Einnahme von Anabolika durch ein paar fehlgeleitete Muskelprotze, zumeist in Low-Budget-Clubs mit keiner oder nur geringer Trainerbetreuung, lässt keinerlei Rückschlüsse auf Doping in Fitnessstudios im Allgemeinen zu". Der Verband Deutscher Fitness- und Gesundheitsunternehmen ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Der Nada reicht der Fokus auf Fitnessstudios aber nicht. Ihr Ziel: Bereits Schüler über Doping aufzuklären. Müser würde dies als verpflichtenden Lehrinhalt "absolut begrüßen. Es gibt so viele Unterrichtsfächer, in die sich das Thema wunderbar einbauen lässt. Ich denke an Ernährung, Biologie, Ethik, Sport oder Sozialwissenschaften. Derzeit erstellen wir Lehrmaterialien, die wir in Kürze an Schulen im gesamten Bundesgebiet ausgeben werden. Sie sind ausgerichtet auf die Sekundarstufen I und II. Ziel ist es, das Thema länderübergreifend im Unterricht zu platzieren."

Aufklärung hält auch Zollfahnder Turek für sinnvoll. Und er versichert, man passe sich Tätern stetig an. Nur so sind Ermittlungserfolge möglich. Erfolge wie im Sauerland.

(klü)
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