Düsseldorfer EG Wie alles begann: Als Sepp und Otto noch zusehen mussten

Düsseldorf · Die Verpflichtung von Sepp Reif und Otto Schneitberger sorgte bei der Düsseldorfer EG für eine Zeitenwende. Mit den beiden Topstars gelang der Aufstieg - auch wenn sie nur zusehen durften.

Als ich den Hörer aufgelegt hatte, frozzelten meine Kollegen in der Sportredaktion, ich könne mich jetzt als rote Ampel an den Corneliusplatz stellen. Dieses Telefonat hatte mir tatsächlich die Aufregung ins Gesicht getrieben, die Ohren glühten, die Wangen brannten, die Gedanken fuhren Achterbahn. Denn was mir da Hans Ramroth mit seiner asthmatisch-krächzenden Stimme mitgeteilt hatte, hatte es noch nie gegeben: Zwei aktuelle Nationalspieler des EC Bad Tölz zum Zweitligisten DEG! Das hätte ein Aprilsscherz sein können; allerdings sprach das sommerliche Datum dagegen. Fakt war: Die DEG hatte ihre Sensation und mit ihr das ganze deutsche Eishockey. Sepp Reif und Otto Schneitberger sollten das Unternehmen "Aufstieg" zusammen mit den Düsseldorfer Eigengewächsen stemmen. Weil Hans Ramroth, seit 25 Jahren der starke Mann des Vereins, ein ansehnliches sportliches Erbe hinterlassen wollte.

Nach dieser Info dachte ich wie alle in Düseldorf: Na, jetzt wird der Aufstieg ein Selbstläufer sein. Reif gehörte damals schon zu den absoluten Top-Stars der Nationalmannschaft, Schneitberger zu den hoffnungsvollsten Talenten. Aber innerhalb weniger Tage löste sich dieser Optimismus auf. Denn vom EC Bad Tölz kam ein donnerndes "Veto", der Vorstand fühlte sich in seiner Ablehnung sicher und drohte mit der obligatorischen 18-monatigen Sperre. Aber die hohen Herren an der Isar staunten nicht schlecht, als die beiden tatsächlich die Sachen packten und mit Reifs Auto los fuhren, um nördlich des Weißwurstäquators ihr sportliches und berufliches Glück zu suchen - sie fanden beides. Als der EC Bad Tölz endlich den Wechsel abnickte, kassierte er nur noch 25.000 Mark (statt der ursprünglich von Ramroth gebotenen 50.000) als Ablösesumme und gab die beiden für die Saison 65/66 frei. Den Aufstieg musste die DEG allerdings noch ohne die beiden in Angriff nehmen, die nur fleißig trainieren, aber sich wenigstens schon mal in Freundschaftsspielen beweisen durften; in denen nahm die DEG weit mehr ein als die Ablösesumme. Ramroth rieb sich die Hände.

Aber Geld ist nicht alles - ermöglicht jedoch manches. Ich wusste erst mal keine Antwort auf die Frage: Wie denn ohne die beiden den Aufstieg schaffen? Dafür sah ich keine große Chance. Im Frühjahr war die DEG nur auf Platz vier gelandet. Aktuell passte es allerdings gut, dass die Bundesliga von acht auf zehn Klubs aufgestockt wurde, da reichte auch der zweite Platz in der Oberliga. Aus diesem Blickwinkel wurde es tatsächlich eine Punktlandung hinter Preußen Krefeld. Trainer Engelbert ("Bätes") Holderied, ein ehemaliger Füssener Nationalspieler, wurde zum Initiator einer glorreichen Mauschelei, die ich als staunender Augenzeuge miterlebte: Im letzten Drittel begann es im offenen Nürnberger Eisstadion zu schneien. Bernd Herzig, ebenfalls Füssener, schien die DEG dennoch im Alleingang zu besiegen. Da kam der "Bätes" mit einem Augenzwinkern an mir vorbei, ich sah ihn mit Eishockey-Obmann Hans Gramberg tuscheln, und der wandte sich als offizieller Vertreter der DEG an die Schiedsrichter: Er schlug Spielabbruch und Neuansetzung vor. Die Nürnberger Seite war sofort bereit, winkte dem chronisch klammen Klub doch eine weitere Einnahme. "Wir hätten noch drei Stunden spielen können - heute hätten wir nicht gewonnen", gestand Holderied schmunzelnd.

Schlitzohr Ramroth hatte sofort einen Plan: Er kaufte den Nürnbergern das Heimrecht ab. Dieser Coup störte niemanden in der Oberliga, und auch beim Verband rührte sich nichts. Dafür aber an der Brehmstraße, und wie: 10:3! Zwei Punkte, die die Nürnberger nicht mehr brauchten, die aber den zweiten Platz der DEG festigten. Und damit den Aufstieg, den sie mit dem 4:1 beim Münchner EV endgültig sicherte.

(RP)
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