Deutsche Eishockey Liga Profis kassieren Arbeitslosengeld

Düsseldorf (RP). In der Deutschen Eishockey Liga (DEL) melden sich Spieler trotz Jahresgehältern von mehr als 100.000 Euro in den Sommermonaten arbeitslos und kassieren auf diese Weise viel Geld vom Staat. Die Agentur für Arbeit ist machtlos.

Die Etats der DEL-Klubs 10/11
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Foto: DEL

In anderthalb Wochen startet die neue Saison in der DEL. Rund 300 Spieler sind bei den 14 Vereinen in der höchsten Spielklasse angestellt. Offiziell war ein Großteil von ihnen bis vor wenigen Wochen noch arbeitslos gemeldet — und hat von der Agentur für Arbeit Geld überwiesen bekommen. Denn die Vereine statten ihre Angestellten nur mit Neun-Monats-Verträgen aus, also nur für die Zeit vom Start der Vorbereitung im August bis zum Saisonende im April. So sollen die Personalkosten in den drei Monaten gesenkt werden.

Die Kosten übernimmt dann der Staat und zahlt brav Arbeitslosengeld I (ALG). Das orientiert sich wie bei allen Antragstellern am zuletzt erhaltenen Gehalt. Die Top-Kräfte der Branche verdienen im Jahr zwischen 100.000 und 200.000 Euro und kassieren dadurch den Höchstsatz an ALG. Bei einem verheirateten Spieler (Steuerklasse III) mit einem Kind kommen so monatlich 2281,50 Euro zusammen, ein lediger Spieler (Steuerklasse I) bekommt 1748,40 Euro überwiesen. "Die Rechtslage ist eindeutig", sagt Christiane Schönefeld, Chefin der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. "Auch Sportler haben im Falle der Arbeitslosigkeit Anspruch auf diese Leistungen." Es werde durchaus versucht, sie im Arbeitsmarkt direkt wieder zu vermitteln, in der Preisklasse sei das Angebot indes rar — zumutbar sind im ersten Jahr nur Jobs, in denen man maximal zehn Prozent weniger als das letzte Gehalt verdienen würde.

"Formal nicht zu beanstanden"

Beim NRW-Arbeitsministerium ist man überhaupt nicht erfreut über die Praxis: "Formal ist das nicht zu beanstanden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Sozialpolitisch ist das aus unserer Sicht allerdings eindeutig kritikwürdig. Es ist nicht die Intention des Gesetzes, hoch bezahlte Profis zu unterstützen — gerade im Vergleich zu Arbeitssuchenden aus durchschnittlichen Arbeitsverhältnissen", heißt es in einer Stellungnahme.

Marco Stichnoth, Geschäftsführer der Hannover Scorpions, verteidigt das Vorgehen der Klubs. "Wir haben Saisonarbeiter. Wie Spargelstecher oder Erdbeerpflücker. Die Klubs zahlen Arbeitslosengeld ein, dann haben die deutschen Spieler auch einen Anspruch darauf", sagt er. Bei Gehältern von bis zu 200 000 Euro stellt sich jedoch auch für Stichnoth die Frage nach der moralischen Vertretbarkeit. "Es ist richtig, dass nur, weil das Gesetz es zulässt, das noch lange nicht heißt, dass man es auch ausnutzen muss."

Die Spieler sehen die Verantwortung für diese Praxis bei den Vereinen. "Was soll ich machen? Es ist schon immer so mit den Neun-Monats-Verträgen. Die Vereine machen das, und wir akzeptieren es", sagt der Iserlohner Michael Wolf, Kapitän der Eishockey-Nationalmannschaft. Was er dabei selbstverständlich aus eigenem Interesse gerne verschweigt: Viele Spieler sind gar nicht so unglücklich über die vielfach angewendete Regelung, sie können so gleich eine Reihe von Steuerersparnissen geltend machen. In der Szene gibt es allerdings auch andere Beispiele. In Mannheim, Berlin und Krefeld sind die Akteure ganzjährig bei den jeweiligen Klubs beschäftigt. "Sie erfüllen für uns schließlich auch in der Sommerpause Aufgaben — besuchen Autogrammstunden, machen Werbung für die neue Saison bei anderen Aktionen", sagt Krefelds Geschäftsführer Robert Haake. Eine angenehme Situation für die Arbeitnehmer, ihnen bleibt die Rennerei aufs Amt erspart.

"Du kannst nicht ewig Eishockey spielen"

Der Düsseldorfer Angreifer Patrick Reimer hat in diesem Jahr auf den Gang zur Agentur für Arbeit verzichtet. Er absolviert eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann. "Ich habe mich auch schon einmal arbeitslos gemeldet. Das macht doch jeder. Ich kenne nur ganz wenige, die es nicht machen", sagt er. "Am Ende muss es jeder für sich selbst entscheiden, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren kann."

Teamkollege Daniel Kreutzer kann offenbar ganz gut damit leben. Seit Jahren spielt der ehemalige Nationalspieler bei den DEG Metro Stars. Er müsste eigentlich keine existenziellen Ängste haben bei einem Jahressalär von geschätzten 130.000 Euro. "Ich muss es machen, sonst gehen mir Sozialversicherungsbeiträge verloren", sagt der 31-Jährige. "Du kannst schließlich nicht ewig Eishockey spielen. Ich muss auch sehen, dass meine Rente steht. Der Staat müsste die Vereine einfach verpflichten, uns für zwölf Monate zu beschäftigen. Ich wollte von der DEG so einen Vertrag, der Verein hat das abgelehnt. Über die aktuelle Situation bin ich wirklich nicht glücklich."

(RP)
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