25 Jahre nach Olympia-Viertelfinale Leon Draisaitl spielt gegen den Fluch seines Vaters

Köln · Im WM-Viertelfinale gegen Olympiasieger und Titelverteidiger Kanada ist die deutsche Nationalmannschaft krasser Außenseiter. Aber Hoffnungsträger Leon Draisaitl glaubt an ein Eishockey-Wunder. Sein Vater Peter hat schlechte Erinnerungen an Kanada.

 Bei den Olympischen Spielen 1992 in Albertville läuft Peter Draisaitl zum Penalty an. Die Scheibe bleibt wenig später auf der Torlinie liegen.

Bei den Olympischen Spielen 1992 in Albertville läuft Peter Draisaitl zum Penalty an. Die Scheibe bleibt wenig später auf der Torlinie liegen.

Foto: dpa, sk nic

Nach dem Penalty-Krimi um das letzte Viertelfinal-Ticket träumen Deutschlands Eishockey-Nationalspieler vom WM-Wunder gegen Kanada - und einer von ihnen müsste sogar wissen, wie es geht. NHL-Star Leon Draisaitl könnte seinen Vater fragen, der vor 21 Jahren beim letzten WM-Sieg gegen die Ahornblätter auf dem Eis stand. "Das wusste ich gar nicht", gab der 21-Jährige vor dem K.o.-Duell mit dem Olympiasieger und Titelverteidiger am Donnerstag (20.15 Uhr/Sport1) zu.

Über das 5:1 in Wien 1996 ist im Hause Draisaitl noch nicht gesprochen worden, umso mehr über die Szene, die den Namen mit dem denkwürdigsten Viertelfinale gegen Kanada verbindet: Peter Draisaitls legendärer Penaltyschuss bei den Olympischen Spielen 1992, bei dem der Puck auf der Linie liegen blieb und der für die deutsche Mannschaft das Aus bedeutete. "Ich habe es mir ein paarmal angeguckt", erzählte Draisaitl junior am Mittwoch im WM-Hotel in Köln, "es war ganz witzig, nur für ihn wahrscheinlich nicht."

Wenn es der Stürmer der Edmonton Oilers mit seinen Kollegen am Donnerstag bis ins Penaltyschießen schaffen würde, wäre es schon eine Sensation. Denn das deutsche Team ist gegen den 26-maligen Weltmeister krasser Außenseiter — obwohl der größte Star das Trikot mit dem Adler trägt. Leon Draisaitl hat in seiner dritten NHL-Saison, in der er zu den Besten der Liga aufstieg, 93 Scorerpunkte gesammelt — mehr als jeder Spieler in der kanadischen WM-Mannschaft.

Dennoch sei es "kein Geheimnis, dass wir nicht der Favorit sind", betonte der deutsche Hoffnungsträger. An die Chance auf ein Wunder glaubt er trotzdem: "Jedes Team ist schlagbar, in so einem Turnier kann viel passieren." Für den dritten Sieg im 36. WM-Duell gegen das Eishockey-Mutterland bräuchte es aber mehr als einen überragenden Draisaitl. Sollte der "deutsche Wayne Gretzky" den Gastgeber ins Halbfinale führen, hat er auch schon ein Angebot aus der Deutschen Eishockey Liga vorliegen. Die Düsseldorfer EG postete am Mittwoch mit einem Augenzwinkern, dass sie Draisaitl gerne aufnimmt, wenn er nicht mehr nach Kanada einreisen darf.

Die deutsche Mannschaft müsste quasi zurück auf Anfang gehen. "Wir haben gegen die Amis gesehen, dass wir auch einen Großen schlagen können", erinnerte Bundestrainer Marco Sturm an den 2:1-Traumstart gegen die USA. Besonders auf NHL-Torhüter Philipp Grubauer wird es ankommen. "Wir brauchen ihn wie Thomas Greiss im ersten Spiel, der alles gehalten hat", sagte Sturm. Greiss, aktuell wegen einer leichten Verletzung nur Zuschauer, hatte mit einer Weltklasseleistung und 42 Paraden den deutschen Auftaktsieg festgehalten.

Auch Grubauer, der wie Draisaitl nach dem Stanley-Cup-Aus nachgekommen war, glaubt an einen erneuten Coup. "Wir brauchen nicht nervös zu werden, weil Kanada auf dem Trikot steht und ein paar NHL-Spieler dabei sind", sagte der 25-Jährige, "wir können auch Eishockey spielen." Draisaitl traut dem gebürtigen Rosenheimer, der beim 4:3-Penaltykrimi gegen Lettland ein großer Rückhalt war, sogar die Hauptrolle zu: "Grubi ist ein gestandener NHL-Torwart, der in vielen Teams die Nummer eins sein könnte. Er ist Gold wert."

Titelverteidiger Kanada hat eine illustre NHL-Auswahl, die ganz großen Stars fehlen aber. Stürmer Matt Duchene und Verteidiger Marc-Edouard Vlasic sind die einzigen Olympiasieger von 2014 im WM-Team. In der Vorrunde zeigten die Ahornblätter auch Schwächen: Gegen die Schweiz verspielten sie einen 2:0-Vorsprung und verloren 2:3 nach Verlängerung. "Wir dürfen keine Fehler machen, müssen unser System spielen und schauen, dass wir sie vom Tor weghalten", sagte Grubauer, "dann wird es cool."

(sid)
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