Eishockey-WM DEB-Team leckt nach Kanada-Klatsche die Wunden

Prag · Nach dem WM-Debakel gegen Kanada lecken die deutschen Eishockey-Nationalspieler ihre Wunden. Im Duell gegen die Schweiz wollen sie eine Reaktion zeigen. Das Selbstvertrauen ist aber im Keller.

Deutschland verliert gegen Kanada 0:10
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Lächeln nach der Lachnummer: Ausgerechnet am Tag nach der peinlichen 0:10-Klatsche gegen Kanadas Kufencracks mussten die deutschen Eishockey-Nationalspieler beim Fotoshooting für das offizielle WM-Teambild gute Miene zum bösen Spiel machen. Denn die Vorführung erster Klasse durch Sidney Crosby und Co. hing den Spielern auch nach einer wenig geruhsamen Nacht mit ganz schlimmem Kopfkino noch immer in den Klamotten.

"Jeder hat Zeit gehabt, darüber nachzudenken und vielleicht auch Probleme gehabt, in den Schlaf zu kommen", sagte Kapitän Michael Wolf am Montag. Der Routinier versprach für das dritte Gruppenspiel am Dienstag (16.15 Uhr/Sport1) in Prag gegen die Schweiz eine Reaktion der Mannschaft: "Jeder Spieler hat Ehre und Charakter genug, um alles daran zu setzen, dass so etwas nicht mehr vorkommt."

Wiedergutmachung forderte auch DEB-Präsident Franz Reindl. "Jammern hilft jetzt nicht", sagte der Ex-Nationalspieler dem SID. Die höchste Niederlage einer DEB-Auswahl gegen die Ahornblätter seit 48 Jahren hatte aber auch ihm aufs Gemüt geschlagen: "Das war einer der bittersten Nachmittage für uns."

Generalmanager Karl-Heinz Fliegauf forderte als Konsequenz eine Rückkehr zu alten Tugenden, um das oberste Ziel Klassenerhalt nicht zu gefährden: "Vielleicht war es für den ein oder anderen auch zu viel, was von ihm eingefordert wurde. Wir müssen zurück zu unserer Identität finden."

Bundestrainer Pat Cortina versuchte das in Gesprächen, Videoanlysen und einem auf Sicherheit im Spielaufbau orientierten Training am Montag. "Wir haben keine Panik-Attacke geschoben, sondern uns ausgetauscht, wie es dazu kommen konnte", verriet Wolf: "Großartig draufzuhauen braucht man nicht. Nach einem 0:10 ist jeder genug bedient."

Deutschland gegen Kanada nicht konkurrenzfähig

24 Stunden nach der 2:1-Zittersieg zum WM-Auftakt gegen Frankreich war das deutsche Team gegen Kanadas Kufencracks ab Mitte des ersten Drittels nicht mal einsatzweise konkurrenzfähig. Die mehr als 20 Spielerabsagen waren deutlich zu spüren. "Wir sollten nicht auf Knien rutschen und betteln, dass man für die Nationalmannschaft spielen soll", meinte Fliegauf vielsagend.

Die Körperlosigkeit, mit der sich die heillos überforderten DEB-Profis den Angriffswellen der NHL-Stars fast schon ergaben, verwunderte auch Bundestrainer Cortina: "Es ist okay, ein Spiel zu verlieren. Aber es ist nicht okay, seine Identität zu verlieren."

Allerdings hatte auch der Bundestrainer die Pleite an der Bande mehr oder weniger emotionslos hingenommen. Nicht eine einzige Auszeit nahm Cortina, dessen auslaufender Vertrag nach der WM sehr wahrscheinlich nicht verlängert wird.

Zumindest waren die Spieler einsichtig. "Gut gelaufen ist gar nichts", sagte NHL-Profi Tobias Rieder: "Wir müssen das Ergebnis aus unseren Köpfen streichen."

Dennis Endras dürfte das wohl am schwersten fallen. Als Torwart lebt der 29-Jährige wie kein anderer auf dem Eis vom Selbstvertrauen, das er mit einem überragenden Auftritt gegen Frankreich gestärkt hatte. Gegen Kanada gab es für den Mannheimer Meistergoalie aber sechs Gegentore und die Auswechslung im Mitteldrittel.

Einen anderen Torhüter von Beginn an aufzustellen, kam für Cortina aber nicht infrage: "Wenn ich nicht den Torwart aufgestellt hätte, der das erste Spiel gewonnen hat, was für ein Zeichen hätte ich dann an meine Mannschaft gesendet?"

Endras selbst war frustriert. "Superstars hin oder her - so haben wir uns das alles nicht vorgestellt", sagte der Held der Heim-WM 2010 in seinem täglichen Video-Tagebuch: "Ich hoffe es ist verständlich, dass heute nichts Lustiges von mir kommt. Es war ein bitterer Abend."

(sid)
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