Skandal von Saint-Etienne Kroatien droht der Ausschluss auf Bewährung

Saint-Étienne · Die Ausschreitungen passen allerdings nicht zu typischen Fan-Krawallen. Bei den Kroaten steckt noch mehr dahinter.

 Kroatische Fans sorgen gegen Tschechien beinahe für einen Spielabbruch.

Kroatische Fans sorgen gegen Tschechien beinahe für einen Spielabbruch.

Foto: afp

Ivan Rakitic befürchtet das Schlimmste. "Wir müssen sehen, ob wir gegen Spanien überhaupt noch spielen dürfen. Vielleicht schicken sie uns nach Hause", sagte der Spielmacher der kroatischen Nationalmannschaft nach den schweren Ausschreitungen der eigenen Fans in Saint-Étienne. Heute will die Disziplinarkommission der Uefa entscheiden. Ein Ausschluss droht den Kroaten wahrscheinlich nicht. Eher ein Urteil auf Bewährung wie schon zu Beginn des Turniers bei den Russen.

Durch das Abschießen von Feuerwerkskörpern und wüsten Schlägereien untereinander hatten die Anhänger für eine Unterbrechung des Spiels gegen Tschechien (2:2) gesorgt. Der kroatische Verband HNS entschuldigte sich für "das Verhalten dieser Hooligans". Kroatiens Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic sprach sogar von "Staatsfeinden". Eine harte Strafe der Uefa wird schon allein deshalb erwartet, weil die Kroaten als besonders schwerer Fall von Wiederholungstätern gelten. Doch die Ausschreitungen im kroatischen Block passen nicht in das Schema gängiger Fan-Krawalle. Hier geht es nicht um stumpfe Gewalt, sondern offenbar um einen mehr und mehr eskalierenden Konflikt zwischen kroatischen Fans und dem hochumstrittenen Verband HNS.

Auffällig ist, wie gezielt die Ultra-Gruppen Spiele der eigenen Mannschaft sabotieren. Alle Experten sind sich einig, dass es dabei primär um eines geht: Dem vermeintlich korrupten und mafiösen Verband zu schaden und ihn in aller Öffentlichkeit zu diskreditieren. In diesem Konflikt nehmen die Anhänger sogar eine Schwächung des eigenen Teams in Kauf. Die kroatischen Spieler reagierten geschockt auf die vierminütige Unterbrechung. Danach kassierten sie noch das 2:2.

Präsident des Verbands ist der ehemalige Weltklasse-Stürmer Davor Suker. Doch der WM-Held von 1998 gilt nur als Marionette des eigentlich mächtigsten Mannes im kroatischen Fußball: Zdravko Mamic, langjähriger Präsident von Serienmeister Dinamo Zagreb und Vizechef des HNS. Mamic wird angeklagt, beim Transfer von Dinamo-Spielern ins Ausland in die eigene Tasche und an der Steuer vorbei gewirtschaftet zu haben. Er saß deshalb schon in Untersuchungshaft. Alle wesentlichen Figuren im kroatischen Fußball gelten als Männer von Mamic' Gnaden. Gegen diese Verhältnisse kämpfen die Fans mit gewalttätigen Methoden an. Der Verband und fast alle Experten werfen einer Ultra-Gruppe von Hajduk Split vor, hinter den Ausschreitungen zu stehen. Im Internet bekannten sich organisierte Anhänger von Dinamo Zagreb dazu.

Der Verband startete einen Gegenangriff und attackierte den eigenen Staat und die Uefa. Die Uefa und die Sicherheitskräfte will er sogar genau vor solchen Ausschreitungen gewarnt haben.

(dpa)
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