Kolumne Gegenpressing Es muss nicht immer "Ja gut, äh" sein

Blabla hören wir nach jedem Fußballspiel. Diese Woche aber war Zeit für Klartext. Ralf Rangnick, Robin Dutt und ein gewisser Dennis Erdmann lieferten Provozierendes, Erhellendes und Entlarvendes. Danke dafür!

Ralf Rangnick – Nationaltrainer in Österreich
16 Bilder

Das ist Ralf Rangnick

16 Bilder
Foto: AFP/GLYN KIRK

Irgendwo in einem wichtigen Dokument der Menschheitsgeschichte steckt die Anweisung, dass Fußballspieler unmittelbar nach dem Spiel von Reportern befragt werden müssen. Möglicherweise verbirgt sich dieses grundlegende Gebot zwischen den Zeilen auf Moses' Gesetzestafeln, im Kommunistischen Manifest oder im Godesberger Programm der SPD. Ob ARD oder Sky oder der Kinderkanal - kein Sender wagt es, sich ihm zu widersetzen.

Diese Praxis (können Journalisten das Spiel nicht selbst beurteilen?) hat den merkwürdigen Beruf des "Field Reporters" hervorgebracht. Das ist die arme Sau, die nach dem Abpfiff einen Spieler vor Mikrofon und Werbewand zerren, ihm den Mopp mit dem Senderlogo ins Gesicht halten und dann zu den "Ja gut, äh"-Antworten interessiert nicken muss. Es ist erstaunlich, dass bei all diesen Antworten von Lahmscher Langeweile die Einschaltquote nicht regelmäßig in den negativen Bereich stürzt.

Wenn doch mal jemand etwas sagt, das um ein paar Millimeterchen von der Norm abweicht, wird er zum Grimme-Preisträger hochstilisiert. Denken wir an Per Mertesacker, die Weltmeisterschaft, die Eistonne. Diese Woche war Eistonnen-Per-Gedächtniswoche — womöglich, weil am Donnerstag Vollmond war. Statt "Ja gut, äh" gab's nach Schlusspfiff Provozierendes, Erhellendes, Entlarvendes zu hören. Zur letzten Kategorie gehören die Statements, die manche Würdenträger zum Thema "Doping im Fußball" losließen. Spieler, die dopen, "würden sich in der Leistung nachher eher verschlechtern", sagte Robin Dutt, der Sportdirektor des VfB Stuttgart. Erstaunlicherweise assistierte ihm dabei der ansonsten als kluger Kopf auffällige ARD-Fußballexeget und Sprachkünstler Mehmet Scholl.

Dutt wiederum wurde Opfer einer verbalen Grätsche aus Leipzig. Dort trompetete der für sein Sendungsbewusstsein bekannte Professor h.c. Ralf Rangnick heraus, dass Alexander Zorniger spätestens im Sommer seinen Dienst als Trainer bei Dutts VfB antreten werde. Rangnick widersetzt sich dem Gesetz, nach dem es sich nicht gehört, in anderer Leuts Angelegenheiten reinzuquaken. Sehr unterhaltsam. Bitte weiter so!

Als Redner der Woche tat sich ein gewisser Dennis Erdmann hervor, der seine ersten Schritte und Tritte bei der SpVgg Balkhausen-Brüggen-Türnich im Erftkreis unternahm. Mittlerweile hat er sich bis zum Drittligisten Dresden vorgegrätscht und ein bisschen Berühmtheit dadurch erlangt, dass er sein Knie folgenreich in Marco Reus' Oberschenkel platzierte. Erdmanns blöder Spruch: "In der Kreisliga spielt man weiter." Sein guter Spruch: "Als mir Immobile erzählte, was er verdient, habe ich die Klappe gehalten" Hoffentlich macht er sie bald wieder auf.

Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort