Boxen: IBF-Mitglied war jahrelang FBI-Spitzel Es wurden auch Kampfurteile durch Bestechungsgelder beeinflusst

Los Angeles (dpa). Ein langjähriges Mitglied der Exekutive der International Boxing Federation (IBF) hat der US-Bundespolizei FBI als Spitzel bei den Untersuchungen gegen seinen unter Korruptions- und Manipulationsverdacht stehenden Box-Weltverband gedient. Mit Hilfe von Doug Beavers konnte das FBI seit 1997 zwei Jahre lang die kriminellen Machenschaften des angeklagten IBF-Präsidenten Robert W. Lee hautnah verfolgen und spektakuläre Beweismaterialien zusammentragen.

Als Vorsitzender der IBF-Ranglisten-Kommission war Beavers in das Innenleben seiner Organisation vollends eingeweiht. Das FBI hatte ihm für seine Zusammenarbeit Immunität zugesichert.

Die umfangreichen Beweisunterlagen in Form von Zeugenaussagen, geheimen Videoaufzeichnungen und stundenlangen Besprechungen würden Stoff für einen Spionageroman bieten, berichtete die Los Angeles Times. Bei den Telefongesprächen und konspirativen Treffen, bei denen es um die Manipulierung von Ranglisten und rund 30 WM-Kämpfen ging, hätten sich Lee und die Promoter bzw. Manager nur mit Tarnnamen angeredet. Promoter Don King firmierte unter dem treffenden Pseudonym "Fuzzy Wuzzy", was so viel wie dicker, schwarzer Krauskopf bedeutet. Ein anderer, bei dem es sich um Wilfried Sauerlands US-Partner Cedric Kushner handelt, hieß "the fat man". Für die angeblichen Bestechungen dienten die Worte "Truthahn" und "Füllung".

Aus den Dokumenten ginge hervor, dass die Bestechungen im bescheidenen Rahmen begannen. 1985 wollte Promoter Hisashi Ikeda einen Revanchekampf im Bantamgewicht zwischen Weltmeister Jeff Fenech und Satoshi Shingaki. Jeder IBF-Funktionär, der am Zustandekommen des Fights beteiligt war, soll mit 500 Dollar honoriert worden sein.

Als ideale Korruptionsbörse hätte sich die jährliche IBF-Tagung erwiesen, wo die Funktionäre des Weltverbandes und alle wichtigen Promoter zusammenkamen. So erhielt Beavers, von dem eine 59-seitige eidesstattliche Erklärung vorliegt, 1994 in Reno unerwarteten Besuch auf seinem Hotelzimmer von Promoter Ron Weathers, der ihm 20 000 Dollar übergab. Im nächsten Monat wurde dessen bislang unplatzierter Schwergewichtler Joe Hipp in der Rangliste als Fünfter eingestuft.

Das meiste Bestechungsgeld sei offensichtlich für den WM-Kampf am 22. April 1995 in Las Vegas zwischen dem unplatzierten Axel Schulz und Titelverteidiger George Foreman geflossen. Präsident Lee habe für die Sanktionierung 200 000 Dollar gefordert. Foreman-Manager Bob Arum bezahlte die Hälfte der Summe im Voraus. Als er von einer dritten Person erfuhr, dass Lee auch persönlich bei Foreman war, und sich von ihm 250 000 Dollar abholte, "weigerte ich mich, weiteres Geld zu zahlen", sagte Arum in seiner Vernehmung. Doch damit nicht genug.

Nach der umstrittenen Punktniederlage des Schwergewichtlers aus Frankfurt/Oder hatte Kushner zwei Monate später in Sauerlands Auftrag einen Rückkampf eingefordert, für den Lee noch einmal 100 000 Dollar verlangte - und erhielt. Beaver selbst habe das Geld im Juni 1995 auf Long Island in Kushners Haus abgeholt. Danach machte er seine Runde, erst übergab er 50 000 Dollar an den IBF-Boss, dann 25 000 Dollar an IBF-Exekutiv-Mitglied Donald Brennan, den Rest behielt er selbst. Der Kampf fand aber nie statt. Schulz boxte danach gegen den gedopten Südafrikaner Francois Botha. Der Fight ging als nicht gewertet in die Statistik ein.

Das vollständige Ausmaß der strafrechtlichen Handlungen wird spätestens am 28. März offenkundig. Dann soll der Prozess gegen die Hauptbeschuldigten, Präsident Lee, dessen Sohn Robert, Donald Brennan und IBF-Kommissioner Francisco Fernandez (Kolumbien) beginnen. In der 39 Punkte umfassenden Anklage wird ihnen vorgeworfen, Ranglisten- Plätze manipuliert, Kampfurteile durch Bestechungsgelder beeinflusst, Steuergelder hinterzogen und Geld gewaschen zu haben. Zudem laufen seit November Anklagen gegen sieben Promoter und Manager; sie sollen Bestechungsgelder zwischen 1 000 und 100 000 Dollar gezahlt haben.

(RPO Archiv)
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