Analyse FC Arsenal unterschätzt Kölner Fans

London · Die Rückkehr des 1. FC Köln nach 25 Jahren auf die europäische Fußball-Bühne verzögert sich um eine Stunde. Beim FC Arsenal in London ist man vom Ansturm der rund 10.000 Gäste-Fans überfordert. Letztlich siegt das Fingerspitzengefühl.

FC Arsenal - 1. FC Köln: "Party und Blocksturm" – Pressestimmen
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Arsenal - Köln: Pressestimmen

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Foto: rtr

Geschäftsführer Jörg Schmadtke bat, dem 1. FC Köln Zeit zu geben, die Vorkommnisse erst einmal zu analysieren. Torhüter Timo Horn verurteilte die Anhänger: "Solche Fans brauchen wir nicht!" Beide hatten auf ihre Weise Recht. Beim Chaos rund um das Europa-League-Spiel beim FC Arsenal (1:3), das mit einer Stunde Verspätung angepfiffen wurde, gilt es aber vor allem einen differenzierten Blick zu behalten. Hysterie und Panik sind fehl am Platz. Kritik an den Chaoten und dem FC Arsenal sind angebracht.

10.000 Anhänger des 1. FC Köln waren mit nur einem Ziel nach London gereist: ihre Mannschaft bei der Rückkehr nach 25 Jahren aufs internationale Parkett zu unterstützen. Offiziell hatte Köln 2900 Karten erhalten, das von der Europäischen Fußball-Union vorgeschriebene Mindestkontingent (fünf Prozent der Stadionkapazität). Nach mehr als 20.000 Anfragen hatten die Kölner mehrmals den FC Arsenal gebeten, das Kontingent aufzustocken. Die Londoner weigerten sich beharrlich.

Im Laufe des Spieltages blieb es weitgehend ruhig. Aggressive Stimmung war nicht zu erkennen. Dass sich das am Abend rund um das Stadion in zwei Situationen ändern sollte, hatte dann aber nur bedingt etwas mit der großen Anzahl an Gästefans zu tun. Denn exakt hier muss man zwischen den Krawallsituationen und dem Chaos rund um das Stadion differenzieren.

Das Grundproblem liegt zunächst bei den unterschiedlichen Fankulturen. Während es hierzulande auch neutrale Sitzplätze gibt, sind Stadien in England nur in Heim- und Gästebereich unterteilt. Es ist nicht üblich, dass auf Haupt- oder Gegentribüne Fans gegnerischer Mannschaften nebeneinander sitzen. Die Kölner Fans sind in dieser Hinsicht anders sozialisiert. Einige Ticketlose kamen zum Stadion, um auf dem Schwarzmarkt noch Karten zu kaufen - was teils auch gelang. Andere hatten sich im Internet mit Tickets für die Blöcke rund um den Gästesektor eingedeckt. Dass rund 8000 Kölner im Stadion waren, nötigte sogar Arsenal-Trainer Arsene Wenger ein Lob ab: "Das haben sie clever gemacht." Sein Verein hatte das auch mit Naivität befördert. Mitglieder konnten für das bei Arsenal-Fans wenig beliebte Spiel vier Tickets zum Spottpreis von je 30 Euro erwerben. Diese fanden über das Internet reißenden Absatz.

Sowohl Ordnungsdienst als auch die Polizei waren allem Anschein nach nur auf die offiziellen 2900 Fans eingestellt und überfordert, mit der größeren Menge an Zuschauern umzugehen. Fakt ist, dass nach Stadionrichtlinien den Gäste-Fans der Zutritt zu diesen Bereichen verwehrt werden kann. Der Verein beschloss daraufhin, die Stadioneingänge zu schließen und zu beraten, ob die Sicherheit beim Spiel zu gewährleisten sei. Dass kurz zuvor etwa 50 Kölner Chaoten einige Ordner angegriffen hatten, Absperrungen durchbrochen hatten und sich so Zutritt zum Stadion verschaffen wollten, hatte mit der Verzögerung nur am Rande zu tun, wie ein Arsenal-Sprecher bestätigte. Auf diese Krawallmacher bezog aber Timo Horn seine Aussage, ebenso wie auf die, die sich kurz nach Wiederöffnung der Stadiontore auf der Hintertortribüne eine kurze Prügelei mit Arsenal-Fans und Ordnern lieferten. Ein absolut unnötiges Fehlverhalten, das der Bundesligist auf seiner Internetseite scharf verurteilte, weil es dem 1.FC Köln "schweren Schaden" zufügte.

Ein Lob gebührt hingegen den Tausenden Fans, die sich in der Stunde des teils ungewissen Wartens vor dem Stadion in engem Gedränge ruhig verhielten. Eine Absage des Spiels stand kurz bevor, wie Schmadtke bestätigte. Es war eine gute Entscheidung, dass Arsenal doch noch Fingerspitzengefühl über Stadionrichtlinien stellte und die Kölner Anhänger in die Blöcke außerhalb des Gästebereichs ließ.

Eine Absage hätte das Aggressionspotenzial um ein Vielfaches erhöht. Mit ein wenig mehr Verständnis für das Herz der Fußballfans hätte dieses Chaos allerdings bereits im Vorfeld vermieden werden können.

(erer)
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