Ukraine-Krise als Grund Schalke geht auf Distanz zu Russland

Gelsenkirchen · Der Fußball-Bundesligist stoppt vorerst sein Engagement wegen der Ukraine-Krise und orientiert sich nach China. Der Vertrag mit dem Gaskonzern Gazprom als Hauptsponsor hat allerdings Bestand.

 Schalke trägt den Schriftzug von Gazprom auf der Brust, orientiert sich aber marketingtechnisch nach China.

Schalke trägt den Schriftzug von Gazprom auf der Brust, orientiert sich aber marketingtechnisch nach China.

Foto: dpa, te fpt

Josef Schnusenberg freute sich. "Im Gegensatz zu anderen Verhandlungen, die wir mit Sponsoren geführt haben, waren die mit Gazprom sehr unkompliziert und sehr schnell", sagte der damalige Finanzchef des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 zu Beginn des Jahres 2007. Der russische Gaskonzern zahlte pünktlich im Vierteljahresrhythmus. "Einen Tag, nachdem die Rechnung bei uns rausging, war das Geld schon da", sagte Schnusenberg damals. Der Klub konnte und kann die Millionen gut gebrauchen - rund 15 Millionen Euro zahlt Gazprom pro Jahr.

Schalkes Marketingvorstand Alexander Jobst lobt den Hauptsponsor auch heute, mehr als sieben Jahre später, noch. "Ich kann betonen, dass Gazprom uns gegenüber ein loyaler Partner ist und noch lange sein wird", sagte er im Interview mit der deutschen Ausgabe des "Wall Street Journals". Doch die Orientierung in Richtung Russland bereitet ihm angesichts des Konflikts um die Ost-Ukraine Schwierigkeiten. "Aktuell und zumindest mittelfristig liegt Russland als vorgesehener Zielmarkt unserer Internationalisierungsstrategie auf Eis", sagte er in schönstem Wirtschaftsdeutsch. Marketingaktivitäten und Reisen nach Russland finden in absehbarer Zeit nicht statt, "das würde auch unseren Werten und Grundsätzen widersprechen" (Jobst).

Im Frühjahr noch hatte Aufsichtsratschef Clemens Tönnies einen Besuch des Champions-League-Teilnehmers bei Staatspräsident Wladimir Puntin angekündigt, weil die Mannschaft "gern mal den Kreml sehen" wolle. Als Termin wurde die Zeit nach der Weltmeisterschaft genannt. Nach öffentlicher Kritik am Reiseplan sagte Tönnies dann, ein Besuch sei angesichts der politischen Situation "derzeit nicht angebracht".

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Nun wenden sich die Schalker von Russland ab und orientieren sich nach Fernost. Im nächsten oder übernächsten Jahr soll die Mannschaft eine Gastspielreise nach China unternehmen, um dort neue Anhänger zu gewinnen. In China sind neben den in Asien besonders populären englischen Klubs aber auch schon Borussia Dortmund und Bayern München aktiv. Fast alle Bundesligisten suchen neue Verdienstmöglichkeiten in der Ferne. Bayer Leverkusen zum Beispiel ließ sich gerade in Südkorea feiern. Der dort einst beheimatete Offensivspieler Heung-Min Son stand im Mittelpunkt.

Sportmarketing-Experte Pascal Schulte von der Agentur Repucom in Köln sagt: "Mit dem WM-Titel haben sich die Voraussetzungen für das Auslandsgeschäft noch einmal verbessert, die Vereine müssen jetzt den Weg ins Ausland gehen und dort neue Märkte erschließen." Im Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" sagte Schulte: "Im Bereich TV, Marketing, Sponsoring und Merchandising ist noch Luft nach oben, vor allem eben im Hinblick auf das Ausland."

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Derzeit erlöst die Bundesliga gut 70 Millionen Euro pro Jahr aus dem Verkauf der Fernsehrechte weltweit, ab der Saison 2015/16 verdoppelt sich dieser Betrag dank eines neuen, von der Deutschen Fußball-Liga ausgehandelten Vertrags. Die englische Premier League erlöst schon heute 560 Millionen Euro.

(RP)
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