Rückkehr zur Diktatur Ecclestone hat die Demokratisierung in der Formel 1 satt

Sotschi · Die politischen Querelen in der Formel 1 nehmen kein Ende. Für Bernie Ecclestone kann nur ein Diktator die Motorsport-Königsklasse retten - so wie er es einst war.

Wladimir Putin und Bernie Ecclestone beim Grand Prix in Sotschi
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Endlose Diskussionen um die Regeln, ausufernde Machtspiele vor und hinter den Kulissen - das alles zum Schaden seines "Babys" Formel 1. Der einstige Alleinherrscher Bernie Ecclestone hat die Demokratisierung in der Motorsport-Königsklasse satt und sieht nur noch einen Ausweg: die Rückkehr zur Diktatur.

"Wir müssen zurück zu den guten alten Tagen, als ich in einer Position mit viel mehr Macht war. Als ich ein Diktator war", sagte der Formel-1-Promoter am Rande des Großen Preises von Russland in Sotschi (Sonntag, 14 Uhr/Live-Ticker) der Sportzeitung Sovetsky Sports und holte zum Rundumschlag aus: "In der Demokratie, die wir heute haben, manipulieren gewisse Leute den Sport, um eigene Interessen zu verfolgen."

Für den 85-jährigen Brite ist die aktuelle Struktur der Formel 1 "einfach falsch". Durch die Demokratisierung habe man es Ferrari und Mercedes "erlaubt, dass sie unsere Show leiten, indem sie den meisten Rennställen Motoren liefern".

Wenn Ecclestone oder der Automobil-Weltverband FIA nun eine Neuerung einführen wollen, wird auch die Zustimmung der Teams gebraucht. Dies sei "falsch", erklärte der Formel-1-Zampano: "Das passiert eben, wenn Demokratie nicht funktioniert."

Unterstützung erhielt Ecclestone durch Force-India-Pilot Nico Hülkenberg. "Zu viele Köche funktionieren nicht. Es braucht eine Person, die das Sagen hat. Bernie ist der Mann: cooler Typ, Legende, toller Humor. Es müsste nur technisch beraten werden, was wir machen", sagte der Emmericher.

Rookie Pascal Wehrlein (Worndorf/Manor) wünscht sich dagegen eine weitere Demokratisierung: "Wir Fahrer wissen, was spektakulär ist." In der Mitte sortierte sich Nico Rosberg ein. Der Mercedes-Pilot glaubt, dass der eingeschlagene Weg in die richtige Richtung führt. "Die FIA fragt uns viele Dinge. Wir können mit unseren Erfahrungen im Auto dem Sport etwas geben", sagte der WM-Spitzenreiter.

Ecclestone führte die Formel 1 von den 1970er-Jahren bis zur Einführung von Strukturreformen durch FIA-Präsident Jean Todt im Jahr 2009 wie ein Alleinherrscher, machte den PS-Zirkus zu einer globalen Hochglanz-Rennserie mit Milliardenumsätzen. Allerdings musste er für seine Gutsherrenart oder die Vergabe von Rennen in menschenrechtlich umstrittene Gegenden auch viel Kritik einstecken.

Todt, der sich die Modernisierung der Strukturen auf die Fahnen geschrieben hatte, installierte Gremien wie die Formel-1-Kommission, in der neben Vermarkter FOM und der FIA unter anderem jedes Team sowie einige Sponsorenvertreter und Streckenbetreiber stimmberechtigt sind.

Zuletzt ließen Machtspiele der einzelnen Interessengruppen bezüglich des Qualifying-Modus die Formel 1 schlecht aussehen. Auch die Verabschiedung des Reglements für 2017 mit Deadline am Samstag droht aufgrund divergierender Interessen zur Hängepartie zu werden. Ecclestones Problem: Das aktuelle Concorde Agreement zwischen FIA, FOM und den Teams läuft bis 2020, solange sind die Abstimmungsverhältnisse zementiert.

Ecclestones Antrieb ist vor allem, die Formel 1 spannend zu halten. Die Dominanz von Mercedes seit Beginn der Hybrid-Ära 2014 (35 Siege in 41 Rennen) ist dem Briten ein Dorn im Auge: "Ich hoffe wirklich, dass Ferrari ein gutes Jahr hat und Red Bull einen besseren Motor bekommt. Konkurrenz belebt das Geschäft, die Fans wollen das."

Zwar könne er "verstehen", dass sich Mercedes gegen grundlegende Änderungen sträube, weil sie viel Arbeit investiert hätten, doch "eine solche Dominanz tut dem Sport einfach nicht gut", sagte Ecclestone: "Viele Leute sprechen mich an, sie würden sich nicht mehr wie früher auf den Rennsonntag freuen: Weil sie wissen, wer gewinnt."

(sid)
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