Denkzettel für die Königsklasse Fans finden Formel 1 zu teuer und zu langweilig

Silverstone · Zu langweilig, zu teuer: Die weltweite Fan-Umfrage sollte ein erster Befreiungsschlag für die kriselnde Formel 1 sein, stattdessen ist sie ein Denkzettel. Und die Wünsche von Fans und Machern der Königsklasse liegen weit auseinander.

GP von Monaco 2015: die Grid-Girls und ein Mann
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Foto: dpa

Die Formel 1 hat ihre Fans befragt, und mächtig was um die Ohren bekommen. Zu teuer und zu langweilig finden Anhänger aus aller Welt die Königsklasse, zu wenig Wettbewerb, zu viel Geschäft — das Fazit der größten Umfrage in der Geschichte des Sports wird zum echten Denkzettel für die Macher der Formel 1.

"Die Teilnahme war überwältigend", ließ die Fahrergewerkschaft GPDA um Sebastian Vettel und Co. vor dem Großen Preis im englischen Silverstone (Sonntag, 14 Uhr/Live-Ticker) mitteilen, "und die Botschaft ist deutlich. Ja, die Formel 1 steht vor Herausforderungen, und sie kann verbessert werden."

Mehr als 217.000 Fans aus 194 Ländern hatten an der von der GPDA in Auftrag gegebenen Umfrage teilgenommen. Und der Großteil von ihnen denkt beim Thema Formel 1 derzeit vor allem an die Attribute "teuer", "technologisch" und "langweilig". Noch 2010 hatten die Anhänger in einer ähnlichen Umfrage die Schlagwörter "technologisch", "ausgeglichen" und "spannend" gewählt — das ist alarmierend.

89 Prozent wollen größeren Wettkampf

Die überwältigende Mehrheit von 89 Prozent wünscht sich größeren Wettbewerb im Kampf um die WM, denn seit 2014 fährt Mercedes mit Weltmeister Lewis Hamilton und Nico Rosberg allen davon, und schon zuvor hatte Red Bull Racing mit Vettel die Formel 1 teilweise nach Belieben dominiert. Auch bei den Fahrern wächst gerade im Mittelfeld der Unmut, dass eigentlich nur zwei Autos echte Siegchancen haben. "Ich bin genau der gleichen Meinung", sagt etwa Force-India-Pilot Nico Hülkenberg: "Im Motorsport sollte es um Zweikämpfe gehen, um Rad-an-Rad-Duelle und um Unterhaltung."

85 Prozent meinen zudem, dass die Formel 1 mehr tun muss, um neue Fans zu gewinnen und alte Fans zu halten. Die Fan-Umfrage war dabei nun eine erste Maßnahme, angestoßen von den Fahrern — doch mit der Veröffentlichung der Ergebnisse fangen neue Diskussionen gerade erst an, denn eines wird schnell klar: Was die Fans am meisten wollen, widerspricht in großen Teilen den Wünschen der Teams.

So hofft der Großteil von 80 Prozent auf einen neuen "Reifenkrieg", also mehr als nur einen Reifenlieferanten, 60 Prozent möchten zudem Tankstopps während der Rennen wieder einführen. Red-Bull-Teamchef Christian Horner warf den Fans sogleich vor, durch eine "rosarote Brille" auf die Formel-1-Vergangenheit zu schauen. Zwei Reifenlieferanten hätten der Königsklasse geschadet, da sich die Hersteller damals auf einzelne Teams konzentrierten. Nicht nur Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff weist zudem darauf hin, dass Tankstopps "die strategischen Varianten im Rennen einschränken und für weniger Überholmanöver sorgen".

Interessant ist nun, wie die Entscheidungsträger mit den Ergebnissen umgehen. Den Willen vor allem zu Veränderungen des Sounds (72 Prozent der Fans ist dies wichtig) und der Optik der Rennwagen ab dem Jahr 2017 haben die Teams bereits mitgeteilt, auch Neuerungen schon ab 2016 wurden zuletzt diskutiert.

Dass die sogenannte Strategiegruppe der Formel 1 jedoch Vorschläge entgegen der eigenen Überzeugung entwickelt, darf wohl ausgeschlossen werden. Wolff hatte in dieser Angelegenheit kürzlich bereits tief blicken lassen. "Basisdemokratie funktioniert in der Formel 1 nicht", sagte der 43-Jährige, "soviel ist klar."

(sid)
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