Formel 1 in Belgien Hamilton siegt vor Vettel und verkürzt Rückstand

Spa · Zögerlich reckte Sebastian Vettel den Pokal des Zweitplatzierten in die Luft. Dann plötzlich löste sich der verkniffene Ausdruck im Gesicht des Ferrari-Stars, und Vettel küsste die silberne Trophäe sanft.

Formel 1: Lewis Hamilton jubelt über Sieg in Spa
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Großer Preis von Spa 2017: Hamilton jubelt über Sieg

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Foto: rtr

Nach seinem "Ja-Wort" zur Scuderia bis 2020 ist dem Heppenheimer beim Großen Preis von Belgien das sportliche Happy End zwar verwehrt geblieben, doch auch nach seiner hauchdünnen Niederlage gegen den "perfekten" Jubilar Lewis Hamilton bleibt Vettel Führender in der WM-Wertung - und blickt optimistisch auf das Ferrari-Heimspiel am kommenden Sonntag in Monza.

"Ich hatte Chancen auf den Sieg beim Start und beim Neustart. Da habe ich ein bisschen ins Lenkrad gebissen, als ich nicht an Lewis vorbeikam", sagte Vettel, der allerdings schnell das Positive herausstellte: "Das Wichtigste ist, dass wir das Auto deutlich verbessert haben. Ich denke, wir müssen uns vor keiner Strecke mehr fürchten, die dieses Jahr noch kommt."

Hamilton feierte indes in seinem 200. Grand Prix seinen 58. Formel-1-Sieg und verkürzte den Rückstand auf Vettel nach zwölf Saisonrennen auf sieben Punkte. Es war für den Engländer der perfekte Abschluss eines historischen Wochenendes, nachdem er am Samstag den "ewigen" Pole-Rekord von Michael Schumacher eingestellt hatte.

"Ein bisschen wie Nascar"

Trotzdem war der dreimalige Weltmeister nicht komplett glücklich. Weil die Rennleitung nach dem Crash der Force-India-Teamkollegen Esteban Ocon (Frankreich) und Sergio Perez (Mexiko) das Safety Car auf die Strecke geschickt hatte und das Rennen nach 29 von 44 Runden quasi wieder von vorn begann, wetterte der Mercedes-Star: "Es war ein bisschen wie Nascar. Sie wollten ein spannendes Rennen sehen." Vor der Siegerehrung pfefferte er gar seine Handschuhe weg.

Allerdings erkannte auch Hamilton die starke Leistung Vettels an und sagte: "Ferrari hatte das ganze Wochenende die beste Pace für das Rennen. Es macht Spaß, auf diesem hohen Niveau mit Sebastian zu kämpfen."

Dass die Scuderia auf einmal auch auf Hochgeschwindigkeitskursen gegen Mercedes ernsthaft um den Sieg kämpfen kann, bereitet auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff Sorgen. "Ferrari hat einen großen Sprung gemacht. Es ist für uns ganz wichtig, dass wir auf Strecken wie Spa, die uns liegen, gewinnen", sagte der Österreicher bei Sky.

Dritter in einem hochklassigen Rennen mit zahlreichen Windschattenduellen wurde Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo (Australien). Der Emmericher Nico Hülkenberg (Renault) stellte mit Rang sechs sein bestes Saisonergebnis ein. Pascal Wehrlein (Worndorf) musste seinen Sauber nach einem Defekt bereits nach der zweiten Runde abstellen und sagte später zerknirscht bei Sky, dass er nicht mehr glaube, "nächstes Jahr in einem Sauber zu sitzen".

In der achten Runde war für einen guten Teil der weit über 100.000 Zuschauer der Tag bereits gelaufen, als der von zahlreichen Landsleuten unterstützte Niederländer Max Verstappen mit seinem Red Bull kopfschüttelnd ausrollte. "Ich kann das nicht glauben", funkte der 19-Jährige. Es war bereits das sechste vorzeitige Aus für den jüngsten Grand-Prix-Sieger der Formel-1-Geschichte in dieser Saison. Gar zum achten Mal nicht ins Ziel kam Ex-Weltmeister Fernando Alonso (Spanien) wegen eines neuerlichen Defekts an seinem McLaren-Honda.

Hamilton beschwert sich über Safety Car

Spannung kam auf durch den Perez-Ocon-Zusammenstoß. Hamilton und Vettel kamen in die Box, wobei sich der Heppenheimer den schnelleren Reifensatz aufziehen ließ. Hamilton beschwerte sich am Funk lautstark: "Warum ist das Safety Car überhaupt draußen?". Dadurch war sein kleines Polster dahin.

Das abschließende Herzschlagfinale war der Höhepunkt eines Wochenendes der Gänsehautmomente, das stark im Zeichen von Michael Schumacher stand. Fast auf den Tag 25 Jahre nach dessen erstem Sieg an gleicher Stelle (30. August 1992) drehte dessen 18-jähriger Sohn Mick im Vorprogramm des Rennens mit dem ersten Weltmeister-Auto seines Vaters, dem Benetton-Ford B 194 aus dem Jahr 1994, eine Runde auf dem Ardennen-Kurs. Dabei trug der Formel-3-Pilot einen Helm, der auf der einen Seite sein eigenes Design und auf der anderen das seines Vaters aus dessen Anfangsjahren in der Formel 1 trug.

Am Samstag hatte Hamilton im Qualifying von Spa seine 68. Pole Position erzielt und war dadurch mit Schumacher an der Spitze dieses Rankings gleichgezogen. Als ihm eine Glückwunschbotschaft von Schumachers Ehefrau Corinna und der Familie überbracht wurde, hatte der sonst so coole Hamilton Tränen in den Augen und würdigte Schumacher als "Legende" und "Idol".

Großer Preis von Belgien, 12. von 20 Läufen zur Formel-1-WM 2017, 44 Runden = 308,052 km

1. Lewis Hamilton (Großbritannien) Mercedes 1:24:42,820 Stunden (Durchschnittsgeschwindigkeit 218,183 km/h),
2. Sebastian Vettel (Heppenheim) Ferrari 2,358 Sekunden zurück
3. Daniel Ricciardo (Australien) Red Bull 10,791
4. Kimi Räikkönen (Finnland) Ferrari 14,471
5. Valtteri Bottas (Finnland) Mercedes 16,456
6. Nico Hülkenberg (Emmerich) Renault 28,087
7. Romain Grosjean (Frankreich) Haas 31,553
8. Felipe Massa (Brasilien) Williams 36,649
9. Esteban Ocon (Frankreich) Force India 38,154
10. Carlos Sainz jr. (Spanien) Toro Rosso 39,447
11. Lance Stroll (Kanada) Williams 48,999
12. Daniil Kwjat (Russland) Toro Rosso 49,940
13. Jolyon Palmer (Großbritannien) Renault 53,239
14. Stoffel Vandoorne (Belgien) McLaren 57,078
15. Kevin Magnussen (Dänemark) Haas 1:07,262 Minuten zurück
16. Marcus Ericsson (Schweden) Sauber 1:09,711
ausgeschieden: Sergio Perez (Mexiko) Force India (42. Runde), Fernando Alonso (Spanien) McLaren (26.), Max Verstappen (Niederlande) Red Bull (8.), Pascal Wehrlein (Worndorf) Sauber (2.)

schnellste Rennrunde: Sebastian Vettel 1:46,577 (41. Runde)

(seeg)
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