Formel 1 Neue Regeln — neue Spannung?

Düsseldorf · Schnellere und breitere Autos sollen die Königsklasse des Automobilsports wieder interessanter machen. Das neue technische Reglement - so die Hoffnungen der Rivalen und Fans - könnte die Überlegenheit von Mercedes beenden.

Formel 1 2017: Die Teams im Formcheck
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Die Formel-1-Teams im Formcheck

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Foto: dpa, jbu hak

20 Rennen, 1202 Runden, 6035,864 Kilometer - die Rahmenbedingungen für die Jagd um die WM-Titel in der Formel 1 stehen fest. Auch ist klar, dass sich nach dem Rücktritt von Mercedes-Fahrer Nico Rosberg spätestens am 26. November ein anderer Pilot als Champion feiern lassen darf. Ob an der Dominanz der Silberpfeile gerüttelt werden kann, bleibt abzuwarten. Seit 2014 setzten sie sich sowohl bei den Fahrern als auch bei den Konstrukteuren durch und stellten in 51 der 59 Rennen den Sieger.

Was ist neu bei den Autos?

Sie sollen aggressiver und attraktiver aussehen. Die Breite steigt von 1,80 auf 2,00 Meter, das Chassis um 20 Zentimeter auf maximal 1,60 Meter. Der Heckflügel ist nur noch maximal 80 statt 95 Zentimeter hoch. Die Reifen legen vorne um sechs und hinten um acht Zentimeter zu. Damit steigen Auflagefläche und Bodenhaftung. Die Boliden werden schneller - um bis zu fünf Sekunden pro Runde, lautet die Prognose.

Was bedeutet das für die Fahrer ...?

Es wird anstrengender. Da man in den Kurven deutlich schneller unterwegs ist, steigen die Fliehkräfte. Es wird vor allem für die Nacken- und Halsmuskulatur hart. Die Rolle des Fahrers wird wichtiger.

... und was für die Teams?

Durch die technischen Veränderungen fangen alle bei null an. Von Chancengleichheit ist man aufgrund der unterschiedlichen finanziellen Mittel dennoch weit entfernt. Aufgehoben wurde die Begrenzung bei der Motoren-Weiterentwicklung. Es kann wieder munter ins kostspielige Wettrüsten eingestiegen werden. Die Theorie: Die anderen Hersteller (Ferrari, Renault, Honda) rücken näher an den Branchenführer Mercedes heran. Statt 970 PS wird wohl die 1000er-Marke geknackt. Zu jedem Rennen werden extreme Weiterentwicklungen am gesamten Auto erwartet.

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Wer sind die Favoriten?

Natürlich erst einmal Mercedes. Lewis Hamilton ist erster Anwärter auf seinen dann vierten WM-Titel. Spannend wird sein, inwieweit ihn Rosberg-Nachfolger Valtteri Bottas ärgern kann. Ferrari präsentierte sich bei den Tests stark. Sebastian Vettel wird die Rolle des ersten Herausforderers zugetraut. Auf der Rechnung stehen auch die Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo und Max Verstappen. Das Versteckspiel und die Spekulationen sind ab Samstag vorbei, wenn es im Qualifying von Melbourne ernst wird.

Welche Probleme gibt es?

Glaubt man Toto Wolff, nicht wirklich gravierende. "Die Formel 1 ist der am besten funktionierende weltweite Sport", stellte der Mercedes-Teamchef fest. Gut, statt elf sind nur noch zehn Teams dabei. Manor musste aufgeben, da Sauber im vorletzten Saisonrennen seine ersten zwei Punkte holte und man auf Platz elf der Konstrukteurs-Wertung zurückfiel - und damit rund zehn Millionen Euro einbüßte.

Ob die erstmals seit Jahren durch die Regeländerungen nicht eingebremsten Autos auch spannendere, spektakulärere Rennen garantieren, ist die Frage. Der Fan wird gerne auf den Gewinn von fünf Sekunden pro Runde verzichten, wenn die Zeiten des ermüdenden Hinterherfahrens vorbei sind. Doch es gibt Zweifel, ob das Überholen einfacher wird.

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Hoffnungsträger Verstappen

Von 2010 bis 2014 beherrschte Red Bull die Szene, seitdem bestimmt Mercedes das Tempo. Auf Dauer ist dies ermüdend, wenngleich das Duell Rosberg gegen Hamilton einige Abwechslung bot. Kein Wunder, dass der erst 19-jährige Max Verstappen für viele eine Bereicherung war. Der Niederländer war oft im Grenzbereich unterwegs, aber seine forsche Art sorgte für Aufmerksamkeit, nach der die Königsklasse lechzt. Angesichts der immer sicherer werden Boliden blieben riskante Fahrmanöver ungestraft, freuten sich die Macher über den jungen Burschen, der die Alten aufmischte. Die Sichtweise ist allerdings mit Risiken verbunden.

Wie viele deutsche Fahrer gibt es?

2010 waren es sieben: Sebastian Vettel, der erstmals Weltmeister wurde, Nico Rosberg, Michael Schumacher, Adrian Sutil, Nico Hülkenberg, Timo Glock und zum Saisonende Nick Heidfeld. Diesmal ist nur noch ein Trio mit Vettel, Hülkenberg und Pascal Wehrlein am Start. Wie schon 2015 findet in Deutschland kein Rennen statt. Der Nürburgring konnte und wollte erneut nicht das Antrittsgeld zahlen.

Welche Chancen hat Liberty Media?

Der neue Besitzer der Formel 1 ist durch Verträge bis 2020 gebunden. Kaum zu erwarten, dass Teams im Sinne des Sports auf ihre Privilegien verzichten. Der US-Konzern will nun junge Leute über die neuen Medien gewinnen. So dürfen die Teams ab sofort Videos vom Rennwochenende senden. "Die Formel 1 ist kein Ritt auf der Kanonenkugel mehr, sie ist ein Schaulaufen von unglaublich komplizierter Technik", kritisierte der frühere Ferrari-Pilot Gerhard Berger in einem "Kicker"-Interview. Die Show auf und neben der Piste muss besser werden.

(RP)
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