Der Feind im eigenen Motor Red Bull und Sebastian Vettel verzweifeln an Renault

Montreal · Die Pannenserie der letzten Monate hat Sebastian Vettel nicht nur seiner Titelchancen beraubt - vor dem Großen Preis von Kanada wird auch der Riss zwischen Red Bull und Motorenpartner Renault immer tiefer.

Sebastian Vettels Red Bull am Haken
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Über den tiefen Fall des Weltmeisters musste Sebastian Vettel zuletzt vieles lesen, er regt sich kaum noch darüber auf. Eines will der 26-Jährige vor dem Großen Preis von Kanada (Sonntag, 20.00 Uhr/RTL und Sky) dennoch klarstellen. "Nichts kann passieren, dass man über den Winter einfach so das Fahren verlernt", sagt Vettel: "Wenn die Kiste nicht läuft, kann man der beste Fahrer am Lenkrad sein. Siegen kann man trotzdem nicht."

Vettels Kiste, das ist sein gar nicht mehr so neuer Red-Bull-Bolide, und der lief in den bisherigen sechs Saisonrennen in der Tat nur ganz selten rund. Eine Panne jagte die andere, der Erfolg lag damit einfach nicht mehr in der Hand des Titelverteidigers. "Das nervt natürlich, und es frustriert einen, wenn immer wieder ein Problem auftaucht", sagte der Heppenheimer der Sport Bild.

An vier der sechs Rennwochenenden warfen Vettel Schwierigkeiten mit dem RB10 zurück, und der Schuldige ist schnell gefunden: Motorenpartner Renault liefert dem Weltmeister-Rennstall seit Beginn der neuen Turbo-Ära einfach kein konkurrenzfähiges Material, Dominator Mercedes ist längst meilenweit enteilt. "Und wir sind erst jetzt auf dem Stand, auf dem wir schon im Januar hätten sein müssen", sagt Teamchef Christian Horner. Bei Red Bull Racing hat die Geduld mit dem französischen Partner daher langsam ein Ende.

Sogar von Schadenersatz war zwischenzeitlich die Rede, weil die vereinbarten Leistungen nicht erbracht worden seien und Renault zu spät auf "eindeutige Mängel" reagiert habe. "Das ist ein Rattenschwanz von Summen und Sachen, die uns verlorengehen, weil Renault nicht gut genug gearbeitet hat", sagte Motorsportberater Helmut Marko der Bild-Zeitung: "Der Imageschaden ist jetzt schon nicht mehr zu reparieren." Am Ende der Saison soll Bilanz gezogen werden. Ein juristischer Prozess, das stellte Marko in der Tageszeitung die Welt klar, sei dabei aber kein Thema: "Wir verklagen niemanden, schon gar nicht Renault, wir beklagen nur die Mängel des Motors."

Zunächst gilt es aber ohnehin, die aktuelle Saison ordentlich zu beenden. Mit 45 Punkten liegt Vettel recht aussichtslos hinter dem Mercedes-Duo Nico Rosberg (122) und Lewis Hamilton (118) zurück. Die WM ist kaum noch ein Thema, einzelne Siege dagegen schon. Auch das wird allerdings ein schwieriges Unterfangen, denn schon die bisherigen Umbaumaßnahmen am Antriebsstrang bringen ein weiteres Problem mit sich: Dem Champion drohen bei wenigen weiteren Schäden empfindliche Rückversetzungen in der Startaufstellung, da die erlaubten Ersatzteile pro Saison begrenzt sind.

"Wir stehen nicht besonders rosig da", sagt Vettel zu diesem Problem: "Es ist auf das ganze Feld gesehen vielleicht die schlechteste Ausgangsposition. Wenn es für uns Strafen gibt, dann müssen wir eben in den sauren Apfel beißen und von weiter hinten starten."

Seinen Optimismus hat Vettel vor dem Start in Kanada trotz allem noch nicht verloren. "Mir wäre auch lieber, dass das Auto schneller wäre", sagt er, "aber die WM ist noch längst nicht zu Ende. Ich bin zuversichtlich, dass wir wieder gewinnen werden."

Und auch die Beziehung zu seinem Rennstall sei angesichts der schwierigen Monate nicht abgekühlt - auch so eine Sache, über die er zuletzt vieles lesen musste. "Nur weil ich mal nicht gewinne, soll ich gleich das Team verlassen? Bullshit", sagt Vettel: "Ich bin nicht ein Teil dieser schnelllebigen Welt."

(sid)
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