Immer weniger Zuschauer Nach Mexiko-Party: Was macht die Formel 1 in Deutschland falsch?

Mexiko-Stadt · So eine Stimmung wie in Mexiko wünschen sich die deutschen Formel-1-Piloten beim Heimrennen im kommenden Jahr sicherlich auch. Das ist aber nicht realistisch. Sebastian Vettel sucht nach Gründen für das abnehmende Interesse am Rennsport.

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Knapp neun Monate bleiben dem Hockenheimring noch für seine Formel-1-Fiesta. Von Verhältnissen wie am Wochenende auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez in Mexiko-Stadt können die Verantwortlichen dort aber nur träumen. Gerade mal rund 52.000 Zuschauer zog es 2014 an den Kurs im Badischen - Negativrekord.

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"Es ist schade, dass in den letzten Jahren immer weniger Menschen zusehen, obwohl es ja deutsche Fahrer gibt, die um den Sieg kämpfen. Und ein deutsches Team, das um den Sieg kämpft", meinte Ferrari-Star und Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel.

Besser könne es eigentlich nicht sein. "Aber es scheint so, als wären die Leute beim Motorsport in anderen Ländern heute mit mehr Leidenschaft dabei", sagte Vettel nach dem Gänsehaut-Grand-Prix in Mexiko. 90.000 Fans strömten dort allein an den für gewöhnlich eher unspektakulären, weil entscheidungslosen Trainingsfreitag.

Am Sonntag waren es gar 134.000 Zuschauer - die bekam der Hockenheimring in den zwei zurückliegenden Auflagen am Entscheidungstag zusammengenommen nicht hin. Und: "Es waren vermutlich mehr deutsche Flaggen hier als in Deutschland", sagte Vettel zum Mexiko-Spektakel.

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Foto: dpa/Chris Putnam

Die Mexikaner machten den Grand Prix zu einem Erlebnis. Die Begeisterung kannte keine Namen, keine Nationen - sie galt dem Formel-1-Wochenende. "Warum das in Deutschland nicht so ist, ich habe da keine Erklärung für, ich weiß es nicht", kommentierte Mexiko-Sieger Nico Rosberg von Mercedes das absolute Stimmungshighlight der vergangenen Jahre.

Der Moderator im mexikanischen Fernsehen hatte am Tag nach der Gänsehaut-Siegerehrung eine einfach Erklärung dafür: "Das ist Mexiko." 23 Jahre fand in dem Land kein Formel-1-Rennen statt. "Man kann die Mentalität in Mexiko nicht mit der in Deutschland vergleichen", sagte Vermarkterin und Hockenheim-Beraterin Katja Heim der "Bild" (Dienstag-Ausgabe). "Aber auch wir hatten zu Michael Schumachers Zeiten so eine Euphorie bei Formel-1-Rennen."

In Deutschland wird seit 1960 gefahren - bis zu diesem Jahr. Aus Geldmangel musste der Nürburgring passen. Der Hockenheimring wollte in der Kürze der Zeit nicht einspringen, zu groß die Angst der Hockenheimring GmbH vor weiteren Verlusten. In Mexiko wird die Rückholaktion indes von der Stadt ordentlich mitfinanziert. Zudem soll der reichste Mann Mexikos, Carlos Slim, sein Interesse auch mit finanziellen Mitteln bekräftigt haben.

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Ist das Rennen ausverkauft, kommen satte Einnahmen rein, wie in Mexiko. Bleiben viele Plätze leer, droht ein Minus - der Ticketverkauf ist die einzige Einnahmequelle für die Veranstalter.
Vielleicht seien die Leute geizig, vielleicht die Tickets zu teuer, vielleicht die Menschen realistischer bei dem, was sie für ihr Geld bekommen wollten, als in anderen Ländern, mutmaßte Vettel.

Weniger mühevoll hatte Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone die deutschen Fans vor der endgültigen Absage in diesem Jahr schlichtweg als "lausig" bezeichnet. Die Anhänger in Mexiko wollten nicht nur dabei sei, sie wollten beim Gran Premio de Mexico richtig dazugehören.

Dass Liebling Sergio Perez (natürlich) nicht gewann, störte niemanden. Kurzerhand wurde "Nico, Nico, Nico" skandiert bei der Siegerehrung. Dass vor dem Rennen ein Kinderchor die Nationalhymne vortrug, passte zu dem perfekt inszenierten Event.

Für den Zuschauerschwund an manchen Strecken und in manchen Ländern auch am TV machten nicht wenige auch die leiseren Motoren verantwortlich. Auf den Rängen in Mexiko schienen sich die Fans darüber nicht mal eine Sekunde den Kopf zu zerbrechen - sie sangen und jubelten einfach lauter.

(dpa)
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