Formel-1-Weltmeister in der Krise Vettel wird sogar vom eigenen Team vorgeführt

Shanghai · Was ist bloß mit Sebastian Vettel los? Der Weltmeister wurde in China erneut von seinem Teamkollegen Daniel Ricciardo gedemütigt.

Sebastian Vettel nach Platz fünf in China gefrustet
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Vettel-Frust nach Platz fünf in China

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Die ultimative Demütigung erfuhr Sebastian Vettel schon in der 25. Runde. "Let Daniel pass, please — lass Daniel durch, bitte", lautete die Ansage vom Red-Bull-Kommandostand. Wie bitte? Vettel traute ganz offensichtlich seinen Ohren nicht. Er, der Star, der viermalige Weltmeister, der Dominator der vergangenen Jahre sollte den dauergrinsenden Daniel Ricciardo, seinen Teamkollegen, den Nobody aus Down Under kampflos vorbeiwinken. Welch ein Affront, was für eine Schmach, ungeheuerlich.

Vettel reagiert genervt

Entsprechend genervt war Vettel nach seinem fünften Platz beim Grand Prix von China. "Ich habe es zuerst nicht verstanden", sagte er, mies gelaunt wegen der Ansage, die fast einer Majestätsbeleidigung gleichkam: "Dann wurde mir mehr und mehr klar, dass ich nicht genug Speed hatte, und ich musste einsehen, dass es wenig Sinn machte, dagegenzuhalten." Am Ende wurde Vettel nicht nur erneut von Shanghai-Sieger Lewis Hamilton und dessen Mercedes-Kollegen Nico Rosberg abgehängt, der 26-Jährige trudelte auch erst knapp 25 Sekunden hinter dem Vierten Ricciardo ins Ziel.

Formel 1: Pressestimmen zum Großen Preis von China
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Pressestimmen zum Großen Preis von China

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Der freche Australier macht Platzhirsch Vettel das Leben in diesem Jahr so richtig schwer. Ricciardos Vorgänger und Landsmann hatte Vettel schnell gebrochen und im Griff, doch der Neue scheint eine härtere Nuss zu sein. Ricciardo zeigt keine Ehrfurcht, er rüttelt an der Vormachtstellung Vettels im Team und hat ihm nun schon zwei Mal nacheinander im Qualifying und im Rennen die Show gestohlen. Das passt Vettel gar nicht.

"Er ist sehr verwöhnt aus der Vergangenheit"

Auch RTL-Experte und Mercedes-Chef Niki Lauda wunderte sich über die schwache Vettel-Vorstellung. "Er muss hart an sich arbeiten", urteilte der Ex-Weltmeister: "Er ist sehr verwöhnt aus der Vergangenheit. Er hat mit dem Auto das Fahren verlernt. Ricciardo kannte das Auto nicht, er nimmt es jetzt einfach und fährt damit.
Das ist sein Vorteil."

Vettel ging denn auch mit sich selbst hart ins Gericht. Der einstige Vorzeigefahrer weiß, dass er gerade einen schlechten Job abliefert. "Ich komme im Moment mit dem Bock noch nicht klar, ich kann aber nicht sagen, woran es liegt", sagte er. Während des ganzen Wochenendes hatte er beklagt, sich im Auto "nicht richtig wohl" zu fühlen.

Noch hat Vettel als Fünfter in der WM-Wertung mit 33 Punkten neun Zähler mehr gesammelt als Ricciardo, der in den ersten beiden Rennen jeweils eine Nullrunde hinlegte. Der Trend spricht also gegen Vettel. "Daniel kommt mit dem Auto besser klar, er hat einen super Job gemacht", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner: "Es war eine sehr beeindruckende Fahrt von ihm. Bei Sebastian müssen wir bis Barcelona noch hart arbeiten."

Ein Rüffel vom Chef. Das hat Vettel auch schon lange nicht mehr erlebt. Erstmals muss er nach seinem atemraubenden Aufstieg zur Nummer eins der Szene mit einer Krise fertig werden. Der Gegenwind bereitet dem Wunderkind Kopfzerbrechen. Doch ans Aufgeben denkt Vettel natürlich noch lange nicht: "Generell kann man das Fahren nicht verlernen."

(sid)
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