Ex-Formel-1-Fahrer Ein Rennfahrerleben - Jochen Mass wird 70

Köln · Er ist der wohl bedeutendste deutsche Formel-1-Fahrer der Ära vor Michael Schumacher. Einer Zeit, als der Tod ein ständiger Begleiter der Fahrer war. Am Freitag wird Jochen Mass 70 Jahre alt - und ist heute vor allem dankbar, überlebt zu haben.

 "Ich bin überrascht, dass ich noch da bin", sagt Jochen Mass im Rückblick auf seine bewegten Rennfahrerkarriere.

"Ich bin überrascht, dass ich noch da bin", sagt Jochen Mass im Rückblick auf seine bewegten Rennfahrerkarriere.

Foto: dapd, dapd

Vor mehr als dreißig Jahren nahm Jochen Mass als Rennfahrer Abschied von der Formel 1. Und auch rund um seinen 70. Geburtstag am Freitag empfindet der Bayer rückblickend vor allem Dankbarkeit, überlebt zu haben.

"Beinahe zählt im Rennsport nicht. Entweder man überlebt oder nicht", sagt der Wahl-Franzose: "Es befriedigt mich, dass ich die ganzen Jahre weitestgehend gesund überstanden habe."

Mass war der wohl bedeutendste deutsche Formel-1-Fahrer der Ära vor Michael Schumacher. In 105 Rennen feierte er einen Sieg, später gewann er den legendären Langstreckenklassiker in Le Mans, noch heute nimmt er an Oldtimer-Rallyes teil. Rennsport ist sein Leben - und doch ergab seine Karriere sich eher zufällig, er habe als Jugendlicher keine großen Rennsport-Ambitionen gehabt, sagt er.

"Ich fuhr gut Auto, schneller als alle meine Freunde, das wusste ich", erklärt Mass im Gespräch mit dem SWR. Also probierte er es professionell und fand Gefallen. Die Laufbahn begann 1968 im Tourenwagen, 1973 debütierte er in der Formel 1 - in Silverstone war nach einer Massenkarambolage in der ersten Runde Schluss. "Schwere Unfälle gehörten früher beinahe zur Tagesordnung", erklärt Mass, und sie sollten für die einschneidenden Momente seiner Karriere sorgen.

Der einzige Formel-1-Sieg gelang 1975 auf dem gefährlichen Stadtkurs von Montjuïc in Barcelona, er wurde überschattet von einem Unfall, bei dem fünf Zuschauer und Streckenposten starben. Der in Führung liegende Rolf Stommelen war mit seinem Boliden von der Strecke abgekommen und in die Zuschauermenge geschleudert worden. Mass bekam im McLaren nur die Hälfte der Punkte für den Sieg - den er nie als solchen begreifen wollte. Als zweiter Deutscher nach Wolfgang Graf Berghe von Trips ging er dennoch als Formel-1-Sieger in die Geschichte ein.

Drei Jahre später überlebte Mass einen schweren Testunfall in Silverstone, erlitt zahlreiche Knochenbrüche und Verletzungen der Lunge. 1982 dann war der Deutsche in den tragischen Unfall verwickelt, der den Kanadier Gilles Villeneuve im belgischen Zolder das Leben kostete. "Furchtbar" und "schrecklich" seien die Erinnerungen an diesen Tag, sagt Mass mit leiser Stimme.

Mentor des jungen Michael Schumacher

Und nur drei Monate später flog er in Frankreich von der Strecke, wurde aus seinem brennenden Boliden gerettet - und machte sich nun doch finale Gedanken über seine Formel-1-Karriere. "Da zeigt jemand auf dich, das geht nicht mehr lange gut", habe er gedacht. Und er beendete seine Karriere in der Königsklasse.

Der leidenschaftliche Rennfahrer stieg um in den Sportwagen, gewann mit Manuel Reuter und Stanley Dickens 1989 in Le Mans. Später wurde er zum Mentor des jungen Michael Schumacher, schrieb ein Buch über seine Liebe zum Motorsport, blieb nah dran am Geschehen. Und trotz aller Gefahren, sagt er heute, "hätte ich mein Leben nicht anders leben können. Es hat mir sehr viel Freude gemacht. Und ich bin selbst überrascht und sehr dankbar, dass ich noch da bin."

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort