Verunglückter Formel-1-Pilot Jules Bianchis Vater: "Bleiben an seinem Bett"

Der schwere Unfall Jules Bianchis hat das Motorsportjahr 2014 geprägt. Auch kurz vor Weihnachten ist der Formel-1-Pilot ohne Bewusstsein.

Jules Bianchi – Bilder aus dem Leben des Formel-1-Fahrers
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Foto: dpa

Die Zeit schien für eine Weile stillzustehen an diesem dunklen Oktobertag in Suzuka. Monoton fiel der Regen aus einem schwarzen Himmel, im Fahrerlager blickten sich die Menschen aus leeren Gesichtern an. Und die meisten schwiegen, sprachen höchstens gedämpft über das, was geschehen war. Der schwere Unfall von Jules Bianchi hatte die sonst so hektische Formel 1 in Japan wie in Watte gepackt - und das Leben seiner Familie im zehntausend Kilometer entfernten Frankreich in Sekunden wohl für immer verändert.

Auch kurz vor Weihnachten bangen Freunde und Angehörige rund um die Uhr um Bianchi, nach seinen schweren Kopfverletzungen ist der 25-Jährige weiterhin ohne Bewusstsein. Immerhin, sagt sein Vater, der Rummel um den schwersten Formel-1-Unfall seit 20 Jahren ist abgeflacht, so etwas wie Alltag ist nun wieder möglich. "Man lässt uns in Ruhe", erzählte Philippe Bianchi der Zeitung Var-Matin, "und das ist eine gute Sache."

Jules Bianchi beim Großen Preis von Suzuka schwer verunglückt
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Schwerer Unfall von Bianchi in Suzuka

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Neuigkeiten zum Zustand seines Sohnes gebe es allerdings nicht, "es braucht Zeit und Geduld", sagte der Vater: "Jules ist stark. Wir bleiben an seinem Bett, wir versuchen, ihm all unsere Energie zu geben." Seit rund einem Monat ist das wieder etwas einfacher, denn Bianchi wurde aus dem Krankenhaus im japanischen Yokkaichi nach Nizza verlegt. Sein verbesserter Zustand machte das möglich, Bianchi atmet selbständig und liegt nicht mehr im künstlichen Koma.

Zustand weiter kritisch

Seine stabile Verfassung wird von den Ärzten allerdings weiterhin als kritisch bezeichnet. Über den weiteren Verlauf gibt es keine Angaben. Dieses Drama, das aus dem Nichts kam, setzt sich für die Familie also fort. Der 5. Oktober 2014 wird sie wohl ein Leben lang begleiten.

Die Formel 1 kehrte derweil Schritt für Schritt in ihren Alltag zurück. In Vergessenheit geriet Bianchis Unfall aber nicht. Seine Kollegen erinnern regelmäßig an sein Schicksal, und der Automobil-Weltverband FIA setzte eine Expertenkommission ein, um die Ursachen zu erforschen. Die Erkenntnis der Gruppe um den mehrfachen Weltmeister-Teamchef Ross Brawn: Den einen Grund für das tragische Unglück gibt es nicht.

Bianchi war auf dem nassen, hügeligen Traditionskurs von der Strecke abgekommen, sein Bolide raste gegen ein tonnenschweres Abschleppfahrzeug, das gerade den Wagen von Adrian Sutil barg. In den Sekunden zuvor, so die Unfallkommission, war es zu einer "Verkettung mehrerer Umstände" gekommen.

Formel-1-Fahrer mit Grußbotschaft an Jules Bianchi
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Fahrer mit Grußbotschaft an Bianchi

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Die Strecke war in eben dieser Kurve deutlich nasser als an anderen Stellen, ein Sicherheitssystem in Bianchis Marussia versagte offenbar, und der Franzose selbst hatte unter gelber Flagge nicht ausreichend gebremst. So war auch er nicht unschuldig am Ausritt, der für sich allein jedoch kaum der Rede wert gewesen wäre. Der Zusammenprall mit dem Bergungsfahrzeug sorgte für die fatale Wirkung.

In der Folge wurden Rufe nach einem besseren Schutz des Kopfes in den bislang offenen Cockpits wieder lauter - an Bianchis Schicksal hätte auch dies wohl nichts geändert. "Man kann kein 700 kg schweres Rennauto bauen, das bei einer Kollision mit einem 6,5 Tonnen schweren Fahrzeug überlebenssicher ist", hieß es in dem Bericht.

So soll künftig vor allem die Unfall-Prävention weiter verbessert werden. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen bei gelben Flaggen könnten mit einem virtuellen Safety Car umgesetzt werden, die Sicherheits-Software der Wagen soll insgesamt überprüft werden, die Drainage gerade älterer Strecken ebenso.

All das dürfte weiter dazu beitragen, dass die Formel 1 Risiken minimiert. Eines wird sich jedoch nie ändern. "Wir gewöhnen uns daran, wenn nichts passiert", sagt Niki Lauda, "und plötzlich sind wir dann alle überrascht. Wir müssten uns darüber im Klaren sein, dass Motorsport immer gefährlich ist."

Die Familie Bianchi wird seit dem 5. Oktober an jedem Tag daran erinnert.

(sid)
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