Formel 1 Der niederländische Schumacher

Francorchamps · 60.000 Holländer wollen ihren Landsmann Max Verstappen beim Großen Preis von Belgien anfeuern.

Formel 1:  Max Verstappen: Formel-1-Weltmeister
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Das ist Max Verstappen

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Foto: AP/Kamran Jebreili

Es ist noch früh an diesem Freitagmorgen. Gelbe Kennzeichen sind deutlich in der Überzahl, als sich die Autos mühsam ihren Weg zur Rennstrecke von Francorchamps bahnen. Dort findet morgen (14 Uhr/RTL) der Große Preis von Belgien statt, dort wird der Titelkampf zwischen Sebastian Vettel (Ferrari/202 Punkte), Lewis Hamilton (188) und Valtteri Bottas (beide Mercedes/169) fortgesetzt.

Vor 16 Jahren, heißt es, war das Rennen mit gut 100.000 Besuchern zuletzt so gut besucht. Damals sorgte Michael Schumacher für den Andrang. Der Kerpener hatte den Motorsport in Deutschland aus der Ecke der Umweltverschmutzer, der sinnlosen Raserei und des Spiels mit dem Leben geholt, seit er 1991 in Francorchamps debütierte und ein Jahr später mit seinem ersten Sieg einen ungeahnten Boom auslöste. Rennsport wurde wieder salonfähig. Die Deutschen konnten nicht nur gute Autos bauen, sie hatten auch einen Burschen, der ein Formel-1-Auto erfolgreich über den Asphalt steuern konnte.

Diesmal lockt Max Verstappen, in Belgien geboren, aber wie sein Vater Jos (ein früherer Formel-1-Pilot) für die Niederlande unterwegs, seine Landsleute in die Ardennen. 60.000 werden da sein, von denen 3000 auf der Verstappen-Tribüne Platz finden. Der Rennfahrer, seit Kindesbeinen für den Beruf des Rennfahrers gedrillt, gewann als erster Niederländer in der WM-Geschichte seit 1950 einen Grand Prix - am 15. Mai 2015 in Barcelona. In seinem ersten Rennen nach der Beförderung von Toro-Rosso zu Red Bull löste er mit 18 Jahren und 288 Tagen Vettel als jüngsten Sieger ab.

Verstappen ist für viele einer wie Schumacher oder Ayrton Senna, die beide die Formel 1 prägten. Er kam in die Königsklasse ohne Respekt vor großen Namen, oft auch ohne Rücksicht auf seine Kollegen, wenn es um Überholmanöver ging. "Das interessiert mich nicht", antwortete er auf Kritik an seiner Fahrweise, die als dreckig, gefährlich, hart oder professionell bezeichnet wird. Der Weltverband (Fia) schaute zu, ließ Verstappen, der endlich für Pfeffer und sportliche Schlagzeilen sorgte, gewähren. Es war der Schutzschild, der ihm die Arroganz erlaubte und sein schon großes Selbstbewusstsein noch stärkte. "Der Max hat einen alten Kopf auf jungen Schultern", meinte Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost. Er betreute das Supertalent bei dessen ersten 23 Rennen.

In diesem Jahr aber ist der Verstappen-Express ins Stocken geraten. Der Niederländer, der schon im Formel-1-Renner unterwegs war, bevor er die Führerscheinprüfung absolviert hatte, deutete an, sich einen Wechsel vorstellen zu können. Verstappen, der am 30. September erst 20 Jahre alt wird, hat sich zu einem der gefragtesten Fahrer im Feld entwickelt. "Wenn ich ein konkurrenzfähiges Auto habe, gibt es keinen Grund zu gehen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir konkurrenzfähig werden", sagte er.

Durch Defekte und unverschuldete Kollisionen fiel er in fünf der elf Rennen aus. Hatte er im Qualifying gegen den Kollegen Daniel Ricciardo die Nase vorn (7:4), liegt er in der Punktwertung hinten (67:117). Einen Tiefpunkt gab es vor der Sommerpause in Ungarn, als er nach dem Start seinen Teamkollegen abschoss. "Er war aufrichtig, und wir haben uns die Hände geschüttelt. Damit bin ich zufrieden", erklärte der Australier.

Verstappen ist noch ungestüm. Er will manchmal zu schnell zu viel, will mehr, als das Auto hergibt. Aber er lernt. "Im vergangenen Jahr wirkte er auf mich noch wie ein großes Kind. Jetzt sehe ich ihn als jungen Erwachsenen", sagte Ricciardo. Verstappens Fans sehen ihn am liebsten auf dem Podest. Möglichst schon morgen. Dann könnte das Wetter eine Rolle spielen. Wie gestern, als beim zweiten Training starker Regen einsetzte. Damit stand Hamilton früh als Schnellster fest, nachdem er auch am Vormittag die Bestzeit erzielt hatte. Vettel war 23 Jahre und 134 Tage alt, als er 2010 im Red Bull jüngster Champion wurde. Diesen Rekord zu knacken, ist Verstappens Ziel - das er nicht zwingend im Red Bull erreichen will.

(RP)
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