Zoff bei Mercedes in der Formel 1 Nico Rosberg und Lewis Hamilton: Feinde im eigenen Team

Düsseldorf · Als Lewis Hamilton im vergangenen Jahr zu Mercedes kam und neuer Teamkollege von Nico Rosberg wurde, waren sie angeblich noch Freunde. Schließlich kennen sie sich, seit sie 13 Jahre alt waren. Sie fuhren früher zusammen Kart, sie wohnen aktuell in Monaco im selben Haus.

Nico Rosberg und Lewis Hamilton sind keine Freunde mehr
Foto: afp, MM

Doch seit die Silberpfeile die Formel 1 in dieser Saison nach Belieben dominieren, kann man wöchentlich beobachten, wie sich das Verhältnis verschlechtert. Zunächst waren sie nur noch Teamkollegen, inzwischen sind die beiden auf der Schwelle zu einer offen ausgelebten Feindschaft. Der aktuelle Höhepunkt des Zwists: In Monaco "verbremste" sich Rosberg zur Pole Position, Leidtragender war unter anderem Hamilton.

Der Brite kochte. Würdigte seinen Ex-Freund keines Blickes mehr. Allerdings ist Hamilton selbst auch kein Kind von Traurigkeit. Zwei Wochen zuvor in Barcelona hatte er während des Zweikampfs mit Rosberg entgegen der Stallorder seinen Überholmodus eingeschaltet und den schnelleren Teamkollegen so nicht passieren lassen.

Auch verbal setzt Hamilton immer wieder Nadelstiche. "Ich komme aus keiner tollen Gegend bei London und habe auf einer Couch im Appartement meines Vaters gewohnt. Nico ist in Monaco mit Jets, Hotels und Yachten aufgewachsen - der Hunger ist ein anderer", hatte Hamilton jüngst erklärt.

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"Ich weiß, dass Lewis sowas nicht sagen würde", versuchte Rosberg auf der Pressekonferenz nach seinem Sieg in Monaco, kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Aber nicht mit Hamilton. Auf die Frage, ob er es denn wirklich so gesagt habe, erklärte der Brite schließlich knapp, aber deutlich: "Ja". Ein Punktsieg abseits der Strecke.

Alonso kann ein Lied davon singen

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Dass Hamilton als Teamkollege ein wenig schwierig sein kann, wird Fernando Alonso bestätigen. Beide gerieten 2007 bei McLaren aneinander. Alonso ignorierte mehrfach Teamabsprachen, die Kommunikation der beiden wurde auf ein Minimum beschränkt. Den Höhepunkt lieferte das Chaos in der Boxengasse auf dem Hungaroring.

Alonso blockierte Hamilton im Qualifying, sodass dieser die Pole Position verpasste. Teamchef Ron Dennis machte den verärgerten Hamilton per Boxenfunk zum Sündenbock, worauf dieser mit einer verbalen Entgleisung der untersten Schublade per Funk konterte.

Dass der Teamkollege zum Feind wird, hat in der Formel 1 sowieso schon Tradition. Denn eine alte Motorsport-Weisheit besagt, dass der eigene Teamkollege immer der erste Gegner ist. Es geht um die eigene Stellung im Rennstall, um Macht und darum, den medialen Druck zu verringern oder auf den Kollegen abzuwälzen. Die feine englische Art ist es nicht, doch psychologische Tricks stehen dabei an der Tagesordnung.

Psycho-Tricks und Kollisionen

So fand der Mönchengladbacher Heinz-Harald Frentzen in den 90er Jahren als Teamkollege von Jacques Villeneuve bei Williams in schöner Regelmäßigkeit die Essensreste des Kanadiers an seinem Platz vor. Der britische Weltmeister von 1992, Nigel Mansell, kann auch ein Liedchen von gestörten Beziehungen zu Teamkollegen singen. Es ist keine Seltenheit, dass sich Teamkollegen in der Formel 1 keines Blickes würdigen, so auch bei Williams Ende der 80er Jahre.

Für den Brasilianer Nelson Piquet war Mansell in der Regel einfach nur Luft, wenn er ihn doch bemerkte, dann zielte er gerne unter die Gürtellinie. "Wenn ich so eine hässliche Frau hätte wie Mansell, würde ich jeden Tag einen Grand Prix fahren, nur um nicht nach Hause zu müssen", sagte der Südamerikaner, die Begeisterung bei Mansell hielt sich in Grenzen. Später bei Ferrari lernte Mansell dann den umtriebigen Franzosen Alain Prost näher kennen. Dieser ließ beim italienischen Rennstall die Teamsitzungen in französischer Sprache abhalten, sodass Mansell entnervt das Team verließ.

Prost war auch einer der beiden Hauptdarsteller im wohl erbittertsten Duell zweier Feinde im gleichen Rennstall, seine Auseinandersetzungen mit dem verstorbenen Brasilianer Ayrton Senna gingen in die Renn-Geschichte ein. Im Vergleich zum Krieg zwischen Prost und Senna wirkt der jüngste Ärger zwischen Vettel und Webber wie harmloser Kinderkram.

Legendär: Senna gegen Prost

Ende der 80er fuhren beide für den überlegenen McLaren-Honda-Rennstall und doch stets ihr eigenes Rennen. Sich aufgrund der Teamorder dem anderen unterordnen? Unmöglich für die beiden Weltmeister und Alphatiere. Senna sorgte für den Beginn der Eiszeit, als er 1988 Prost bei einem waghalsigen Überholvorgang in Estoril beinahe in die Boxenmauer abdrängte, 1989 in Imola überholte er Prost nach einer Rennunterbrechung, obwohl der Rennstall angeordnet hatte, dass der in Führung liegende Prost auch das Rennen gewinnen solle. Prost trug nun den Streit in aller Öffentlichkeit aus, das Ganze eskalierte im vorletzten Rennen des Jahres 1989 in Suzuka bei der wohl berühmtesten Kollision der Formel-1-Geschichte.

Prost lag vorne, Senna musste gewinnen, um seine WM-Chancen beim Saisonfinale noch zu wahren. Senna war schneller, setzte zum Überholmanöver an und wurde von Prost von der Strecke befördert. Prost fiel aus, Senna fuhr weiter, kürzte jedoch durch die Kollision die Strecke unfreiwillig ab und wurde nach seinem Sieg — und einem offiziellen Protest von Teamkollege Prost — disqualifiziert. McLaren konnte nur tatenlos zuschauen.

Vettel und Webber: Sieg für Vettel

Die Red-Bull-Piloten Sebastian Vettel und Mark Webber lebten ihre Rivalität auch immer mal wieder offen aus. Seit ihrem Crash 2010 in der Türkei hat sich das Verhältnis der beiden nie wieder normalisiert. Webber machte mehrfach seinem Unmut darüber Luft, dass Vettel angeblich intern bevorzugt wird. Beim Saisonfinale 2012 in Brasilien hält sich der Australier nicht an die interne Absprache und verzichtet darauf, Vettel beim Titelgewinn zu unterstützen.

In Malaysia 2013 missachtete Vettel die Teamorder und erntete dafür neben Kritik auch den Stinkefinger seines Teamkollegen. Webber fühlt sich betrogen und zum wiederholten Mal übervorteilt von seinem jungen Kollegen. "Wir haben schon eine gewisse Geschichte. Aber ich sollte jetzt lieber nichts mehr sagen", meinte der Australier nach dem Rennen in Sepang. Am Ende der Saison "flüchtete" Webber zu Porsche in den Sportwagensport.

Hamilton findet Sennas Herangehensweise gut

Mercedes wird in diesem Jahr genau beobachten, wie der aktuelle Zwist ausgetragen wird. Psychospielchen schön und gut, aber einen Krieg auf der Strecke will bei den Verantwortlichen keiner. Doch Hamilton ließ schon durchblicken, was er selbst aus der Formel-1-Geschichte gelernt hat. "Ich finde die Art und Weise, wie Senna damit umgegangen ist, ziemlich gut. Vielleicht sollte ich mir davon eine Scheibe abschneiden."

Heißt: Fortsetzung folgt, in bester Formel-1-Tradition.

(can are)
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