Neue Ära in der Formel 1? Vettel — Ferraris neuer Schumacher

Düsseldorf · Sebastian Vettel soll eine neue Erfolgs-Ära einleiten – so wie einst sein Idol mit dem roten Renner aus Maranello schaffte. Der Wechsel ist zwar noch nicht offiziell verkündet, scheint aber nur noch Formsache zu sein.*

Formel 1 2015: Sebastian Vettel startet für Ferrari
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Die Cockpits 2015

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Sebastian Vettel soll eine neue Erfolgs-Ära einleiten — so wie einst sein Idol mit dem roten Renner aus Maranello schaffte. Der Wechsel ist zwar noch nicht offiziell verkündet, scheint aber nur noch Formsache zu sein.*

Formel 1: Sebastian Vettel – der viermalige Weltmeister tritt zurück
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Das ist Sebastian Vettel

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Foto: dpa/Chris Putnam

Erneut setzt das wohl charismatischste Formel-1-Team seine Hoffnungen in einen Deutschen. 1996 kam Michael Schumacher als zweimaliger Weltmeister mit Benetton nach Maranello.

Als er zehn Jahre später seine Karriere erstmals beendete, hatte Ferrari (seit 1950 dabei) die erfolgreichste Phase hinter sich. Konstrukteurs-Weltmeister von 1999 bis 2004, Fahrer-Titel für Schumacher von 2000 bis 2005. Er habe den Mythos Ferrari zu neuem Leben erweckt, feierte das motorsportverrückte Italien den Kerpener, der mit seinem ersten Triumph eine 21 Jahre dauernde Durststrecke beendete. 1979 hatte Jody Scheckter in einem roten Renner triumphiert.

So chaotisch wie 1996 ist die aktuelle Situation nicht. Doch die Zeit ohne Titel umfasst schon sieben Jahre. Und die Formkurve der Scuderia zeigt nach unten. In Maranello arbeiten sie am Umbruch. Parallelen zu 1996 sind zu sehen. Damals krempelten Schumacher und der neue Teamchef Jean Todt das Team um, strafften Abläufe, sorgten für Disziplin im Werk und an den Rennstrecken. Ein Jahr später holten sie Technikchef Ross Brawn und Konstrukteur Rory Byrne von Benetton — das Erfolgsquartett war perfekt. Schumacher, zu Beginn noch wegen der hohen Ausfallquote seines Autos als Clown im Zirkuswagen verspottet, sorgte später mit seiner Überlegenheit für die "Formel Gähn" und fuhr sich in die Herzen der Tifosi.

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Die knappsten Titelentscheidungen

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Foto: afp, va/pa

Nun soll es offenbar Vettel richten. In Maranello hoffen sie, das "Model Schumi" kopieren zu können. Teamchef Stefano Domenicali trat im April zurück und wurde durch Marco Mattiacci ersetzt. Am 13. Oktober räumte Ferrari-Institution Luca die Montezemolo seinen Chefsessel für Sergio Marchionne. Aber auch bei den Ingenieuren gibt es Veränderungen. Wie einst Schumacher, so wird wohl auch Vettel den einen oder anderen Weggefährten mitbringen. Am Firmensitz wurde seit Anfang 2013 die Fabrik modernisiert, der Windkanal verbessert und ein neuer Simulator angeschafft.

Als Fernando Alonso, angesichts ausbleibender Erfolge, um neue Bedingungen in seinem bis Ende 2016 datierten Vertrags pokerte und offenbar noch mit dem Wunsch kam, schon 2015 wechseln zu können, hatte der Spanier seine Sympathien aufgebraucht. Das Werben um Vettel wurde intensiviert.

Der Heppenheimer hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihn Ferrari reizt. Über seinem Bett im Kinderzimmer hing ein Poster. Es zeigte Michael Schumacher, sein zum Freund gewordenes Idol, in einem roten Formel-1-Auto. Auch während Vettels erfolgreichen Zeit bei Red Bull hatte er Ferrari immer auf dem Radar. Das sagte er auch vor einem halben Jahr zu Ferrari-Präsident Luca die Montezemolo. Damals war er in Maranello, weil er sich einen roten Sportwagen kaufte. Allerdings betonte Vettel auch, Verträge zu respektieren.

Formel 1: Schrecksekunde für Sebastian Vettel bei freiem Training in Österreich
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Schrecksekunde für Vettel bei freiem Training

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Als aber nach dem WM-Lauf in Belgien am 24. August klar war, dass er am 30. September nicht zu den ersten drei der WM-Wertung gehören würde, nutzte der viermalige Champions diese Ausstiegsklausel. Bei Ferrari gibt man sich keinen Illusionen hin. Teamchef Mattiacci ist sich bewusst, dass die Rückkehr in die Spitzengruppe ein Langzeitprojekt sein könnte, dass die Früchte der Arbeit erst 2016 oder später geerntet werden könnten.

Sebastian Vettel soll die Aufbauarbeit leisten. Er gilt als Teamplayer, als einer, der die Rolle des Motivators beherrscht, der aber auch energisch die Bewältigung von Aufgaben einfordert, der Disziplin und Einsatz erwartet und vorlebt. "Ich stehe hinter meiner Entscheidung und denke, dass sie mich sehr glücklich macht", sagte Vettel. Trifft dies zu, dann ist auch die Ferrari-Familie glücklich.

Ob der "neue Schumacher" die Erfolge des Originals erreicht, bleibt abzuwarten. Vettel, der bei Red Bull alles erreichte, sucht nach einem durchwachsenen Jahr einen Neuanfang. Schafft er eine neue Ära, gehört er nicht nur zu den erfolgreichsten, sondern zu den größten Formel-1-Piloten.

*In einer vorherigen Version des Artikels war der Wechsel von Sebastian Vettel bereits als perfekt vermeldet worden. Allerdings herrschte durch einen Fake-Account von Ferrari kurzzeitig Verwirrung um die Zukunfts des Weltmeisters.

(RP)
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