Formel 1 Ein Finne auf der Überholspur

Düsseldorf · Valtteri Bottas ist Formel-1-Fahrer in Diensten von Rennstall Williams. Der 24-Jährige gilt als der Aufsteiger der Rennserie. Ihm wird derzeit als einzigem Piloten zugetraut, die Herrschaft der Silberpfeile zu durchbrechen.

Valtteri Bottas: Ein Finne auf der Überholspur
Foto: dpa, ebe jhe

Valtteri Bottas drohte ein Rennfahrer ohne Gesicht zu werden. Die Formel-1-Piloten, die für die schwächeren Teams fahren, sind selten ein Motiv für Kameras und ein Thema großer Geschichten. In der vergangenen Saison, seinem ersten Jahr in der Königsklasse, war sein Arbeitgeber Williams auf dem Tiefpunkt, holte nur fünf Punkte (maximal 817).

Nun ist der englische Rennstall auf dem Weg zur Nummer eins unter den Verfolgern der übermächtigen Silberpfeile. Dass man Ferrari und McLaren bereits überholt hat, liegt vor allem an Bottas. Der 24-Jährige aus dem gut 15 000 Einwohner zählenden, 20 Kilometer östlich von Lahti gelegenen Nastola liegt mit 91 Punkten auf Rang fünf der Gesamtwertung.

Beim elften WM-Lauf am kommenden Sonntag in Budapest (14 Uhr MESZ/RTL) soll sich der Aufwärtstrend fortsetzen. Dritter in Spielberg (Österreich), Zweiter nach einer Aufholjagd von Rang 14 in Silverstone (England), Zweiter vor fünf Tagen in Hockenheim, als Bottas in der Schlussphase die Attacken des Mercedes-Piloten Lewis Hamilton gekonnt abwehrte - der Finne lässt aufhorchen. "Er ist ein toller Fahrer. Er ist jemand, der zu einem außergewöhnlichen Fahrer werden könnte", lobte Chefingenieur Rob Smedley. Der Brite wechselte zu Saisonbeginn gemeinsam mit Felipe Massa (33) von Ferrari zu Williams.

Eigentlich galt der Brasilianer als Nummer eins im Team. Doch drei Startunfälle haben ihn zurückgeworfen, und der stark fahrende Bottas ist längst der Hoffnungsträger. In der vergangenen Saison war die beste Platzierung des Finnen Rang acht. In diesem Jahr kam er neunmal ins Ziel, und Platz acht war sein schlechtestes Ergebnis. Williams, zuvor mit Renault-Motoren unterwegs, hat ein Auto gebaut, das die Kraft der neuen Mercedes-Turbomotoren effektiv auf den Asphalt bringt. "Jetzt kann man sie nicht mehr ignorieren. Bottas ist bisher sehr beeindruckend", lautet das Fazit von Red-Bull-Teamchef Chris Horner. Bottas wird zugetraut, die Reihe der finnischen Weltmeister mit Keke Rosberg (1982), dessen Sohn Nico derzeit die WM-Wertung anführt, Mika Häkkinen (1998,1999) und Kimi Räikkönen (2007) fortführen zu können.

Jede Möglichkeit nutzt der 24-Jährige, um im Werk in Grove (England) am Simulator zu üben und mit an Verbesserungen des Rennwagens zu tüfteln. Chefingenieur Smedley nennt weitere Gründe, weshalb er von seinem Schützling so angetan ist. "Valtteri ist sehr bodenständig. Er ist in der Lage, Vorschläge schnell umzusetzen, und das Zusammenspiel während eines Rennens mit der Box ist perfekt", sagt der Brite. Ein Kompliment, das Bottas gerne zurückgibt. In Hockenheim hätten ihm die vom Williams-Kommandostand gelieferten Informationen geholfen, den zweiten Platz gegen "Drängler" Hamilton zu verteidigen.

Bottas genießt den Aufschwung, der sich Ende des vergangenen Jahres noch nicht andeutete. Inzwischen aber hat er seinen Landsmann und Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen hinter sich gelassen. Der 33-Jährige war mit großen Erwartungen zu Ferrari zurückgekehrt. Nach zehn der 19 WM-Rennen ist die Enttäuschung auf beiden Seiten sichtbar. Räikkönen hat in der laufenden Saison gerade einmal 19 Punkte gesammelt.

Das groß angekündigte Duell der Alphatiere mit Fernando Alonso hat noch nie stattgefunden. Der Spanier (97 Zähler) sorgt fast im Alleingang dafür, dass die Roten aus Maranello nicht noch weiter abfallen. Bottas weiß, dass er noch nicht aus eigener Kraft ein Rennen gewinnen kann, aber: "Wir wollen noch mehr, und es geht noch mehr", sagt der 24-Jährige. Er ist schon jetzt da, wenn andere schwächeln.

(RP)
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