Verweigerter Rennabbruch, Stinkefinger Weltmeister Vettel droht Ärger

Düsseldorf · Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel droht nach dem Großen Preis von Malaysia Ärger: Wegen eines "Stinkefingers" gegen den Inder Narain Karthikeyan erwartet den Red-Bull-Piloten aus Heppenheim eine Strafe durch den Automobil-Weltverband FIA, zudem wird sich Vettel nach seiner Befehlsverweigerung, das Rennen in Kuala Lumpur vorzeitig aufzugeben, vor seinem Team Red Bull erklären müssen.

GP von Malaysia 2012: Einzelkritik der Deutschen
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Sebastian Vettel war am vergangenen Sonntag beim Überrunden des Inders Karthikeyan von dessen Hispania-Rennwagen der linke Vorderreifen aufgeschlitzt worden. Dadurch blieb der zweimalige Champion im zweiten WM-Lauf ohne Punkt. Die Szene mit dem erhobenen rechten Mittelfinger Vettels war von der Onboard-Kamera aufgezeichnet worden. Ein entsprechendes Foto wurde vom britischen Sender BBC verbreitet.

"Da hat er gegen den Verhaltenskodex verstoßen", sagte der ehemalige Formel-1-Rennfahrer Marc Surer als Sky-Experte am Dienstag in einem Interview mit dem Sport-Nachrichtensender Sky Sport News HD. "Es gibt den Sporting Code. Den unterschreibt man, wenn man die Lizenz bekommt. Dann muss man sich eben entsprechend verhalten. Ein Verhalten, das anderen Personen oder dem Sport schadet, ist strafbar", so Surer, der den Vorfall selbst gesehen hat: "Ja, das konnte man auf dem Onboard-Kanal verfolgen."

Der Strafenkatalog bei derartigen Vergehen umfasst eine breite Palette. "Das kann von einer Verwarnung oder gar nichts bis zu einem Lizenzentzug gehen", sagte Surer, der aber nicht an drastische Folgen für Vettel glaubt: "Ich denke, dass es jetzt in dem Fall verständlich war und dass man da eine milde Strafe ausspricht, wenn es eine Strafe gibt. Aber theoretisch ist da alles offen.

Der FIA traut Surer das richtige Maß jedenfalls zu. "Ich denke, dass die Leute in Paris bei der FIA Verständnis haben für jemand, der einfach sauer ist, dass er dann so reagiert, im Affekt. Und deswegen wird es wahrscheinlich keine schlimme Strafe geben", sagte der Schweizer, der bis 1986 selbst 82 Formel-1-Rennen bestritten hat.

"Wir werden darüber sprechen"

Wie der "Rapport" bei seiner Teamleitung enden wird, ist ebenfalls völlig offen. "Wir werden darüber sprechen", sagte Teamchef Christian Horner laut Bild-Zeitung und kündigte eine Aussprache bei den Simulator-Tests am Wochenende im Werk in Milton Keynes an.

Vettel hatte sich demnach trotz aussichtsloser Position kurz vor dem Ende des Rennens geweigert, wie von Renningenieur Guillaume Rocquelin mehrmals gefordert, abzubrechen. Im Falle des Ausscheidens hätte Red Bull beim nächsten Rennen in China straffrei das Getriebe wechseln dürfen, was sonst mit einer Rückversetzung um fünf Startplätze geahndet wird. Marc Surer schlug sich bei der Bewertung der Szene auf Vettels Seite: "Es war die richtige Entscheidung von Vettel. Das Team muss bei solchen Kommandos auch aufpassen. Man darf nur bei einem technischen Defekt das Auto an die Box holen."

Im offiziellen Statement nach dem Rennen hatte Red Bull sowohl Horner als auch Vettel dahingehend zitiert, dass der Weltmeister die Aufforderung wegen des nicht funktionierenden Boxenfunks nicht gehört habe. Vettel hatte jedoch schon unmittelbar nach dem Rennen im RTL-Interview erklärt: "Man wollte wohl das Auto sparen, aber ich wollte die Zielflagge sehen. Ich hätte reinkommen sollen, aber ich habe gedacht, es gehört sich, zu Ende zu fahren, auch wenn das Auto den Geist aufgibt."

Schon im vergangenen Oktober hatte sich Vettel den Vorgaben seines Teams widersetzt und sich damit Ärger eingehandelt. Trotz klarer Führung war er in der letzten Runde ein Risiko eingegangen und die schnellste Rennrunde gefahren. "Er weiß, dass wir das nicht mögen", hatte Horner damals gesagt: "Wir haben unser Bestes getan, um ihn einzubremsen, aber wir konnten nichts machen. Wir hätten ihm eine Kuh in den Weg stellen sollen." Vettel habe sich entschuldigt, erklärte Horner kurz darauf und konstatierte gnädig, der Weltmeister sei eben "ein Vollblutrennfahrer".

(sid)
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